Es regnet ordentlich. Ein richtiger Schauer geht über Meckenbeuren nieder, ausgerechnet an dem Tag, an dem die Gemeindeverwaltung auf das Hochwasser vor einem Jahr zurückblicken will. Anhaltende Regenfälle hatten Ende Mai und Anfang Juni 2024 den Pegel der Schussen über die Ufer steigen lassen, unter anderem die Ortsteile Kehlen und Brochenzell standen unter Wasser.
Weckt da nicht gerade an so einem Tag des Rückblicks der Schauer Ängste? Axel Beutner winkt bei der Frage direkt ab. „Experience“, sagt er – das ist Englisch für Erfahrung -, sei der Grund, warum er sich nicht direkt Sorgen mache, wenn es mal regnet. Beutner ist Ortsbaumeister der Gemeinde und mit seinen Kolleginnen und Kollegen für die Renovierungen der vom Hochwasser beschädigten öffentlichen Gebäude zuständig. Bei einem Höchstpegel von 4,87 Metern stand die Schussen 2024, aktuell liegt der Pegel bei knapp 40 Zentimetern – da bräuchte es also noch deutlich mehr Regen, bis der Fluss wieder über die Ufer tritt. Aber Axel Beutner sagt auch: „Irgendwann macht die Schussen wieder einen Hausbesuch.“

Hier war mal ein See
Der Ortsbaumeister führt die Anwesenden beim Pressetermin durch den im vergangenen Jahr besonders stark betroffenen Gebäudekomplex Wilhelm-Schussen-Schule und Karl-Brugger-Halle. Auch Bürgermeister Georg Schellinger ist dabei. Er sagt zu Beginn des Termins, als die Gruppe oberhalb des Schulhofs steht: „An dieser Stelle haben wir auf einen See geblickt.“

An den Außenwänden des Gebäudes sieht man noch heute die Markierungen, bis wohin das Wasser stand. „Hochwasser höher als HQ100“ steht auf einer Plakette, die Beutner hat anbringen lassen. HQ100 steht dabei für Jahrhunderthochwasser, also ein statistisches Mittel, das einmal alle 100 Jahre überschritten wird. Das Wasser reichte im vergangenen Jahr damit auch höher als die sogenannten Dammbalkensysteme, die extra zum Hochwasserschutz an der Halle angebracht sind. Retten konnten sie das Untergeschoss des Gebäudes nicht.
Beutner zeigt die Räume, in denen eigentlich Meckenbeurer Vereine ansässig sind, etwa der Narrenverein Kehlen oder der Heimat- und Trachtenverein. Letzterer hatte schon beim vorigen Hochwasser im Jahr 2021 mit großen Verlusten zu kämpfen, 2024 wurde hier erneut alles zerstört. Nach einem Gemeinderatsbeschluss sollen die Vereinsräume „in einfachem Standard“ – möglichst hochwasserresistent – wieder zur Verfügung gestellt werden.

Kegeln ist Geschichte
Im Untergeschoss liegt auch die Heizzentrale des Gebäudekomplexes. „2021 gab es 100 Prozent Verlust, 2024 gab es 100 Prozent Verlust“, sagt Beutner. Hier sei alles innerhalb von vier Jahren zweimal erneuert worden. Nun werden die Türen und Fenster komplett abgedichtet, damit das Wasser künftig draußen gehalten wird. Bahnt es sich trotzdem seinen Weg, soll es durch ein Pumpensystem im Boden auf einem „unschädlichen Pegel“ gehalten werden.
Nebenan war mal eine Kegelbahn, 2021 zerstört, 2022 wieder aufgebaut. „2024 wieder zerstört“, sagt Beutner und leuchtet mit einer Taschenlampe den ehemaligen Kegelschacht entlang. Nach einem Beschluss des Gemeinderats soll die Bahn nicht wiederhergestellt werden. „Die ist Geschichte.“

So ist die Schule betroffen
Auch das Untergeschoss der Schule nebenan stand unter Wasser. Seither mussten die Schülerinnen und Schüler Toiletten in einem Container nutzen, vor wenigen Tagen wurden die WCs im Gebäude wieder in Betrieb genommen. Auch die sonstigen Räume werden bald wieder genutzt. Axel Beutner schildert im Abgang zum Untergeschoss, wie das Wasser in das Gebäude eingebrochen ist. „Als Kajak-Strecke wäre das ideal gewesen“, sagt er trocken.
Derzeit wird sogar geprüft, ob die Grundschule künftig an einen anderen Ort verlagert werden kann. „Es kann ja nicht ein dauerndes Renovieren, Sanieren, Hochwasser und wieder von vorne Anfangen sein“, sagt dazu Lothar Derkorn, der kommissarische Schulleiter. Man müsse also offen sein für die Ergebnisse der Prüfung – im besten Fall gibt es sie, bevor die Schussen ihren nächsten Hausbesuch macht.