In den 30 Jahren nach dem Fall der Berliner Mauer sind die Zäune und Mauern auf dieser Welt keineswegs weniger geworden. Im Gegenteil: Waren es 1989 etwa 16, trennen heute fast 70 vergleichbare Sperr- und Grenzanlagen weltweit Staaten und Städte, Menschen und Familien. Doch auch in der älteren Geschichte finden sich Beispiele für Grenzanlagen, mit denen Territorien geschützt oder der Handel kontrolliert werden sollten. Wir haben ein paar der größten und gefährlichsten Grenzen der Geschichte und Gegenwart zusammengestellt:
„The Wall“ – USA/Mexiko
„Tortilla Wall“ nennen manche Amerikaner abfällig ihren Schutzwall an der Grenze zu Mexiko. Genau 3144 Kilometer lang ist die amerikanische Südgrenze, über 1126 Kilometer davon sind gesichert als „virtuelle Grenze“ mit Video- und Infrarotkameras, Nachtsichtgeräten, Bewegungsmeldern, Flugdrohnen und Wärmesensoren im Boden.

An vielen Abschnitten ist die Grenzanlage auch mit meterhohen Metall- und Betonwänden, Stacheldraht, Beleuchtungstürmen, Stahlpfosten und Fahrzeugbarrieren befestigt. Von der ungefähr 21 400 Polizisten starken United States Border Patrol bewachen 18 500 die Grenze zu Mexiko.
Ein zentrales Versprechen in Präsident Trumps Wahlkampf 2016 war der vollständige Ausbau der Grenze mit einer Mauer über ihre gesamte Länge. Nach Jahren innenpolitischer Auseinandersetzungen ist bisher allerdings wenig geschehen

Durch die intensiven wirtschaftlichen und familiären Verflechtungen zwischen den USA und Mexiko ist die Grenze eine der weltweit am häufigsten überquerten, mit 350 Millionen legaler Überquerungen jährlich. Diesen stehen 250 bis 500 Todesfälle pro Jahr entgegen, am häufigsten aufgrund der in den teils unwirtlichen Grenzgebieten herrschenden Hitze und wegen Ertrinkens in Gewässern wie dem Rio Grande infolge von Unfällen oder Schussverletzungen.
„Separation Wall“ – Israel
Bei der sogenannten „Separation Wall“ im israelischen Westjordanland handelt es sich um eine neue Betonmauer, die die Palästinensergebiete von israelischen Siedlungen trennt. Der Bau der Betonmauer wurde 2002 begonnen. Bei ihrer Fertigstellung soll sie 759 Kilometer lang sein.

Der überwiegende Teil der Sperranlagen wird als schwer gesicherter Metallzaun mit Stacheldraht, Graben, Bewegungsmeldern, geharkten Sandstreifen zur Verfolgung von Fußabdrücken und einem asphaltierten Patrouillenweg errichtet. Zu beiden Seiten des Zauns wird ein insgesamt 70 Meter breites militärisches Sperrgebiet errichtet, welches von Beobachtungsposten zusätzlich optisch überwacht wird. Wo diese Breite nicht eingehalten werden kann, wie etwa im Stadgebiet Jerusalems, wird eine bis zu acht Meter hohe Mauer aus Stahlbeton errichtet.

Die Mauer ist vom Aspekt der Menschenrechte her umstritten. Während von Israel die Notwendigkeit der Sperre mit der Gefahr vor Terroranschlägen begründet wird, sehen viele Palästinenser und Menschenrechtsaktivisten darin eine illegale Landnahme durch Israel und ein Symbol der Unterdrückung. Die Absperrung verläuft zum überwiegenden Teil auf dem Territorium des Westjordanlands und schneidet bis zu 18 Kilometer tief in das Gebiet. Dadurch wurden seit Baubeginn 25 000 Palästinenser von ihrem Ackerland abgeschnitten, und ihr Zugang zu medizinischer Versorgung bis hin zu Bildung deutlich erschwert. 2004 erklärte der Internationale Gerichtshof den Bau für völkerrechtswidrig.
„Line of Control“ – Kaschmir
Im seit 1947 schwelenden Kaschmir-Konflikt streiten Indien, Pakistan und China um die Aufteilung des 1947 aufgelösten indischen Fürstenstaats Jammu und Kaschmir. Indien und Pakistan führten mehrere Kriege um die Gebiete. Die sogenannte „Line of Control“ bezieht sich auf die 740 Kilometer lange militärische Kontrolllinie zwischen Indien und Pakistan, die mitten durch die Region Kaschmir verläuft.

Die Befestigungen bestehen zu einem großen Teil aus Stacheldraht, der teilweise unter Strom gesetzt werden kann. Zusätzlich ist die Grenzanlage mit Wärmebildkameras, Bewegungssensoren, Stolperdrähten und Minen gesichert. Seit Pakistan 1990 offen erklärte, ebenso wie Indien über die Atombombe zu verfügen, stehen sich an der „Line of Control“ zwei Atommächte gegenüber. Experten gehen davon aus, dass vor allem Pakistan bereit sei, einen nuklearen Erstschlag zu führen, sollte es sich von Indien massiv bedroht fühlen.

Nach einer Phase vorsichtiger Entspannung hat sich der Konflikt 2019 wieder verschärft: Indien wirft Pakistan die Unterstützung islamistischer Terrorgruppen vor, die in Kaschmir immer wieder Anschläge verüben. Im August entsandte Indien zehntausende Soldaten in die Region, Schulen wurden geschlossen und Ausgangssperren verhängt, außerdem wurde das Internet wurde gesperrt und das Handy- und Festnetz abgeschaltet. Pakistan setzte als Antwort den Handel mit Indien aus und schränkte die diplomatischen Beziehungen zu Indien deutlich ein.

Indien hat an der Grenze zu Bangladesch außerdem die längste Grenzbefestigung der Welt errichtet. Die 4000 Kilometer lange Wand aus Stacheldraht wird von 50 000 Soldaten bewacht und kann ebenfalls unter Strom gesetzt werden. Die Grenze zwischen Indien und Bangladesch zählt zu den gefährlichsten der Welt.
Militärische Demarkationslinie – Nordkorea/Südkorea
Die Grenze zwischen Nordkorea und Südkorea, auch als Militärische Demarkationslinie bezeichnet, erstreckt sich vom Gelben Meer im Westen zum Japanischen Meer im Osten über eine Länge von 248 Kilometer. Sie teilt seit 1953 die Koreanische Halbinsel in Nordkorea und Südkorea auf. Schon zuvor war die Halbinsel in zwei Besatzungszonen geteilt, was zum Koreakrieg geführte hatte.

Entlang der Grenze erstreckt sich die demilitarisierte Zone mit einer Breite von etwa vier Kilometern. Bei Panmunjeom, einem Ort, durch den die Grenze verläuft, steht die „Brücke ohne Wiederkehr“. Sie ist heute ein Fotomotiv für Touristen.

In der Demilitarisierten Zone kam es immer wieder zu direkten Konflikten. Neben einer Reihe von Überfällen und Überläufen von beiden Seiten war ein Streit im Jahr 1976 über das Fällen eines Baums in der Zone, in dessen Verlauf zwei US-Soldaten von der Nordkoreanischen Volksarmee getötet wurden, ein ernsthafter Zwischenfall.
„Peace Wall“ – Nordirland
Als Friedensmauern werden die bis zu acht Meter hohen Barrieren bezeichnet, die in nordirischen Städten, insbesondere in der Hauptstadt Belfast, die Wohngebiete pro-irischer Republikaner und pro-britischer Unionisten trennen. Die Friedenslinien entstanden ab 1969 nach dem Ausbruch des Nordirland-Konfliktes in Gebieten, in denen sich Republikaner und Unionisten immer wieder blutige Auseinandersetzungen lieferten. In Belfast waren zwischen 1969 und 1973 schätzungsweise 60 000 Menschen gezwungen, ihre Wohnungen nach Bombenanschlägen, Schießereien, Unruhen oder auf Grund von Einschüchterungen zu verlassen.

Bei schweren Unruhen im August 1969 brannten nach tagelangen Straßenkämpfen ganze Straßenzüge im Gebiet der von Nationalisten bewohnten Falls Road nieder. Zur Beendigung der Unruhen wurde die britische Armee eingesetzt. Um weitere Auseinandersetzungen zu erschweren und um die von der Bevölkerung teils aus Angst errichteten Barrikaden abzubauen, wurden im September 1969 die ersten Teile des „Peace Wall„ errichtet.

Die als Provisorium gedachte Friedenslinie bleibt bestehen; die anfänglichen Stacheldrahthindernisse wurden durch dauerhafte Bauwerke ersetzt. Zudem wurden weitere Friedenslinien insbesondere im Norden und Westen von Belfast, aber auch in weiteren Städten wie Derry und Portadown errichtet. In Nordirland stehen in vier Städten noch 53 sogenannte „Peace Walls„, die die Wohnviertel irischer Nationalisten von denen pro-britischer Unionisten trennen.

Bis 2023 sollen die Mauern nach Willen der Regierung abgerissen werden. Allerdings gibt es von Seiten der Bevölkerung wenig Unterstützung für das Vorhaben. Aufgrund der immer noch herrschenden Spannungen zwischen Protestanten und Katholiken in Nordirland fordern einige Gemeinden sogar die Errichtung weitere Mauern.
„Grüne Linie“ – Zypern
In Zypern trennt eine 180 Kilometer lange Grenzanlage noch immer den türkischen vom griechischen Teil der Insel. Die Grenzmauer verläuft mitten durch die gemeinsame Hauptstadt Nikosia, die seit dem Fall der Berliner Mauer die letzte geteilte Hauptstadt der Welt ist. Die „Grüne Linie“ besteht aus Mauerabschnitten, Stacheldrahtzäunen, Trümmern und Wachtürmen. Bewacht wird sie von Tausenden nord- und südzyprischen Soldaten. Bis heute wird sie zudem von UN-Truppen überwacht.
1963 beschloss der UN-Sicherheitsrat nach zunehmenden Spannungen auf der Insel die Aufstellung einer UN-Friedenstruppe für Zypern. Es kam zu einer weitgehenden Trennung der beiden türkischen und griechischen Volksgruppe. Die Hauptstadt Nikosia wurde durch die Einrichtung einer zuerst von britischen, später von UN-Truppen überwachten neutralen Zone („Grüne Linie“) geteilt.

Nach einem gescheiterten griechischen Putschversuch im Sommer 1974 eskalierte der Konflikt, als türkische Streitkräfte den wirtschaftlich starken Norden der Insel besetzten, ein Drittel des Staatsgebietes der Republik Zypern. Um eine direkte militärische Konfrontation zwischen den Nato-Partnern Griechenland und Türkei zu verhindern, weiteten die Vereinten Nationen die von UN-Truppen überwachte neutralen Zone zwischen den Gebieten auf ihre heutige Länge aus.
Hadrianswall – Großbritannien
Er ist seit langem Geschichte: Der Hadrianswall war ein römisches Grenzbefestigungssystem des britannischen Limes, errichtet nahe der heutigen Grenze zwischen Schottland und England in Großbritannien. Er wurde zwischen 122 und 128 n. Chr. auf Anordnung Kaiser Hadrians erbaut, nachdem dieser die nördlichen Grenzen im Rahmen seiner Inspektionsreise durch alle Provinzen des Reichs besucht hatte.

Der Wall erstreckte sich auf einer Länge von 117,5 Kilometern. Nach heute vorherrschender Sicht diente er nicht der Abwehr von Invasionen, sondern sollte in erster Linie den Handels- und Personenverkehr überwachen und an den dafür vorgesehenen Grenzübergängen kanalisieren, um dort etwa die Erhebung von Zöllen zu ermöglichen. Außerdem sollte er kleinere Überfälle sowie die unkontrollierte Migration schottischer und irischer Stämme in das Gebiet der römischen Provinz Britannia inferior verhindern.

In ihrem östlichen Teil bestand die Anlage aus einer bis zu 4,5 Meter hohen Steinmauer, im westlichen zunächst nur aus einem Erdwall. Zu ihrer Absicherung wurden ein Grabensystem sowie 320 Türme, 16 Hilfstruppenkastelle und 80 Meilenkastelle errichtet. Die Überreste des Walls lassen noch heute erahnen, wie Roms Grenzbefestigungen einst die Landschaft prägten.
Die Große Mauer – China
Sie gilt als das insgesamt größte Bauwerk der Menschheit und strotzt vor Superlativen: Die Chinesische Mauer erstreckt sich auf über 21 000 Kilometer und umfasst weit über 43 000 Einzelobjekte und Standorte. Im Abstand von einigen hundert Metern standen zehntausende Wach- und Signaltürme. Der längste zusammenhängende Abschnitt hat eine Länge von 3460 Kilometer und ist als „längste Mauer der Welt“ im Guinnessbuch der Rekorde verzeichnet.
Die Chinesische Mauer war über Jahrhunderte als ein System von Grenzbefestigungen unterschiedlicher Bauweise errichtet worden, welche die nomadischen Reitervölker aus dem Norden des chinesischen Kaiserreichs fernhalten und die Bevölkerung vor Raubüberfällen und Angriffen schützen sollte.

Schon seit längerer Zeit wird behauptet, dass die Chinesische Mauer das einzige Bauwerk sei, das man mit bloßem Auge aus dem Weltraum sehen könne. Bisher hat noch kein Astronaut die Chinesische Mauer mit bloßem Auge erkennen können. Was man jedoch bei sehr guten Sichtverhältnissen aus großer Höhe sehen könnte, wäre der Schatten der Mauer, wenn die Sonne aus geeigneter Himmelsrichtung tief steht und die Mauer ein breites Schattenband erzeugt.