Eine voll besetzte Besuchertribüne ist ein eher seltener Anblick im Ratssaal. Und dass mehr Besucher als Gemeinderäte anwesend sind, kommt in öffentlichen Sitzungen noch seltener vor. Bei dieser Sitzung des Technischen Ausschusses, die ausnahmsweise im Rathaus am Adenauerplatz stattfand, war das so. Der Grund: Zahlreiche Jettenhauser waren gekommen, um sich über zwei Themen aus ihrer Nachbarschaft zu informieren. Zum einen stand ein geplanter Wettbewerb im Jettenhausener Esch zur Diskussion, zum anderen ging es um den vorhabenbezogenen Bebauungsplan im Hägleweg. Hier will die Firma Real Massivhaus 98 Wohnungen bauen.

Die Sache ist, wie so häufig bei Bauprojekten, schwierig. Für das 8700 Quadratmeter große Wiesengrundstück gilt derzeit ein Bebauungsplan aus dem Jahr 1973. Doch nach diesem wäre eine Nachverdichtung, wie sie der Investor plant, nicht möglich. Das wiederum stellte sich allerdings erst heraus, als kritische Anwohner sich rechtlichen Beistand holten. "Die Bürger wurden 2016 benachrichtigt, dass das Baugesuch von Real Massivhaus verträglich ist mit dem alten Bebauungsplan", erinnert Heinz Tautkus (SPD), "aber da lag offensichtlich ein Planungsfehler vor." Dieses Verhalten habe Misstrauen geschürt – und nun fühlten sich "wieder einmal Anwohner über den Tisch gezogen", erläuterte Tautkus weiter. Kurz zuvor hatte die Interessengemeinschaft (IG) Jettenhausen, die aus Unmut über das Bauprojekt entstanden ist, einen offenen Brief an alle Gemeinderäte gesand. "Alle wesentlichen Punkte der eingegangenen Stellungnahmen von mehr als 600 Bürgern sollen nicht berücksichtigt werden", heißt es darin.

Zahlreiche Jettenhauser informierten sich über zwei Themen aus ihrer Nachbarschaft.
Zahlreiche Jettenhauser informierten sich über zwei Themen aus ihrer Nachbarschaft.

Ein wesentlicher Kritikpunkt der IG Jettenhausen ist, dass der Vertrauensschutz gebrochen werde. So schreibt ein langjähriger Anwohner, dass der damals verabschiedete Bebauungsplan ein lang ausverhandelter Kompromiss zwischen Bürgern und Verwaltung gewesen sei – und man sich damals auf ein Maximum von 55 Wohneinheiten in der Gartenvorstadt geeinigt hätte. Ein Fakt, den auch die Ausschussmitglieder kritisch beäugten. "Gibt es überhaupt Rechtssicherheit?", fragte Tautkus. Auch Magda Krom (CDU) wollte wissen, ob das Vorhaben juristisch korrekt ist. "Die Verwaltung kann nie Rechtssicherheit feststellen", erwidert Baubürgermeister Stefan Köhler, "aber unserer Meinung nach ist die Planung juristisch in Ordnung." Bereits im Vorfeld hatte die IG Jettenhausen angekündigt, den Rechtsweg zu gehen, sollte der Gemeinderat am 9. Oktober "Ja" zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan geben.

Für Diskussionen sorgten außerdem planerische Details, wie beispielsweise die Entwässerung des Gebiets, ein zwei Meter breiter Fußwegs im Osten der vier Gebäude, die Einrichtung einer zusätzlichen Bushaltestelle und die Zugänglichkeit der Fahrradstellplätze, die bisher unterirdisch in der Tiefgarage geplant sind. Der Fußweg müsste breiter sein, meinte etwa Gerhard Leiprecht (Grüne). Zudem seien drei schwere Türen zum Fahrradkeller eine zu große Hürde für die Radfahrer. Köhler bat hier die Planer um eine erneute Prüfung bis zum Gemeinderat und sagte zu, ins Gespräch mit dem Stadtverkehr FN wegen einer neuen Haltestelle zu gehen. Eine Zusage gab es außerdem von Planer Manuel Plösser vom gleichnamigen Architekturbüro: "Wir halten die Sozialquote für richtig und werden sie auch umsetzen, wenn auch nicht in einem Gebäude, sondern verteilter." Heißt also: 25 Prozent der zusätzlich geschaffenen Wohnungen sind mietpreisgebunden.

Am Ende gab es grünes Licht vom Technischen Ausschuss und eine klare Beschlussempfehlung an den Gemeinderat. Nur Magda Krom enthielt sich, aufgrund der "offenen Fragen in Sachen Rechtssicherheit".

Das ist geplant

Das Architekturbüro Plösser hat im Hägleweg vier Gebäude, drei- bis fünfstöckig, 98 Wohnungen, 136 Parkplätze, dazwischen begrünte Innenhöfe und Hochbeete für Hobbygärtner vorgesehen. Darunter sind 34 Zwei-Zimmerwohnungen, 56 Drei-Zimmerwohnungen und 8 Vier-Zimmerwohnungen. 25 Wohnungen sind barrierefrei. Dazu gibt es in der Tiefgarage Fahrradstellplätze. Am Montag, 9. Oktober, stimmt der Gemeinderat final über den vorhabenbezogenen Bebauungsplan ab. (sab)