Georg Wex und Mona Lippisch

Hier ein leer stehendes Geschäft, dort noch eines, da ein weiteres: Wer in den vergangenen Wochen und Monaten durch die Friedrichshafener Innenstadt ging, konnte das nicht übersehen. Doch das ändert sich gerade, berichtet Thomas Goldschmidt, Geschäftsführer der Stadtmarketing Friedrichshafen GmbH. Dem Eindruck, die Häfler Innenstadt sei für manche Geschäfte zu unattraktiv, widerspricht er. "Es sind zufällig sehr viele Leute in den Ruhestand gegangen", erläutert Goldschmidt. Dazu komme, dass in der Vergangenheit Wechsel nicht so auffielen, weil die Geschäfte bei Besitzerwechseln unter dem eingeführten örtlichen Namen weitergeführt wurden. Nun sei es schwieriger geworden, Nachfolger zu finden.

Heute seien vor allem Einzelhandelsketten aktiv, die dann ihren überregionalen Namen und andere Verkaufskonzepte nutzen. "Insgesamt sieht die Situation sehr gut aus", sagt Goldschmidt. Mit den Geschäften, die gerade und in Kürze neu aufmachen, liege der Leerstand in Friedrichshafen unter fünf Prozent. Gegenwärtig sei nur noch bei zwei bis drei Ladenlokalen die Besetzung in der Schwebe.

Nachdem das "Marktkörble" am Buchhornplatz geschlossen hat, werden die Räume aktuell renoviert. Die Neueröffnung des Modegeschäfts Witt ...
Nachdem das "Marktkörble" am Buchhornplatz geschlossen hat, werden die Räume aktuell renoviert. Die Neueröffnung des Modegeschäfts Witt Weiden ist auf den 5. März datiert. | Bild: Mona Lippisch

Wo hat gerade ein Geschöft neu eröffnet, wo steht die Eröffnung bevor? Nicht bei sämtichen Neubesetzungen ist alles bekannt. "Das Geschäft lebt von der Vertraulichkeit", sagt Goldschmidt. Diese Besetzungen aber sind klar: Witt Weiden (Damenmode und Wäsche) zieht am Buchhornplatz in die bisherigen Räume des Marktkörble, Eröffnung ist Anfang März. In die ehemalige Hamma-Filiale in der Wilhelmstraße zieht ein Camel Active Store ein, ebenfalls in der Wilhelmstraße kommt in den Gabor Store nun Rieker (Schuhe und Taschen).

In der Karlstraße 11 wird wieder eine Boutique eröffnen (Modelena). In den ehemaligen Seeverlag erweitert das Geschäft Louise. In der Buchhorn-Passage hat die Tanzschule Desweemer eröffnet. Auch in der Charlottenstraße tut sich etwas, dort hat Schupp City Garden (Blumen, Pflanzen) eröffnet, Back2Motion (Physio und medizinische Trainingstherapie) eröffnet in Kürze. Es gebe auch durchaus weitere Interessenten, die in Friedrichshafen suchen, beispielsweise Nordsee, sagt Goldschmidt.

Dass diese neuen Geschäfte bald fest zum Straßenbild der Innenstadt gehören, weckt beim Häfler Stadtforum Zuversicht. "Über die zahlreichen Neuvermietungen in so kurzer Zeit freuen wir uns daher sehr", sagt Stefan Lanz, Vorsitzender des Stadtforums. Die zahlreichen Geschäftsschließungen zum Jahresende hätten viele Häfler aufgeschreckt. "Auf einen Schlag wurde für ungewöhnlich viele Ladenlokale ein neuer Mieter gesucht. Das war ein echter Stresstest für die Attraktivität der Innenstadt als Handels-, Dienstleistungs- und Freizeitstandort", sagt Lanz. Er betont, dass die Veränderungen sogar weit über den Handel hinaus gehen. Es werde an vielen Ecken gebaut – ob Radschnellweg oder neues Hallenbad. "Wir leben in Zeiten schneller und andauernder Veränderungen. Das sorgt natürlich auch für Ängste oder Bedenken bei vielen Menschen." Die Neueröffnungen würden den Kunden und Besuchern zeigen, dass die Stadt lebt und sich weiterentwickelt. "Wenn man betrachtet, wie positiv sich die Innenstadt in den letzten fünf Jahren verändert hat, dann versprechen auch die derzeitigen Entwicklungen, dass es weiter vorangehen wird", sagt Lanz.

Sandra Weiß, Inhaberin des Bekleidungs- und Accessoiregeschäftes Louise, weiß Friedrichshafen als Einkaufstadt zu schätzen. "Wir sehen die Chancen, die uns der Standort hier bietet", begründet Weiß ihre Entscheidung, Mitte März ein zweites Geschäft in der Karlstraße zu öffnen. Sie spricht von einer hohen Frequenz in ihrem Laden – nicht nur in den Sommermonaten. "Gerade in den vergangenen zwei Monaten war total viel los, ich kann mich nicht beklagen", sagt Weiß. Das Problem der Zeppelinstadt sind ihrer Meinung nach zu wenig inhabergeführte Geschäfte und im Umkehrschluss zu viele Ketten. "Von Kunden höre ich häufig, dass es immer weniger Sortimentsvielfalt gibt und ihnen die interessanten Läden fehlen", berichtet Weiß.

Das Eckgebäude Karl-/Dammstraße wird saniert. Ehemals war das Trendhaus dort untergebracht. Nach Auskunft von Ulrike Weiß, ...
Das Eckgebäude Karl-/Dammstraße wird saniert. Ehemals war das Trendhaus dort untergebracht. Nach Auskunft von Ulrike Weiß, Kirchenpflegerin der Katholischen Gesamtkirchengemeinde, die das Gebäude besitzt, laufen konkrete Verhandlungen für ein "attraktives Geschäft" im fertigen Gebäude. | Bild: Mona Lippisch

Positiv steht auch Walter Ammann den Veränderungen gegenüber. Er ist Inhaber des Sportgeschäfts Bauer-Schlegel. "Neue Geschäfte bringen neue Angebote. Das wirkt sich bedeutend auf die Entwicklung für Friedrichshafen als Einkaufsstadt aus. Das ist schön." Ammann ist sich sicher: Das Angebot in der Innenstadt ist besser als der Ruf. "Wir haben alles, was es auf dem internationalen Markt gibt", sagt Ammann. "Viele Dinge sind vorhanden, aber die Leute wissen es nicht", meint Stadtmarketing-Chef Goldschmidt.

 

Einzelhandel und Kunden

Insgesamt rund 410 Einzelhändler gibt es laut Gutachten der Dr.-Donato-Acocella-Stadt- und Regionalplanung, das 2012/2013 erarbeitet wurde und nach Auskunft von Thomas Goldschmidt, Geschäftsführer der Stadtmarketing Friedrichshafen GmbH, noch Geltung hat, in Friedrichshafen. Angefertigt wurde das Gutachten für die Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts. Die Verkaufsfläche beträgt danach rund 127 100 Quadratmeter und der Umsatz etwa 411,6 Millionen Euro. Der größte Teil, 62 bis 63 Prozent, kommt von Kunden aus Friedrichshafen, das Umland macht 26 bis 27 Prozent aus, die Schweiz vier bis fünf Prozent und die Touristen etwa sechs bis acht Prozent. Nach einer Befragung der Passanten kommen 47 Prozent aus der Stadt, 37 Prozent aus dem Umland und 16 Prozent aus dem Ausland oder dem übrigen Deutschland.