„Es ist ein Traum-Ort“, sagt Eva Wiethaler über das Tinyhaus, das im Garten neben ihrem eigentlichen Wohnhaus steht. Dass sie das Mini-Holzhaus mitten im Grünen bis zum 3. Juni abbauen soll, will die studierte Architektin nicht akzeptieren. Die 38 Quadratmeter, die sie mit ihrer Kleinfamilie bewohnt, sind ihr ans Herz gewachsen. Eigentlich hatten sie und ihr Ehemann Tim das Minihaus in den Garten gestellt, als sie nach dem Haus- und Grundstückskauf feststellen mussten, dass ihr neues Heim mit Schadstoffen belastet ist. Dem damals drei Monate alten Sohn wollte das junge Paar den Ausdünstungen von schadstoffreichen Holzschutzmitteln keinesfalls aussetzen.

Der ursprüngliche Plan sah vor, das belastete Wohn- und Ökonomiegebäude abzureißen und neu zu bauen. Von Landratsamtsseite gab es gemäß Pressesprecher Lars Gäbler entsprechende Signale, „dass der Bau eines gleichartigen Gebäudes voraussichtlich genehmigungsfähig wäre“. Um die Abriss- und Neubauzeit überbrücken zu können, erbat sich das Ehepaar Wiethaler, vorübergehend ein Tinyhaus aufzustellen.

Keine Baugenehmigung für Tiny-Haus

Weil sich das Wiethalerische Grundstück in einem sogenannten Außenbereich befindet, gab es von der Baurechtsbehörde keine Baugenehmigung. Stattdessen wurde zwei Jahre nach dem Hauskauf im Jahr 2017 ein Vertrag zwischen der jungen Familie und der Baubehörde geschlossen. Demzufolge muss „das Tinyhaus innerhalb von drei Monaten nach Bezug des neuen Gebäudes, spätestens jedoch bis zum 3. Juni zurückgebaut und die betroffene Fläche renaturiert werden“. Seitdem ist nach Angabe der Behörde nichts mehr passiert.

Der Aufenthaltsraum im kleinen Haus ist großzügig gestaltet. Im Hintergrund sitzt Tim Wiethaler in der Hängematte.
Der Aufenthaltsraum im kleinen Haus ist großzügig gestaltet. Im Hintergrund sitzt Tim Wiethaler in der Hängematte. | Bild: Johanson, Kirsten

Aus der Sicht von Eva Wiethaler hat sich in den vergangenen sechs Jahren viel getan: Tim Wiethaler, der seit vielen Jahren als selbstständiger Lehmbauer Innenausbau betreibe, habe bereits einen Teil des schadstoffbelasteten Wohnhauses saniert. Seit August 2022 habe Wiethaler die Geschäftsführung eines Baumarkts für ökologisches Bauen und Wohnen mit Standorten in Ravensburg, Pfullendorf und Argenbühl übernommen. Eva Wiethaler erzählt, sie habe wegen der großen Belastung mit dem Umbau des Ursprungshauses und dem bevorstehenden Rückbau ihres Kleinsthauses ein Burnout erlitten. Nach ihrer Genesung habe sie sich zur Lern- und Teambegleiterin umschulen lassen, um an einer alternativen, von ihr und zwei weiteren Frauen neu gegründeten Schule zu unterrichten.

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Neue Wege wünscht sich Wiethaler nicht nur im Bildungswesen, sondern auch im Bereich des Wohnens. Neue, zukunftsfähige Wohnformen müssen ihrer Meinung nach her, sodass verschiedenste Menschen zusammenleben könnten. So viele Menschen suchten händeringend eine Bleibe. Im Moment lebe eine befreundete Familie in einem Teil des nebenstehenden Wohngebäudes. Wenn das ganze Gebäude fertig saniert sei, gebe es noch mehr Platz. Sie selbst möchte mit ihrer Familie weiter in dem kleinen Haus wohnen, wo sie aus jedem der vielen Fenster in den Garten schauen kann. „Unser Tinyhaus ist fast hundertprozentig ökologisch und kann der Natur vollständig zurückgegeben werden“, sagt Wiethaler. Irgendwo anders würden Riesenmengen Erde bewegt und viel Natur zerstört.

Der Außenbereich des Tinyhauses, in dem die Familie seit Jahren wohnt.
Der Außenbereich des Tinyhauses, in dem die Familie seit Jahren wohnt. | Bild: Johanson, Kirsten

Obwohl Eva Wiethaler die Argumentation der Baubehörde aufgrund der Gesetzeslage als „klar und richtig“ bezeichnet, sucht die Architektin nach einer „sinnhaften Lösung“, die beide Seiten zufriedenstellt. „Vorreiter sein, heißt auch das Gesetz infrage zu stellen“, sagt sie und hofft weiter auf eine Kompromisslösung.

Was die Baubehörde zu dem Tinyhaus sagt

„Tatsächlich dreht es sich hier nicht um die Frage, ob an diesem Standort ein Tinyhaus genehmigt werden kann oder nicht“, sagt Pressesprecher Lars Gäbler. „Es geht vielmehr generell darum, ob dort überhaupt ein zweites Wohnhaus zulässig ist, da sich das Grundstück im bauplanungsrechtlichen Außenbereich befindet. Bebauungen im Außenbereich sind nur mit vielen Einschränkungen zulässig beziehungsweise gar nicht möglich. Einen generellen Ausschluss von Tinyhäusern gibt es im Außenbereich aber nicht. Im Innenbereich wäre ein Tinyhaus genehmigungsfähig, wenn es sich, wie jedes andere Bauvorhaben, auch in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt oder den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht.“

Wie Pressesprecher Lars Gäbler weiter erklärt, liegt dem Landratsamt bis heute kein Antrag auf Baugenehmigung für das ursprünglich neu geplante Wohn- und Ökonomiegebäude in Frickingen-Altheim vor. Der dauerhafte Erhalt des Tinyhauses sei “aus rechtlichen Gründen nicht möglich“, so das klare Signal aus der Baurechtsbehörde. Das Mikrohaus sei nur als temporäre Übergangslösung möglich gemacht worden.