Mit dem Thema Schulsozialarbeit werden die Gemeinderäte in der letzten Sitzung vor der Sommerpause konfrontiert. Sie müssen entscheiden, ob diese aufgestockt werden soll, wie von der Verwaltung vorgeschlagen. Schulsozialarbeiterin Michaela Braun und Katja Senft, kommissarische Leiterin der Grundschule, hatten dem Gremium vor Kurzem mit dem Bericht über das vergangene Schuljahr und einigen Beispielen die Notwendigkeit vor Augen geführt.

„Das Angebot von Schulsozialarbeit wird von Anfang an gut angenommen, es gibt einen hohen Bedarf und sehr viele Anfragen“, sagte Michaela Braun. Leider sei es so, dass sie aufgrund ihrer Zeitressourcen eine Vorauswahl und Prioritäten treffen müsse. Das Warten sei für die Kinder schwer auszuhalten. Die Fälle hatten auch an Komplexität zugenommen.

Vier Dinge gehörten zu einer guten Schulsozialarbeit: Neben der Qualifikation seien in Bermatingen die räumliche und materielle Ausstattung, kurze Kommunikationswege und Kontinuität wichtig, damit Vertrauens- und Beziehungsprozesse entstehen könnten, sowie ein angemessener Stellenumfang. Bis auf Letzteres, so ihre Meinung, sei alles in Bermatingen gegeben.

In ihren 15 Jahren Schulsozialarbeit habe sich einiges geändert. Die Auffälligkeiten bei Kindern hätten stark zugenommen. Inzwischen benötigten in Bermatingen zwei bis vier Kinder pro Klasse erhöhten Unterstützungsbedarf. Sie klagten zunehmend über soziale Ängste, Schul-, Trennungs- und Verlustangst. Erschreckend fand sie die Zunahme auch an körperlicher und seelischer Gewalt: „Die Kinder sind nicht immer nett zueinander.“ Einem Bericht zufolge sei jedes vierte Kind von Gewalt betroffen. Das führte sie auf größeren Druck und gesteigerte Anforderungen zurück. „Das hat unter anderem mit Medien und der Berufstätigkeit der Eltern zu tun.“

Wunsch nach mehr Zeit

In den Schuljahren 2022/23 waren insgesamt 61 Schüler bei ihr, quasi jedes „2,7. Kind“. Mit den Lehrkräften gab es einen Austausch über 41 Schüler. Auch 41 Elternteile hatten Kontakt mit ihr, gut die Hälfte war von sich aus auf die Schulsozialarbeiterin zugekommen. Wöchentlich gibt es einen festen Termin in der GS-Betreuung, mit der man sich über einzelne Kinder austauscht. Sehr wichtig sei ihr das Soziale Lernen in allen Klassen mit Themen Zivilcourage, dem Umgang miteinander, das Erkennen eigener Stärken, wie man Konflikte gewaltfrei regelt. „Hierfür würde ich mir tatsächlich etwas mehr Zeit wünschen.“ Eines ihrer Steckenpferde seien die Schüler als Streitschlichter; Kinder, die anderen dabei helfen, einen Streit in der Pause zu klären.

Zur Veranschaulichung schilderte sie den Fall eines Kindes, das plötzlich durch ein Ereignis in der Schule Ängste entwickelt hatte und schnell in die Obhut der Schulsozialarbeiterin kam. Die vierteljährliche Wartezeit auf einen Therapieplatz, den die Eltern auf die Empfehlung von Michaela Braun hin beantragt hatten, wurde mit ihrer Hilfe überbrückt. In dieser Zeit habe sich das Kind erheblich stabilisiert, sie war stets im Kontakt mit den Lehrern und Eltern. Das zeige, wie aufwändig ein einziges Kind beziehungsweise ein Fall sein könne.

Zu ihren Aufgaben gehöre auch, den Kindern zu zeigen, wie man Konflikte selbst klären könne. Zudem schlage sie Brücken und kooperiere mit diversen Einrichtungen, Ärzten, Therapeuten, Lernförderung, einer Kinderstiftung gegen sexuellen Missbrauch, von denen sie auch Unterstützung erhalte. Sie betonte, dass es ihr wichtig sei, dass die Kinder gut betreut würden.

„Wir würden gern dafür plädieren, den Umfang der Sozialarbeit aufzustocken“ so Bürgermeister Martin Rupp. Das wünscht sich auch Katja Senft: „Früher galt Sozialarbeit als Makel, heute gilt es inzwischen als Gütesiegel der Schule. Wir wollen nicht nur Wissen vermitteln, sondern den ganzen Menschen ansprechen. Es ist erwiesen, dass Kinder, die unbeschwert in einer guten Umgebung lernen, erfolgreicher lernen können und dabei unterstützt uns die Schulsozialarbeiterin.“ Die Schule wünscht sich eine Anhebung der Schulsozialarbeit von 40 auf 60 oder 70 Prozent. Ab 50 Prozent gebe es einen Zuschuss, falls es sich um eine qualifizierte Fachkraft handle, was ja der Fall sei.

„Die Botschaft ist angekommen“, sagte Bürgermeister Martin Rupp. Vor einem Beschluss müsse man sich allerdings noch mit der Schule in Oberteuringen, an der die Schulsozialarbeiterin ebenfalls wirkt, abstimmen. Die Entscheidung wird der Gemeinderat voraussichtlich in seiner morgigen Sitzung fällen.