Zu den ersten Mitgliedern der Garde gehörte Marlies Keller. Sie erinnert sich: „Man durfte erst mit 18 Jahren zur Garde und musste ledig sein. War man verheiratet, musste man die Garde verlassen“. Deshalb tanzte sie dort nur kurz, hat aber noch historische Fotos der ersten Auftritte. Marlies Keller blieb dem Narrenverein jedoch in anderer Form treu; sie wechselte zu den Bären. Vier Jahrzehnte lang schlüpfte die heute 79-Jährige in das von Künstler Erich Kaiser entworfene Kostüm. Die Kostüme der Garde hatte Anna Müller, die Frau des damaligen Narrenpräsidenten Karl Müller, ihre und weitere Mütter genäht.

Marlies Keller gehörte zur ersten Truppe der Zunftgarde.
Marlies Keller gehörte zur ersten Truppe der Zunftgarde. | Bild: Christiane Keutner

Trainiert wurden die anfangs sieben jungen Damen – sie war etwa mit der Hälfte verwandt – , von Irma Zimmermann, der Mutter von Rüdiger Zimmermann, der später auch Vorsitzender der Bärenzunft war, und von Erika Moser. Trainingsort war das ehemalige Gasthaus Moser gegenüber der Bäckerei Wehr. „Im Gegensatz zu heute waren die Tänze damals ganz einfach“, erinnert sich Marlies Keller und an Irma Zimmermann, die bis ins hohe Alter den echten Spagat konnte. Die jungen Damen durften den falschen hinlegen. „Es war eine nette Zeit“, so Marlies Keller. Die begeistert beklatschten Auftritte fanden ausschließlich in Bermatingen im Dorfgemeinschaftshaus, beim Eröffnungsball, beim „Bär steigt in die Bütt“ und beim Umzug statt. Von den sieben Gardedamen lebten heute noch fünf in der Region; zwei sind verstorben.

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Das Kostüm hat sich im Laufe der Jahre leicht verändert und gehört heute nach Meinung der Garde und von Außenstehenden zu den Schönsten der Region. Anspruch und Trainingsaufwand sind gestiegen, die Regeln wurden leicht verändert. Nach wie vor gilt: Verheiratete dürfen nicht mehr mittanzen. Aber angesichts „wilder Ehen“ sind auch diese Grenzen verwischt. Bis 28 Jahre dürfen die Damen dabei sein.

Die erste Garde 1963, von links: Liesel Fessler, Christa Lauer-Widmann, Gabi Wehr (heute Ehrath), Marlies Keller, Gabi Seyfried ...
Die erste Garde 1963, von links: Liesel Fessler, Christa Lauer-Widmann, Gabi Wehr (heute Ehrath), Marlies Keller, Gabi Seyfried (Endres), hinten Doris Sessler und Zunftpräsident Karl Müller. Dazu gehörte auch Popis Sessler. | Bild: Privatarchiv Marlies Keller

Und im Gegensatz zu früher gibt es eine Kinder- und Jugendgarde und die jungen Damen bleiben der Tanztruppe viel länger verbunden. Dazu zählen Eva Hilpert (22), die von klein auf dabei ist und auch ihre Mutter als Vorbild hatte, und Selina Grupp (26), die seit sechs Jahren dort tanzt. „Wir sind eine coole Truppe und alle miteinander befreundet. Wir unternehmen auch außerhalb der Fasnetszeit etwas zusammen, gehen auf Hütten, gemeinsam in den Urlaub und auf Feste“, sagt Hilpert.

Fasnet ist toll! Dieser Überzeugung sind (von links): June, Mila und Lia.
Fasnet ist toll! Dieser Überzeugung sind (von links): June, Mila und Lia. | Bild: Christiane Keutner

„Wer mitmachen möchte, benötigt nur etwas Taktgefühl, der Rest kommt durchs Üben“, sagt Selina Grupp mit Blick auf Spagat und Rad. Während Fasnet sind sie gefordert – aber selbstbestimmt. Sie machen ihre Auftritte persönlich klar. Fast jeden Tag ist die Zunftgarde, die wohl zur ersten in der Region gehört, dann unterwegs. Das macht man nur, wenn man Spaß an der Sache hat. „Wir lieben alle Fasnacht“, versichert Eva Hilpert. Das zeigt sich auch an den vielen neuen Ideen, Choreografien oder Kür-Kostümen, die sich alle gemeinsam ausdenken. Zum Jubiläum wurde „etwas ganz anderes“ mit der damaligen Gardemajorin Melanie Förtsch einstudiert; am heutigen Freitag ist Premiere. „Wir sind sehr stolz auf unsere Garde. Sie ist das Aushängeschild für Bermatingen – und das schon seit 60 Jahren“, sagt Zunftpräsident Robert „Flepp“ Müller.

Der Applaus entschädigt die rot-weiß gekleideten Damen für die viele Probenarbeit. Ab Mai trainieren sie einmal pro Woche, ab November zweimal. Ein wenig aufgeregt sind alle vor den Auftritten, diesmal, nach der Corona-Pause, besonders.