Herr Strobl, als Sie den CDU-Landesverband 2011 übernommen haben, war die Stimmung nach der Abwahl entsprechend schlecht und gedrückt. Können Sie sich noch an Ihre erste Amtshandlung erinnern?
Ehrlich gesagt nicht – das ist ja zwölf Jahre her. Freilich kann ich mich noch an meine Vorstellungsrede damals in Ludwigsburg erinnern, als ich gesagt habe, dass ich ein Brückenbauer sein möchte. Wir haben die Brücke sorgfältig gebaut, sie steht inzwischen auf einem festen Fundament.
Wir sind bereits im achten Jahr wieder in der Regierung. Die Partei ist gut aufgestellt, Regierung, Partei und Fraktion bilden eine exzellente Formation, das Feld ist bestellt. Wir sind jünger, moderner und auch weiblicher geworden. Und jetzt bauen wir die Brücke zur nächsten Führungs-Generation.
Sie haben damals eine Partei vorgefunden, die jahrelang geglaubt hatte, dass es in Ihrer Satzung steht, im Land zu regieren. Wie haben Sie sie wieder aufgerichtet?
Ja, für viele war es selbstverständlich, dass die CDU regiert. Die Partei hat sich in der Rolle der Opposition sehr schwergetan und war teils in tiefer Depression. Die Partei war damals auch nicht einig, um es freundlich auszudrücken. Meine Aufgabe als Brückenbauer war es, aus den verschiedenen Fragmenten etwas Ganzes, etwas Gemeinsames, etwas Geeintes, im besten Sinne eine Union zu formen, die wieder Mut und Zuversicht hat.
Um es auch ganz offen zu sagen: Die CDU ist gut im Regieren, Opposition können wir im Land nicht so richtig. Deshalb ist es auch besser, wenn wir regieren. Daran wollen wir auch nichts ändern – allerdings bei der nächsten Wahl 2026 wieder den Ministerpräsidenten stellen. Und dazu werde auch ich weiter meinen Beitrag leisten.
Wann haben Sie damals gemerkt, dass sich die Partei wieder erholt hat. Erst beim Eintritt in die Regierung 2016?
Ein wichtiger Schritt war bereits die Volksabstimmung zu Stuttgart 21 noch im Jahr 2011. Wir waren die einzige Partei, die kräftig und wahrnehmbar für das Projekt gekämpft hat. Die Stimmung schien übermächtig gegen uns. Freilich zur Überraschung fast aller stimmten die Menschen für den Neubau des Bahnhofs, dafür, worum wir geworben hatten.
In zwei Jahren übrigens soll nun der neue Bahnhof eingeweiht werden, dann haben wir eine echte Alternative zum Auto geschaffen, von Heilbronn zum Flughafen verkürzt sich die Fahrzeit um die Hälfte auf knapp 50 Minuten – umsteigefrei. Es war die Arbeit an konkreten Projekten wie Stuttgart 21, in der sich viele wieder in der CDU gefunden und engagiert haben.
Sie selbst hatten es nicht immer leicht in der CDU. Zum Spitzenkandidaten hat Sie Ihre Partei nie nominiert, obwohl Sie es gerne geworden wären. Gab es auch Zeiten, in denen Sie alles hinschmeißen, den Landesvorsitz abgeben wollten?
Es kann nicht jeder Ministerpräsident werden, nicht jeder Bundeskanzler und auch nicht jeder Papst. Mir war es nie langweilig und das ist es auch jetzt nicht. Als Stellvertretender Ministerpräsident, Innenminister und Koordinator des CDU-Teils der Regierung bin ich ja auch weiterhin Teil des Teams.
Ich hatte viele schöne Ämter inne wie etwa den stellvertretenden Vorsitz der Bundes-CDU. Freilich hat es Tage gegeben, an denen auch für mich persönlich nicht immer alles super lief. Oft habe ich dann geschwiegen – allein der liebe Gott dürfte mein Grollen vielleicht manchmal gehört haben. Dann macht man trotzdem seine Arbeit – und die mache ich auch gerne, und man hat ja auch eine Verantwortung für ganz viele Menschen wahrzunehmen.
Guido Wolf und Susanne Eisenmann kamen und gingen, Sie blieben trotz mancher Krisen stets da. Haben Sie eine dickere Haut als andere?
Ohne eine gewisse Resilienz lässt sich Politik in Spitzenpositionen gar nicht machen. Oder um es mal auf Schwäbisch zu sagen: Für des Deng brausch a guade Kuddl. Das habe ich bei vielen anderen Spitzenpolitikern wie Angela Merkel beobachten können.
Es soll jetzt nicht besonders edel klingen, freilich hat das vor allem auch mit Verantwortung zu tun. Wenn es dem Land, einem selbst oder der Partei schlecht geht, dann läuft man nicht weg und schmeißt einfach hin, sondern versucht, die Dinge wieder zum Besseren zu wenden.
Jetzt endet Ihre Zeit als Landesvorsitzender, Sie machen Platz für Manuel Hagel. Sie wären gerne noch zwei Jahre Vorsitzender geblieben. Mit ein paar Wochen Abstand: War die Entscheidung richtig, aufzuhören?
Es gibt keinen besseren Zeitpunkt. Wir haben eine absolut handlungsstarke, verlässliche und geräuschlos arbeitende Landesregierung, als krasser Gegensatz zur Streitampel in Berlin. Und das ist schon ein Wert an sich in diesen unruhigen Zeiten. Die CDU hat ordentliche Umfrageergebnisse, wir liegen mit Abstand dauerhaft auf dem ersten Platz. Alles passt.
Es geht nicht darum, was ich gerne gemacht hätte, es geht darum, was richtig ist. Das haben wir sehr freundschaftlich miteinander besprochen, Vor- und Nachteile gewogen. Die Entscheidung, die wir getroffen haben, ist eine, hinter der ich 100-prozentig, und zwar intellektuell und gefühlsmäßig, stehe.
Sie haben Manuel Hagel einst mit 28 Jahren zum Generalsekretär gemacht. Wie war er Ihnen aufgefallen?
Manuel Hagel ist ein außerordentlich begabter, talentierter und durchsetzungsfähiger Politiker. Er hatte trotz seines jungen Alters schon Beachtliches in der Kommunalpolitik und auch in der Jungen Union geleistet. Das hatte mir imponiert, er ist ein Talent, das ich aus voller Überzeugung gefördert habe. Und ich habe dann rasch gemerkt, dass Manu einer ist, der sehr schnell dazu lernt und sich prima weiterentwickelt.
Sind Sie überrascht, dass er in so kurzer Zeit Karriere machen würde und er nun auch noch Landesvorsitzender wird?
Als ich ihn damals als Generalsekretär vorschlug, gab es viel Kritik. Die Hauptkritik war: viel zu jung. Ich erinnere mich noch gut, dass ich diese Kritik damals immer mit den Worten pariert habe: Wenn das euer Hauptpunkt ist, kann ich euch beruhigen: Der ändert sich mit jedem Tag.
Ich bin ganz glücklich darüber, wie wir diesen Generationswechsel miteinander gestalten – gemeinsam und geschlossen. Wenn wir zurückschauen, ist das ziemlich einmalig in der CDU, dass wir das so freundschaftlich, ohne Nebengeräusche und sehr professionell hinbekommen. Das könnte am Samstag ein sensationell gelungener Übergang werden.