Um kurz nach 9 Uhr liegt dichter Nebel über der Halbinsel Höri, während immer mehr Einsatzkräfte in Hemmenhofen eintreffen. Das Bellen von Diensthunden hallt durch die Straße, als die Richter und die Kriminalpolizei vor dem Haus stehen und darauf warten, dass noch mehr schweres Gerät eintrifft.
Sie hoffen, dass sie heute möglicherweise einen wichtigen Durchbruch in dem Kriminalfall erreichen, der bisher als „Mord ohne Leiche“ bekannt ist. Seit Juni 2019 fehlt von Jan Heisig, einem damals 51-jährigen Mann, jede Spur. Jetzt, mehr als fünf Jahre später, könnte sich das ändern.
Die Suche hat begonnen
Denn Mike W. hat sich am Dienstag über seinen Anwalt zur Sache und zu den Vorwürfen eingelassen – und angeboten zu zeigen, wo er den Leichnam Heisigs vergraben haben will. Die 4. Strafkammer des Landgerichts Konstanz um den Vorsitzenden Richter Arno Hornstein kündigte nach dieser Aussage an, schnellstmöglich zu handeln.
Am Tag darauf ist klar: Begleitet von seinem Verteidiger führte der Angeklagte, Mike W., die Richter, den Staatsanwalt, den Vertreter der Nebenklage, eine Rechtsmedizinerin dorthin, wo alles seinen Anfang nahm: nach Hemmenhofen.

Leichnam entdeckt
Am frühen Nachmittag erklärt das Gericht: Auf dem Grundstück in Hemmenhofen wurde ein menschlicher Leichnam geborgen. Ob es sich dabei um Jan Heisig handelt, sei aber noch unklar. Der Leichnam werde nun in der Rechtsmedizin untersucht. Erst hiernach könne man die Identität feststellen. Die Obduktion soll bereits am morgigen Donnerstag stattfinden.
Etliche Suchaktionen scheiterten
Etliche Male wurde nach Jan Heisig gesucht. Die Höri wurde mehr als einmal durchkämmt, auch Bagger waren im Einsatz, um ein Grundstück in Krefeld umzugraben. Das sagt einer der Ermittler der noch im Juli 2019 gegründeten Sonderkommission dazu erst vor wenigen Wochen vor Gericht aus.

Einsatzkräfte durchsuchten Gärten und Wälder, tauchten Seen und Flüsse ab und durchsuchten Boote und Wohnungen. Hunderte Touristen, die auf der Höri Urlaub machten, erhielten Anschreiben. Die Beamten vernahmen 163 Zeugen. Dennoch gab es zu keinem Zeitpunkt Hinweise auf den Aufenthaltsort von Jan Heisig.
Auf Grundstück fand man zunächst nur toten Hasen
Auch das Grundstück des mutmaßlichen Tatorts wurde im Sommer 2019 bereits untersucht. Damals entdeckte man aber nur einen toten Wild-Hasen.
Der Polizei war aufgrund des Spurenbilds im Haus schnell klar, dass man von einem Verbrechen an Heisig ausgehen muss. Die Sonderkommission „Hase“ wurde daher gegründet. Die Staatsanwaltschaft Konstanz hatte für Hinweise eine Belohnung von 3000 Euro ausgelobt.
Wo fand man nun die Leiche?
Noch am ersten Prozesstag sagte der Polizist aus, der damals im Juli 2019 die Aussage des Mitbewohners Heisigs aufnahm. Er sei an einem Sonntag zur Polizei gekommen, drei Tage nachdem die getrennt lebende Ehefrau Heisigs diesen als vermisst gemeldet hatte.
Am 14. Juli 2019, knapp sechs Wochen nach der Tat, sagte der Mitbewohner aus, er vermute, dass die Leiche von Jan Heisig hinter einem Teich im Garten liege. Hier hatte auch ein Leichenspürhund schon einmal angeschlagen.
Der Mitbewohner, den Heisig umsonst bei sich wohnen ließ, vermutete das, weil der Angeklagte ihn daran gehindert habe, ein Loch für einen toten Hasen zu graben. Vor Gericht konnte er das nicht mehr genau sagen.
So geht es jetzt mit dem Verfahren weiter
Der laufende Prozess in Konstanz war für die Suchaktion heute unterbrochen worden. Das Verfahren soll kommende Woche fortgesetzt werden. Dann allerdings mit einem Sachbearbeiter der Kriminalpolizei als Zeugen.
Auch er war am Mittwoch in Hemmenhofen und soll über die heutige Aktion berichten. Eine Woche später soll eine Rechtsmedizinerin aus Freiburg aussagen. Ursprünglich war ein Urteil in diesem Fall für den 15. Dezember erwartet worden.