Ihr Kleiner ist gerade sechs Wochen alt, aber Natalie Hofmann hat ihn schon bei drei Kindergärten angemeldet. Am liebsten wäre es ihr, wenn er wie sein vierjähriger Bruder Jakob einen Platz im Kindergarten St. Petrus Canisius bekäme. „Man muss sich frühzeitig darum kümmern und sich umsehen, welchen Kindergarten man will für das Kind“, sagt Hofmann. Jakob besucht den Kindergarten seit zwei Jahren und sie ist froh, dass das geklappt hat. Er geht gern und sie vertraut den Erzieherinnen.
Viele Eltern arrangieren sich mit den Öffnungszeiten
Ehe sie wieder in Elternzeit ging, war sie berufstätig, 21 Stunden in der Woche bei Zeppelin. „Ganztags arbeiten und einen Ganztagskindergarten habe ich für mich ausgeschlossen. So kann ich nachmittags noch etwas mit den Kindern machen“, sagt sie. Sie ist von der Arbeit immer gleich zum Kindergarten gefahren, um Jakob pünktlich um 14.30 Uhr abzuholen. „Eine halbe Stunde länger wäre für mich ideal, dafür könnte es morgens später losgehen. Ich will Jakob nicht wecken, damit er früh im Kindergarten ist“, sagt sie. Aber insgesamt sind die Zeiten für sie in Ordnung. Sie engagiert sich im Elternbeirat, auch von anderen Eltern kennt sie keine Klagen. „Es wäre viel wichtiger, dass die Arbeitgeber offener werden für Mitarbeiter mit Kindern, auch bei Männern“, sagt sie.

Unterschiedliche Betriebsformen
Über das Kindergartenportal melden Eltern ihre Kinder und den benötigten Betreuungsbedarf an. Auf dieser Grundlage erstellt die Stadt einen Bedarfsplan. Die katholischen Kindergärten stimmen sich mit den Eltern ab, sagt Ulrike Weiß, Kirchenpflegerin der katholischen Gesamtkirchengemeinde. Mit 16 Einrichtungen ist die katholische Kirche der größte Träger für Kindertageseinrichtungen in Friedrichshafen. Allerdings gilt für jedes Haus eine Betriebsform (Regelgruppe, verlängerte Öffnungszeiten oder Ganztag). „Im Rahmen dieser Betreuungspakete entscheidet das Kindergartenteam gemeinsam mit dem Elternbeirat in der Regel auf Basis einer Elternumfrage, wie die genauen Öffnungszeiten sind. Das ist sehr unterschiedlich. Da wird zum Teil um zehn Minuten gerungen, wann eine Gruppe öffnet oder schließt“, sagt Weiß.
Eltern plädieren für zusätzliche Angebote
Der Gesamtelternbeirat hat das Thema Öffnungszeiten bei seiner jüngsten Sitzung diskutiert. Die Eltern sehen durchaus Defizite. Die meisten sind zwar mit ihrer Situation und vor allem mit der Qualität der Betreuung zufrieden. „Aber für Paare, bei denen beide im Schichtdienst arbeiten, oder für Alleinerziehende, die andere Arbeitszeiten haben, reichen die Zeiten nicht aus“, sagt eine Mutter. „Man muss auch bedenken, dass manche Arbeitsplätze nicht im Häfler Stadtgebiet liegen“, ergänzt ein Vater. Auch Menschen, die im Rettungsdienst arbeiten, Ärzte oder Beschäftigte in der Gastronomie bräuchten andere Optionen. Die Eltern wünschen sich für solche Fälle längere Betreuungsmöglichkeiten am Abend und mehr Flexibilität. Sie könnten sich vorstellen, dass die Stadt einmal jährlich den tatsächlichen Bedarf abfragt.
FDP setzt sich für Einrichtung von neuen Gruppen ein
Für längere Öffnungszeiten setzt sich die FDP im Gemeinderat ein. „Wir haben beantragt, dass es ein oder zwei Gruppen in Friedrichshafen geben sollte, die deutlich längere Öffnungszeiten anbieten“, sagt Gemeinderätin Gaby Lamparsky. Die vorhandenen Angebote seien ausreichend für Büroarbeitsplätze oder, wenn ein Elternteil Teilzeit arbeite. Für Eltern, die Schicht arbeiten, etwa in der Pflege, und für Alleinerziehende sei es schwierig.
Stadt arbeitet an ergänzendem Angebot
Andrea Kreuzer, Pressesprecherin bei der Stadt, erzählt: „Wir hatten vor vielen Jahren bereits ein Betreuungsangebot in den späten Abendstunden mit der Option der Erweiterung. Aufgrund fehlenden Bedarfs wurde dieses Angebot am Standort des Klinikums Friedrichshafen wieder eingestellt." Wenn Kinder in Tagesrandzeiten versorgt werden müssen, ist das derzeit nur über Tagesmütter oder -väter möglich. „Wir erarbeiten derzeit gemeinsam mit dem Landkreis ein ergänzendes Betreuungsangebot in den Abendstunden, welches bei Bedarf flexibel dazu gebucht werden kann. Die Kinder könnte in den Räumlichkeiten eines Kinderhauses durch Tagespflegepersonen betreut werden“, sagt Kreuzer. Für neu geplante Kitas seien bisher keine längeren Öffnungszeiten geplant.
Wechsel der Betriebsform ist schwierig
Öffnungszeiten zu verlängern, sei nicht so leicht, sagt Kirchenpflegerin Weiß. Wenn eine Gruppe etwa mehr als sieben Stunden vorhalten will, muss sie die Betriebsform ändern. „Man benötigt für jede Änderung der Betriebsform eine neue Betriebserlaubnis des Kommunalverbands für Jugend und Soziales. Sobald mehr als sieben Stunden am Tag betreut wird, ändert sich die Betriebsform von verlängerten Öffnungszeiten auf Ganztag. Dann muss ein vollständiges Mittagessen angeboten werden und es muss ein Schlafraum vorhanden sein“, erklärt Weiß. Das sei in den meisten Einrichtungen allenfalls über Anbauten möglich.
Betreuungszeiten
2079 Kinder besuchen Kindergärten und Kindertagesstätten in Friedrichshafen. Sie können je nach Betreuungsform von 6.30 bis 18 Uhr betreut werden. 14 Häuser bieten Betreuungszeiten von zehn oder elf Stunden an. Am längsten hat von 6.30 bis 18 Uhr das Kinderhaus im Riedlepark geöffnet. Es folgen die Kindertagesstätte am Klinikum, die von 6.30 bis 17.30 Uhr öffnet sowie die Betriebskindertagesstätten von ZF und MTU und das Zwergenhaus (7 bis 18 Uhr).
Dazu kommen Regelgruppen, die sechs Stunden pro Tag geöffnet sind. Einrichtungen mit verlängerten Öffnungszeiten haben sechs oder sieben Stunden am Tag über die Mittagszeit offen, meist von 7 oder 7.30 Uhr bis 14 oder 14.30 Uhr.
Als Ganztagseinrichtung gelten alle Häuser, in denen die Kinder mehr als sieben und maximal elf Stunden am Tag bleiben können. Insgesamt 43 Kindertageseinrichtungen gibt es im Stadtgebiet von Friedrichshafen. Sie werden von verschiedenen Trägern unterhalten, der größte ist die katholische Gesamtkirchengemeinde mit 16 Einrichtungen. (cor)