„Von Oktober 2022 bis April 2023 hat der Angeklagte einen schwunghaften Handel mit chemischen Drogen, bevorzugt Ecstasy und Amphetaminen betrieben“, liest die Staatsanwältin aus der Anklageschrift vor dem Amtsgericht Konstanz vor. Insgesamt sind es 13 Anklagepunkte. Dem Angeklagten wird darin vorgeworfen, seinen Handel gewinnorientiert aufgebaut zu haben. Der 19-Jährige soll seine Drogen an den Bahnhöfen im Bodenseekreis verkauft haben. Zweimal wurde der junge Mann an den Bahnhöfen durch die Polizei kontrolliert. Dabei wurden Drogen gefunden. Ebenso bei einer Wohnungsdurchsuchung im Dezember 2022.
Drogenkonsum steigert sich zunehmend
Woher der 19-Jährige die Drogen bekam, wollte er vor Gericht nicht sagen. Er gab an, seit September 2022 selbst Drogen zu konsumieren. Angefangen habe sein Konsum am Wochenende, dies habe sich jedoch gesteigert. Er schilderte dem Gericht, dass er auch unter der Woche regelmäßig Ecstasy, Kokain, Amphetamine und Gras konsumiert habe.
Eine längere Abstinenzphase schaffe der Mann nicht, erklärte er vor Gericht. Der 19-Jährige berichtete, dass er drei Wochen vor der Verhandlung wieder konsumiert habe. Welche Drogen genau, erzählt er vor Gericht nicht. Klaiber fasst die Schilderungen als Suchtproblem zusammen.
Angeklagter hat diverse Vorstrafen
„Ich weiß selber, dass ich es alleine nicht mehr schaffe“, berichtet der 19-Jährige. Warum er sich trotz seines ihm bewussten Problems keine Hilfe gesucht habe, fragt die Staatsanwältin. Der Angeklagte blieb ihr die Antwort schuldig und schwieg. Die Staatsanwältin kritisierte, dass der Angeklagte „trotz seiner Vorstrafen und seiner Bewährung“, nicht zur Vernunft gekommen sei und weiter konsumiert habe.
Der Angeklagte sei durch verschiedene Straftaten – Körperverletzung, Diebstahl und Fahren ohne Fahrerlaubnis – negativ aufgefallen, liest Richter Franz Klaiber aus dem Vorstrafenregister vor. Im April 2022 folgte eine Verurteilung zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung. „Warum haben Sie weiter gemacht?“, will auch Klaiber wissen. Das wisse er nicht so genau, antwortete der Mann. Eine mögliche Ursache sei sein Umfeld. Er bewege sich in der Techno-Szene, schilderte er.
Ausbildungsstellen und Jobs verloren
Anschließend kam seine Jugendhelferin zu Wort. Schon seit seiner Kindheit habe der Angeklagte eine seelische Beeinträchtigung, erklärte sie. Auch eine ADHS-Störung sei diagnostiziert worden. Sie berichtete aus dem Werdegang des Mannes, der 2019 seinen Hauptschulabschluss in Überlingen machte. Nach seinem Abschluss fing er mehrere Ausbildungen und Jobs an. Mehrfach sei er dabei bereits in der Probezeit entlassen worden, schilderte sie. Eine zuletzt begonnene Ausbildungsstelle habe er wieder verloren, nachdem er sich krankgemeldet hatte. Zurzeit gehe er keiner Beschäftigung nach.
Staatsanwältin fordert zweieinhalb Jahre
In ihrem Plädoyer forderte die Staatsanwältin eine Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten ohne Bewährung nach Erwachsenenstrafrecht. Sie begründete ihre Forderung damit, dass der Mann keinen Willen zeige, sich zu ändern und bislang nicht zur Vernunft gekommen sei. Dem widersprach der Pflichtverteidiger in seinem Plädoyer. Er forderte einen stationären Entzug für seinen Mandanten.
Urteil nach Jugendstrafrecht
Amtsrichter Franz Klaiber folgte dem Antrag der Staatsanwältin nicht. Er verhängte eine Strafe nach Jugendrecht auf vier Monate Vorbewährung. Das heißt, der Angeklagte bekommt vier Monate Zeit, in welcher der Angeklagte beweisen soll, dass er es mit der Abstinenz ernst meint. Unter anderem begründete der Richter sein Urteil damit, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt noch jünger gewesen sei. Somit sei nach Jugendstrafrecht zu urteilen. Klaiber macht dem Angeklagten klar: „Sie wissen, dass sie mit einem Bein im Knast stehen?“ Sollte er in diesen vier Monaten keinen stationären Therapieplatz bekommen oder einen Termin mit seiner Jugendhelferin und der Bewährungshelferin ohne dringlichen Grund versäumen, würde er sofort in die Jugendvollzugsanstalt verlegt werden. „Kommt mir irgendeine Beschwerde zu Ohren, wandern sie sofort in den Knast“, betonte der Richter.