Es rumpelt, rattert und plätschert. Der Duft von frisch gepresstem Apfelsaft durchdringt die Luft. Landwirt Erwin Columberg aus Beuren ist an diesem Nachmittag der erste, der Äpfel von seiner Streuobstwiese in der Mosterei Kopp in Obersiggingen anliefert. Rund 500 Kilogramm hat er in zwei Holzkisten auf dem Anhänger.
Die Äpfel werden zunächst im Wasserkanal gewaschen
Kaum angekommen, beginnt auch direkt die Verarbeitung zum Saft: Mit dem Gabelstapler holt Philipp Kopp die erste Kiste vom Traktoranhänger, fährt sie zum Wasserkanal und schüttet die Äpfel mit einem kullernden Geräusch dort hinein. Boskop, Grafensteiner, Goldparmener und auch der Berlepsch – alles alte Sorten – rumpeln auf das Laufband aus Edelstahl in den Wasserkanal. Dort werden sie nicht nur transportiert, sondern in einem ersten Vorgang auch gleich gewaschen.


Mit dem so genannten Elevator, einer Metallschnecke, wird das Obst nach oben auf ein Verleseband in die Halle befördert. Hier werden die faulen Äpfel aussortiert und das Streuobst zum zweiten Mal gewaschen. Danach fällt es über ein Band in einen Trichter und gelangt in die Mühle, die es zerkleinert. Eine Pumpe befördert die so genannte Maische anschließend in die Presse, die innerhalb weniger Minuten die Flüssigkeit vom Trester, also der ausgepressten Maische, trennt.

Philipp Kopp führt den Betrieb in vierter Generation
„Jetzt wird der Apfelsaft auf etwa 100 Grad erhitzt und sofort wieder abgekühlt“, erklärt Agrarwissenschaftler Kopp, der den Familienbetrieb in vierter Generation 2019 von seinem Onkel übernommen hat.
„Wir fügen dem Saft keinerlei Zusätze für die Haltbarmachung hinzu, das geschieht nur über die Temperatur.“Philipp Kopp, Besitzer Mosterei Kopp
Damit der Saft sein fruchtiges Aroma behält, darf er deshalb nur kurz erhitzt werden. Sonst könnten wichtige Inhaltsstoffe und auch der Geschmack verloren gehen, ergänzt der 32-jährige Chef.
Der Apfelsaft für Landwirt Columberg ist fertig. Über einen dicken Schlauch wird der frisch gepresste Saft in seine zwei Plastikfässer abgefüllt. Etwas über 300 Liter vom eigenen Streuobst nimmt er jetzt mit nach Hause. Diese Ration lässt er allerdings zu Most vergären.
Seit über 15 Jahren ist der Landwirt aus Salem-Beuren Kunde in der Mosterei Kopp. „Da war der Chef noch ein Junge“, erinnert er sich. Eine schöne Sache sei das, dass man die Äpfel nach wie vor hierherbringen könne und den Saft vom eigenen Obst wieder bekomme. „Man weiß, was man hat“, so Columberg.

Bis zu 70 Tonnen Streuobst werden gelagert
Auch Angela Blum aus Rickertsreute weiß den Familienbetrieb Kopp zu schätzen. „Ich finde das total wertvoll, dass wir das Obst hierherbringen können und wissen, dass auch die eigenen Äpfel im Saft mit drin sind“. Durch die so genannte Lohnmosterei werden ihr fast 250 Liter reinen Apfelsaft gutgeschrieben. Abgefüllt in Saftboxen kann sie ihr Kontingent im Hofladen so lange abholen, bis es aufgebraucht ist.
Ihre Kinder Samara (3 Jahre) und Elia (5 Jahre) hatten ihr tags zuvor beim Auflesen geholfen. Jetzt haben sie mächtig Spaß dabei, die Äpfel, die beim Einschütten neben den großen Bottich kullern, in eines der drei großen Silos zu werfen. Bis zu 70 Tonnen Streuobst kann die Mosterei darin lagern.
Silvan Schlöpfer vom Stüblehof in Markdorf schüttet fast vier Tonnen Streuobst von seinem Anhänger auf das Laufband im Wasserkanal. Eine Schulklasse hatte dabei geholfen, die Äpfel zu ernten, damit die Kinder die Obstlese einmal erleben. Ein Drittel Apfelsaft nimmt der 18-jährige Landwirtlehrling mit. Zwei Drittel davon verkauft er heute an die Mosterei.
Nur lokale Obstbauern dürfen bei Kopp anliefern
100 Kilogramm Äpfel ergeben etwa 75 Liter reinen Direktsaft. Der Rest ist Trester, den vor allem die Jäger an das Wild und umliegende Landwirte an ihre Rinder verfüttern, erklärt Gabriele Kopp, die seit 30 Jahren die Buchhaltung für die Mosterei macht. Inzwischen auch für ihren Sohn Philipp Kopp.
Dieser legt besonderen Wert darauf, dass nur lokale Obstbauern aus einem Einzugsgebiet von rund 25 Kilometern bei ihm anliefern. Dadurch kann der 32-Jährige sicher sein, dass er von den meist Biostreuobstwiesen ein sehr natürliches Produkt bekommt.

In seiner Mosterei verarbeitet Kopp ein breites Angebot: Saft, Most oder auch Apfel- und Birnenwein. Den größten Absatz erzielt er mit der 1 Liter Mehrwegglasflasche beim Einzelhandel, der Gastronomie oder beim Endkunden, der den naturreinen Saft in seinem Getränkemarkt auch kaufen kann.
Rund 150 000 Flaschen vermarktet der Familienbetrieb im Jahr. Das meiste davon in Bioqualität, aber auch konventionelle Ware, die getrennt gesaftet wird. Hinzu kommen die „bag in boxen“ der Lohnkunden mit rund 50 000 Litern, die in drei, fünf oder zehn Liter Boxen abgefüllt und komplett recycelbar sind.
Im Herbst ist acht Wochen lang Hauptsaison
Etwa acht Wochen hat der Familienbetrieb im Herbst Hauptsaison. Dieses Jahr von Mitte September bis voraussichtlich Anfang November etwas später als sonst. In dieser Zeit verarbeitet die Mosterei bis zu 1000 Tonnen Obst. Denn ist dieses reif, wird es auf den Streuobstwiesen von allen Obstbauern fast zeitgleich geerntet und zur Mosterei gebracht.
Kein Wunder, dass alleine an diesem Nachmittag rund 20 Kunden mit zum Teil riesigen Traktoren, Kleinbussen, Anhängern und auch in Kofferräumen ihr Streuobst abliefern. Das alles in gerade mal zweieinhalb Stunden. Das Obst bringen sie in allen möglichen Behältnissen mit, so Kopp. „Vom Rucksack bis zum Kipper mit mehreren Tonnen ist alles dabei.“

Apfelsaft hält zwei bis drei Jahre
Bis zur Abfüllung in Flaschen lagern rund 200 000 Liter Saft in Edelstahltanks, kalt und dunkel, ob Sommer oder Winter bei maximal zehn Grad. Nur dann hält der Saft zwei bis drei Jahre lang. „So alt wird er bei uns aber nicht“, fügt der Unternehmer hinzu.
Idealerweise liegt das Haltbarkeitsdatum von Apfelsaft bei eineinhalb Jahre ab Abfüllung. „Der Saft hält aber deutlich länger, er wird im Laufe der Zeit lediglich dunkler, was der Qualität aber nicht schadet, wenn die Flasche gut verschlossen und ohne Schimmel ist“, versichert der Mostereibesitzer.