Ein spätsommerlicher Ausflug an den Bodensee, bevor es dann zum Überwintern in den Süden geht: Was sich für manche wie ein perfekter Urlaubsplan anhören mag, ist für tausende Schwalben gerade die Realität, sie sind in diesen Tagen vermehrt am und über dem Bodensee zu sehen. Doch neidisch sollte deshalb niemand auf die Zugvögel werden, denn das Ganze hat einen ernsten Hintergrund.

Zu kalt, zu nass, zu wenig Nahrung

„Durch die vielen Regenfälle und den Temperatursturz am vergangenen Wochenende ist es den Schwalben, die es noch nicht in den Süden geschafft haben, zu kalt geworden. Außerdem sind bei diesem Wetter weniger Insekten in der Luft, also weniger Nahrung“, erklärt Schwalbenexperte Rudi Apel vom Naturschutzbund Deutschland (NABU). Beides, Wärme und Nahrung, suchen die Tiere dann an Gewässern, deshalb der Zug an den Bodensee.

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„Die Tiere wollen den See als Rastplatz nutzen und um sich noch einmal zu stärken und die Wärme des Wassers aufzunehmen, bevor sie über die Alpen in den Süden fliegen“, so Apel. Doch auch wenn die Temperaturen in den vergangenen Tagen wieder gestiegen sind – für viele Schwalben komme das vermutlich zu spät, denn: „Es gibt einfach nicht mehr genug Nahrung für alle.“

Problem ist auch menschengemacht

Das liege aber nicht nur daran, dass Feuchtgebiete wie das Wollmatinger Ried am Bodensee schlichtweg zu klein für die große Anzahl an Schwalben seien, oder dass das Wetter die Insekten vertreibe und die Schwalben entkräfte – das Problem sei auch menschengemacht.

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Weniger Insekten durch Veränderungen in der Landwirtschaft

So sieht Rudi Apel die Landwirtschaft als eine der Hauptursachen an: „Der Rückgang der Weidewirtschaft und der Einsatz von Pestiziden sorgt für einen Mangel an Insekten.“ Seit Jahren sieht Apel einen Rückgang an Schwalben, immer wieder sei er schockiert, wie viele von ihnen jedes Jahr verhungern. Was passiere, wenn nasskaltes Wetter und der generelle Nahrungsmangel zusammenkomme, sei derzeit in Österreich zu sehen: Dort seien im Zuge der extremen Regenfälle ganze Scharen von Schwalben verhungert.

Von verhungerten Schwalben kann auch das Personal des Naturschutzzentrums Eriskirch bei Friedrichshafen berichten. Im dortigen Ried sind am Dienstag, 17. September, 20 tote Schwalben gefunden worden. Immerhin eine Schwalbe konnte lebend geborgen und dann aufgepäppelt werden.

Eine vom Naturschutzzentrum Eriskirch gerettete Schwalbe. Rudi Apel empfiehlt, diese möglichst schnell wieder in ein Schwalbennest ...
Eine vom Naturschutzzentrum Eriskirch gerettete Schwalbe. Rudi Apel empfiehlt, diese möglichst schnell wieder in ein Schwalbennest zurückzusetzen, sonst falle den Tieren die Entwöhnung vom Mensch äußerst schwer. | Bild: Sabine Arnoscht

Und solche Hilfe zahlen die Schwalben dem Menschen auch zurück: „Eine Schwalbe isst im Sommer an einem Tag bis zu 1300 Mücken – gerade die Menschen am mückengeplagten Bodensee wollen sich sicher nicht vorstellen, wie es wäre, wenn immer weniger Schwalben und damit noch mehr Mücken dort sind“, sagt Apel.