Friedrichshafen – Friedrichshafen wächst. Nicht nur durch Zuzug, sondern auch durch immer mehr Kinder, die in der Zeppelinstadt geboren werden. Gab es vor fünf Jahren noch 2961 Kinder im Alter bis zu sechs Jahren, so sind es derzeit 3462, also fast exakt 500 Kinder mehr. Dieser Kindersegen für die Stadt resultiert freilich auch aus neuen Baugebieten, in denen sich gern junge Familien ansiedeln, ob in der Ortsmitte Fischbach, in Wiggenhausen, Berg, Ettenkirch oder Kluftern. Und weitere große Bauprojekte wie im Hägleweg oder in Allmannsweiler stehen in den Startlöchern.

Rund 400 neue Betreuungsplätze seit 2014 entstanden

Die Stadt hat versucht, mit der Entwicklung mitzuhalten und die Zahl der Betreuungsplätze anzupassen. Doch sie kommt kaum nach, besonders für die Jüngsten. Rund 400 Plätze sind seit 2014 dazugekommen, davon aber nur 104 neue Plätze für die unter Dreijährigen. Seit 2013 haben die Eltern unter Dreijähriger in Deutschland aber unter gewissen Bedingungen einen Rechtsanspruch auf Betreuung. Dabei ging der Gesetzgeber anfangs davon aus, dass Städte und Gemeinden diesem Rechtsanspruch gerecht werden, wenn sie für rund ein Drittel ihrer "U3"-Kinder ab einem Jahr einen Betreuungsplatz vorhalten. Doch diese Quote hält vielerorts – auch in Friedrichshafen – nicht mit dem Bedarf vor Ort mit.

Krippenangebot kaum ausgebaut

Aktuell gibt es für 1823 Kinder im Alter bis zu drei Jahren 524 Betreuungsplätze. Und die sind sehr stark nachgefragt. Denn das Angebot für das Krippenalter ist seit 2015 trotz steigender Kinderzahlen reduziert worden. Vor drei Jahren gab es 536 Krippenplätze, 2016 nur noch 518 und im laufenden Kindergartenjahr auch nur sechs mehr.

Zu wenig, hat die Stadtverwaltung erkannt und schlägt mit dem neuen Kindergartenbedarfsplan, der am Montag im Gemeinderat besprochen und beschlossen werden soll, einen Ausbau der Krippenplätze vor allem mit verlängerter Öffnungszeit und in der Ganztagsbetreuung vor. 29 zusätzliche Plätze sollen im nächsten Kindergartenjahr geschaffen werden.

Weiter keine Plätze für auswärtige Kinder in Häfler Kitas

Aber auch für die Drei- bis Sechsjährigen sieht die Stadt die dringende Notwendigkeit, die Zahl der Betreuungsplätze in den Kindertagesstätten auszubauen, auch hier vor allem mit verlängerter Öffnungszeit und in der Ganztagsbetreuung. "Ausnahmslos alle Plätze werden benötigt, um den in Friedrichshafen vorherrschenden Bedarf zu decken", schreibt die Verwaltung in der Vorlage für die Ratssitzung. Weil die Nachfrage so groß ist, soll das Gremium erneut absegnen, dass weiterhin keine auswärtigen Kinder in Häfler Kitas aufgenommen werden – von Ausnahmen abgesehen, die das Amt genehmigen muss. Darüber hinaus sei es aber "dringend erforderlich, dass weitere Plätze geschaffen werden", wirbt das Rathaus um Zustimmung für einen Platzausbau, den es in diesem Umfang sehr lange nicht in Friedrichshafen gab.

Über 200 neue Plätze geplant

Neben den 29 Krippenplätzen sollen 174 zusätzliche Plätze in den Kindergärten geschaffen werden. 114 davon sind genau genommen schon da, nur nicht belegt. In den meisten Kitas soll ab September die sogenannte Höchstgruppenstärke gelten, die bis zu 28 Kinder in einer Halbtagsgruppe oder 25 in einer Gruppe mit verlängerter Öffnungszeit erlaubt. Neue Angebote wird es mit dem dreigruppigen Ganztagskinderhaus Seehasen im Competence Park und mit einem temporären Kindergarten im Max-Grünbeck-Haus mit zwei Gruppen und verlängerter Öffnungszeit geben. Letzteres soll die Zeit bis zur Eröffnung der neuen Kita im Karl-Olga-Park überbrücken. Mit dem neuen Waldkindergarten in Kluftern und zwei zusätzlichen Gruppen im Kindergarten Ettenkirch und Kluftern wird der Druck auf die Betreuungssituation in beiden Ortschaften gemindert. Kurzfristig geplant ist in den nächsten Monaten zudem die Einrichtung eines Interimskindergartens im Wohngebiet Wiggenhausen/Allmannsweiler sowie an der Schule in Fischbach. In der Summe will die Stadt Friedrichshafen so kurzfristig über 220 weitere Kita-Plätze anbieten können.

Drei Kitas sollen erweitert, drei neue gebaut werden

Aber selbst dieser – im Vergleich der vergangenen Jahre – massive Ausbau des Betreuungsangebots reicht nicht aus, führt die Stadtverwaltung in der Vorlage aus. Bedingt durch eine höhere Geburtenrate und die Nachverdichtung in der Stadt, sollten "mittelfristig angedachten Maßnahmen zeitnah umgesetzt werden", steht da. Die Rede ist von der Erweiterung dreier Kitas: Kinderkrippe Lummerland im Fallenbrunnen, Kindergarten zum Guten Hirten und Kinderkrippe Sonnenschein in Ailingen. Dazu kommen drei neue Kitas. Neben dem Kinderhaus im Karl-Olga-Park soll an der Grundschule in Fischbach ein Kindergarten gebaut werden. Auch ein neuer Kindergarten in Jettenhausen ist im Gespräch.

Immer mehr Berufstätige

Die Zahlen des Mikrozensus 2016 belegen für Baden-Württemberg, dass Mütter heute ganz anders erwerbstätig sind als noch vor zehn Jahren. Ist das jüngste Kind jünger als ein Jahr alt, waren 2016 weniger als acht Prozent der Mütter aktiv erwerbstätig. 2008 lag der Anteil noch bei knapp 14 Prozent. Mütter von Kindern im Alter von einem bis unter zwei Jahren waren 2016 hingegen zu 41 Prozent erwerbstätig, was zehn Prozent mehr sind als im Jahr 2008. Sind die Kinder bereits zwei bis unter drei Jahre alt, waren 2016 sogar schon über die Hälfte (56 Prozent) der Mütter erwerbstätig. Im Jahr 2008 lag dieser Anteil nur bei 43 Prozent. Mehr Mütter stiegen 2016 vollständig und dafür kürzer aus dem Beruf aus als noch im Jahr 2008. (kck)

 

 

Mehr Plätze kosten mehr Geld

Der Ausbau des Betreuungsangebots in den Häfler Kinderbetreuungseinrichtungen zieht enorme Mehrkosten nach sich.

  • Stiftungshaushalt:Der Ausbau um rund 200 Plätze in den Kindertagesstätten schlägt nach Angaben der Stadtverwaltung im Vergleich zum aktuellen Kindergartenjahr für 2018/19 mit insgesamt 1,8 Millionen Euro mehr zu Buche. Davon entfallen rund 1,63 Millionen Euro auf Personal- und Sachkosten. Die Kosten, die aus dem Haushalt der Zeppelinstiftung bezahlt werden, summieren sich auf insgesamt 25,4 Millionen Euro. Darin enthalten sind auch Freiwilligkeitsleistungen der Stadt, beispielsweise für die Sprachförderung, die zusätzliche Freistellung der Gruppenleitung, für das Krankheitsvertretungsbudget oder die Vergütung von Praktikas. Dafür sind rund 2 Millionen Euro veranschlagt.
  • Städtischer Haushalt: Obendrauf zahlt die Stadt aus dem städtischen Haushalt rund 1,1 Millionen Euro für die Betriebskindergärten von ZF und MTU sowie zwei Projekte. Insgesamt belaufen sich die Kosten für die Kitas in der Stadt im kommenden Kindergartenjahr damit schätzungsweise auf rund 26,5 Millionen Euro.
  • Personalbedarf: Durch mehr Gruppen und Änderungen bei der Betreuungsform, beispielsweise verlängerte Öffnungszeit statt Halbtagsbetreuung, müssen 22 Vollzeitstellen zusätzlich geschaffen werden. Damit steigt die Zahl der Fachkräfte auf 375. (kck)