Die Rädekers haben sich eingelebt. Die Alte Mühle in Urnau ist nun das Zuhause der vierköpfigen Familie. Das Ehepaar Manu und Jochen Rädeker hat das Grundstück, dass sich auf rund 4,6 Hektar erstreckt, Ende 2021 gekauft und möchte das Anwesen behutsam erhalten, aber auch für die Öffentlichkeit zugänglich machen, unter anderem als Hochzeitslocation. Im Frühjahr 2022 hat der SÜDKURIER die Familie, die damals noch in Konstanz lebte, zum ersten Mal besucht und sich ihre Visionen und Vorstellungen zeigen lassen.
Im Backhaus hat sich am meisten getan
Zwei Jahre später wohnt das Ehepaar mit ihren Kindern Ly (fünf Jahre) und Lunis (vier Jahre) auf 60 Quadratmetern im alten Backhaus, um sie herum eine Baustelle. Aber es hat sich einiges getan: neue Böden, Elektrik, Sanitär, Malerarbeiten – die Handwerker waren fleißig und die Arbeiten in dem Nebengebäude sind so gut wie abgeschlossen.
In dem Haus, in dem früher Brot gebacken wurde und laut Jochen Rädeker die ältere Generation der Müllersfamilie lebte, sollen zwei Ferienwohnungen und im Erdgeschoss ein Empfangsbereich für die Gäste entstehen. Am heutigen Tag wird die Presse hier empfangen und von der Familie noch als Rückzugsort und Waschküche genutzt. „Wir sind gerade mitten in der Umbauphase“, sagt Jochen Rädeker.

Trotz Baustellen-Chaos ist die Familie angekommen
Auch wenn es auf der Baustelle manchmal chaotisch zugehe, so ist Familie Rädeker angekommen. Seit Spätsommer 2023 haben sie ihren festen Wohnsitz in Urnau, die Kinder gehen in den Kindergarten, Manu und Jochen Rädeker pendeln zu ihren Jobs – sie ist Kuratorin in einer Galerie, er Professor an der HTWG – nach Konstanz. „Wir fühlen uns hier sehr wohl“, sagt Rädeker und lobt die Handwerker, die Zusammenarbeit mit der Gemeinde und das nachbarschaftliche Umfeld. „Wir sind gut in die Dorfgemeinschaft reingewachsen.“ Die Feuerwehr hat auf dem Gelände bereits eine größere Übung absolviert und nach dem jüngsten Hochwasser der Rotach auch den Keller ausgepumpt. Erste kleinere Zusammenkünfte und Fest mit den Nachbarn fanden bereits in der Scheune statt.

Ausbau der Scheune zur Eventlocation
Denn nachdem die Arbeiten im Backhaus so gut wie abgeschlossen sind, steht nun die nächste Herausforderung bevor: der Umbau der Scheune mit ehemaligem Kuhstall zur Eventlocation. Sobald die Baugenehmigung vorliegt, kann mit den Arbeiten begonnen werden. Wenn alles nach Plan verläuft, hoffen Manu und Jochen Rädeker ab der späten Sommersaison 2025 erste Hochzeitsfeier ausrichten zu können. Reservierungen werden nach konkretem Baubeginn entgegengenommen – „da muss alles zu 100 Prozent sicher sein“, so Jochen Rädeker. Zum Eventbereich, der sich über zwei Etagen mit Sitz-, Tanz und Loungebereich erstreckt und eine eigene Catering-Küche beinhaltet, kommt eine Eventwiese.

Sanierung kostet Geld, Zeit und Nerven
Ein denkmalgeschütztes Gebäude zu sanieren und zu renovieren, kostet Zeit und Geld. Viele Gutachten müssen eingeholt werden, die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Ämtern und Behörden dauert auch mal länger. „Aber letztlich haben wir alle das gleiche Ziel“, so Rädeker. Hinzukommt aber auch, dass die Kosten für technische Bereiche um rund 40 Prozent gestiegen sind. Da gelte es genau zu eruieren, was möchte man, was nicht und wo kann man sich Zeit lassen. „Gut Ding will Weile haben“, so Jochen Rädeker. Seine Frau Manu Rädeker fügt hinzu: „Wir waren nicht naiv, als wir uns für das Anwesen entschieden haben, aber manches benötigt mehr Aufwand und Kosten als zunächst erwartet.“

Umbau der Alten Mühle als Lebensaufgabe
Rädekers lassen sich von solchen Verzögerungen aber nicht beirren. „Dann sucht man nach einer Lösung“, sagt der 57-Jährige. Die Alte Mühle sei auch eine Lebensaufgabe und beide sind nach wie vor enthusiastisch, auch wenn es mal Rückschläge gibt. Ihnen ist vor allem wichtig, dass der Charakter des historischen Ensembles erhalten bleibt. „Die Chance, dieses Projekt zum Leben zu bringen, ist genau jetzt“, so Jochen Rädeker.

Manu Rädeker hat in den vergangenen Jahren verschiedene Lehrgänge für ökologische und nachhaltige Landwirtschaft belegt. Sie möchte sich ein Wissen aneignen, mit dem sie den Hof bewirtschaften kann, außerdem hat sie einen Jagdschein gemacht. „Ich kann natürlich nicht mit dem Wissen von Menschen mithalten, die auf einem Hof aufgewachsen sind, aber es interessiert mich und es macht mir Spaß“, sagt Manu Rädeker, die in Richtung Selbstversorger gehen möchte – mit eigenem Gemüse und Tieren. Noch ist Hund Fussl mit zwei Katzen allein auf dem Hof.

Im Hauptgebäude viel im Originalzustand
Wenn die Scheue dann in neuem Glanz erstrahlt, steht das Hauptgebäude mit Mühle an. Hier hat mit Irma Rist die letzte Bewohnerin gelebt, viele Zimmer sind noch im Originalzustand. Aus ihnen sollen Zimmer für die Hochzeitsgäste und Touristen werden, die Familie selbst möchte den Dachstuhl des angrenzenden Mühlenbereichs, der sich über vier Ebenen erstreckt, zum eigenen Wohnbereich umbauen. „Es ist schon brutal viel und ein aufwendiges Projekt, aber wir freuen uns auf jeden Tag“, so Rädeker. Für sie war es die richtige Entscheidung.


Noch viele Ideen in der Pipeline
Die Ideen und Projekte werden auch die kommenden Jahre nicht ausgehen. Im ehemaligen Sägewerk soll ein Country-Living-Store entstehen, ein Gewächshaus ist geplant, ein Abenteuerspielplatz für Kinder steht ebenfalls auf der Liste. Einiges davon sei aber noch weite Zukunftsmusik. Die Rädekers investieren einen deutlichen siebenstelligen Betrag in die komplette Umsetzung.