Der Turm der Pfarrkirche St. Martin erstrahlt in neuem Glanz. Die Kosten der Sanierungsarbeiten, die in zwei Bauabschnitten erledigt wurden, betragen rund 835.000 Euro. Zuschüsse flossen bereits in Höhe von 87.000 Euro, weitere 128.000 Euro sind beantragt worden. „Die Firmen haben sich untereinander hervorragend abgesprochen und aufeinander gut Rücksicht genommen“, freute sich die Architektin Apollonia Thurner vom Überlinger Büro Wagner im Gespräch mit dem SÜDKURIER. „Sonst hätten wir das nie so gut hinbekommen.“
Spätestens als die Sandsteinquader viele Löcher aufwiesen, in denen Insekten nisteten und Sand abbröckelte, zeigte sich, dass eine Sanierung unumgänglich war. „Man konnte mit der Hand über die Steine gehen und kam sich vor, als würde man im Sand spielen“, so Thurner. Auch sonst musste am und im Turm vieles ausgebessert werden, wobei der Artenschutz zu berücksichtigen war. Beispielsweise befindet sich unterm Dach des Kirchenschiffs eine überregional bedeutsame Wochenstube der geschützten Fledermäuse, außerdem nisten Mauersegler überall im Traufbereich des Turms und Turmfalken auf der Ostseite.
Wenige Zeitfenster für die Arbeiten
Laut Thurner kam man schnell zur Erkenntnis, dass kaum ein Zeitfenster vorhanden war für die Arbeiten. Wegen der Brutzeiten waren die im Sommer nicht möglich. Erst Ende August 2022 konnte das Gerüst installiert werden, da der Schutzzeitraum der Tiere vorbei war. Aufgrund ungünstiger Witterung kamen die Arbeiten nur stockend voran. Es musste ein Aufenthaltsraum für die Arbeiter geschaffen werden, damit diese sich aufwärmen konnten.
Den größten Sanierungsbedarf gab es laut Thurner bei den Sandsteinen. Ein Steinmetz ergänzte Fehlstellen mit Antragungen oder setzte neue Vierungen aus Rorschacher Sandstein ein. Anschließend wurden vom Stuckateur diverse Stellen mit Kalkputz ausgebessert oder ergänzt, Haarrisse wurden verfüllt. Angesichts der im Turm lebenden Fledermäuse konnten die Arbeiten am Dach erst Mitte Oktober begonnen werden. Dieses wurde komplett umgedeckt, alte Ziegel wurden geborgen und gereinigt, beschädigte Ziegel gegen passende historische ausgetauscht. Der First ist neu eingedeckt, die vier Ziffernblätter der Uhren sind überarbeitet worden. An den Stellen, an denen die Wetterkreuze befestigt waren, war das Holz marode und musste denkmalgerecht ersetzt werden. Die Wetterkreuze wurden abgebaut und entrostet. „Das war schon eine Herausforderung für die Arbeiter“, erläuterte Apollonia Thurner angesichts des steilen Daches.
Ziffernblätter hergerichtet
Diese Arbeiten sind Mitte März beendet worden, die weiteren wurden abschnittsweise erledigt. Als erstes wurde der Ostgiebel fertiggestellt und ein Teil abgerüstet, damit der Turmfalke brüten konnte. „Das hat er dann auch tatsächlich gemacht“, freute sich Thurner. Bis vor Ostern wurde zu den Uhren weiter abgerüstet. „Der Schlosser hat die Ziffernblätter entrostet, überarbeitet, teilweise nachvergoldet oder nachgestrichen, wo Schäden waren, sodass sie wieder viele Jahre halten werden“, berichtete Thurner. Bis Anfang Mai waren auch die restlichen Arbeiten beendet. Abschließend wurde noch der Sockel fertig gestellt. „Alle haben sich wahnsinnig ins Zeug gehängt“, lobte Thurner, „es war eine Punktlandung.“
Als Vorteil nannte Thurner, dass die Steinmetzarbeiten bis zum ersten Querband bereits im ersten Bauabschnitt ausgeführt worden waren. Dieser Bauabschnitt im Winter 2019/20 beinhaltete das Überarbeiten der Treppen, Handläufe, Podeste, Beläge, Herstellen eines Aufgangs zum Dach und die zimmermannsmäßige Überarbeitung des Glockenstuhls. Weil die Zeit bis Ende der Schutzzeit der Fledermäuse nicht ausreichte, wurden die Restarbeiten im Winter 20/21 ausgeführt.
Bei Zuschüssen zuversichtlich
Der untere Teil der Sandsteinsanierung wurde im Sommer 2021 erledigt. Kostenpunkt: 185.000 Euro. Zuschüsse flossen in Höhe von 60.000 Euro von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der größten privaten Initiative für Denkmalpflege in Deutschland, weitere 27.000 Euro vom Regierungspräsidium Tübingen. Der zweite Bauabschnitt, der die Außensanierung des Turms beinhaltete, beläuft sich auf rund 650.000 Euro. In Bezug auf die Zuschüsse in Höhe von 128.000 Euro sagte Thurner: „Wir sind zuversichtlich, dass wir diese auch erhalten.“