Weltmeister auf dem heiligen Rasen des Maracana-Stadions waren sie schon geworden. Nach dem Schlusspfiff wurden aus Jogis Jungs auch noch die Weltmeister der Herzen: Gemeinsam mit Frauen, Freundinnen und Kindern feierten die Sportler damals den Triumph ihres Lebens. Jerome Boateng zeigte seiner Tochter die Manege, Lukas Podolski überreichte den goldenen Pokal seinem Sohn Louis und übte Elfmeterschießen und die beiden Söhne von Miroslav Klose ließen sich so selbstverständlich von der ganzen Mannschaft herzen, dass der Eindruck enstand: Dort, auf dem Rasen, steht gerade eine große Familie, die das Fest ihres Lebens feiert.
Familienleben nach dem Final-Sieg
Keine deutschen Fußball-Panzer, keine kickenden Rowdys – sondern sympathische junge Männer, die neben dem Sport ihr Familienleben genießen und das auch gerne zeigen. Die achtjährigen Zwillinge von Klose, Luan und Noah, wollten den Platz gar nicht mehr verlassen. Selbst Nationaltrainer Joachim Löw marschierte in den Minuten des größten Glücksgefühls schnurstraks zu den Frauen und Freundinnen seiner Spieler, um Glückwünsche entgegenzunehmen und sich selbst bei ihnen zu bedanken.
„Nach dem Spiel tut es meist sehr gut, auch mal rauszukommen und die Familien zu sehen“Oliver Bierhoff, Teammanager der deutschen Nationalmannschaft
Schon vorher zeigte sich der Stab um Löw ausgesprochen familienfreundlich. Schweinsteiger und Co. empfingen im Campo Bahia nach dem Spiel gegen Portugal ihre Liebsten. „Nach dem Spiel tut es meist sehr gut, auch mal rauszukommen und die Familien zu sehen“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff damals. Die persönlichen Freiheiten seien auch wichtig bei einem langen Zusammensein der Nationalmannschaft. „Es ist auch mal gut, die gesamte Gruppe nicht zu sehen“, bemerkte der ehemalige Kapitän der deutschen Nationalmannschaft.

Selbstverständlich ist die Haltung Bierhoffs nicht. Lange war der Profifußball eine Männerdomäne, in der die Spielerfrauen als schmückendes Beiwerk gesehen wurden, die im besten Fall den Männern den Rücken freihielten. Während des Turniers hatten sie sich gefälligst von ihren Männern fernzuhalten. Aber: Bei all der Freizügigkeit im Umgang, auch in Brasilien schotteten Löw und Bierhoff die Mannschaft schon vor dem Halbfinale ab.
Besuche vor dem Halbfinale unerwünscht
Besuche der Frauen und Freudinnen waren im Campo Bahia vor dem Spiel gegen Brasilien nicht mehr erwünscht. Schon andere Trainer hatten das früher so gehandhabt. Recht liberal war Franz Beckenbauer 1990, der schon in der Vorbereitung am Kalterer See die Türen für die Familien öffnete. Lothar Matthäus zum Beispiel schipperte mit seiner damaligen Ehefrau Sylvia mit einem Boot über den See. 2006 öffnete Jürgen Klinsmann häufig die Tore im Schlosshoten in Berlin, um die Spielerfrauen zu begrüßen.
Eklat beim WM-Bankett 1974
Doch so offen ging es nicht immer in der Vergangenheit bei den deutschen Nationalmannschaften zu. 1974 etwa kam es zum Eklat, als die Party-Laune beim WM-Bankett in einem Münchner Hotel rasch verflog, als klar wurde, dass die Spielerfrauen keinen Zutritt zum Festsaal hatten. Die Gattinnen der Funktionäre dagegen sehr wohl. Gerd Müller und Paul Breitner erklärten ihren Rücktritt aus dem DFB-Team. Auch Jürgen Grabowski und Wolfgang Overath traten als Weltmeister ab.