Paukenschlag zum Ende des zweiten Verhandlungstags vor dem Landgericht Hechingen: Verteidiger Georg Menz hat einen Antrag auf Haftentlassung des 41-jährigen Fahrlehrers aus dem Landkreis Sigmaringen gestellt. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, mehrere Fahrschülerinnen während der praktischen Fahrstunden sexuell belästigt zu haben, übergriffig geworden zu sein und eine 17-Jährige mindestens sechsmal vergewaltigt zu haben.

Sicherheit ist gefährdet

Sein Anwalt begründete den Antrag damit, dass es keinen Haftgrund gebe, weil er die Glaubwürdigkeit der 17-jährigen Fahrschülerin infrage stelle und weil die Sicherheit seines Mandanten, der seit 18. März in der Justizvollzugsanstalt in Hechingen in Untersuchungshaft sitzt, gefährdet sei. Er habe bereits von einem Insassen eine Ohrfeige kassiert. Stattdessen könne der Fahrlehrer vorübergehend bei seinem Ziehvater in Pfullendorf wohnen. Seine Ehefrau würde ihn nicht mehr bei sich zu Hause aufnehmen. Beim dritten Verhandlungstag am 19. August werden die Eltern der 17-Jährigen in den Zeugenstand gerufen.

Psychische Probleme

Der Vorsitzende Richter Volker Schwarz erhofft sich von den Zeugenaussagen der Eltern der 17-jährigen Hauptbelastungszeugin weitere wichtige Erkenntnisse bei der Beweisaufnahme. Das vermeintliche Vergewaltigungsopfer zog als Jugendliche von Zuhause aus und soll nach Angaben des Verteidigers psychische Probleme haben. Die nicht öffentliche Vernehmung ihres Ex-Freundes sei nicht sehr ergiebig gewesen, sagte Schwarz, der selbst seine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeugin hat.

Er bleibt bei seiner Version

Daher ist es gut möglich, dass im weiteren Prozess noch ein unabhängiger Gutachter die Glaubwürdigkeit der 17-Jährigen beurteilen soll, die in einem Zeitraum von fünf Monaten an abgelegenen Orten zum Geschlechtsverkehr gezwungen sein soll. Der Beschuldigte gibt zu, mit ihr Geschlechtsverkehr gehabt zu haben – allerdings einvernehmlich, weil die beiden eine Affäre miteinander hatten, die er beendete.

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Gleiches Muster

Indes hat der Angeklagte offensichtlich immer nach dem gleichen Muster gehandelt, wie am Dienstagnachmittag die übereinstimmenden Zeugenaussagen von zwei weiteren minderjährigen Fahrschülerinnen ergaben, die den Beschuldigten belasteten. Er machte ihnen anfangs Komplimente, baute in den ersten Fahrstunden Vertrauen zu ihnen auf, um sie dann sexuell zu belästigen. Beide Fahrschülerinnen sagten aus, dass er ihnen während der Fahrt an den Oberschenkel gefasst habe. Nicht nur das. „Er hat sogar geschaut, ob mein BH richtig sitzt“, sagte eine Fahrschülerin. Und er soll immer wieder Pausen auf Parkplätzen eingelegt haben, wo er die Fahrschülerinnen umarmt haben soll. Die Fahrschülerinnen sollen von ihm auch nach Nacktfotos für einen Kalender für seine Ehefrau gefragt worden sein – Fotos von den jungen Frauen oder Fotos von ihm.

Sie schickt ihm rote Herzen

Der 41-Jährige steht zudem auch unter Verdacht, sexuell übergriffig geworden zu sein. Er soll während der Fahrt sein Glied aus der Hose geholt haben und versucht haben, die Hand seiner Fahrschülerin in seinen Intimbereich zu führen. Die Fahrschülerin fiel bei der ersten Prüfung durch und wollte den Führerschein, weshalb sie erst nach dem Erwerb des Führerscheins Anzeige bei der Polizei erstattete. Insgesamt zehn Anteigen lagen der Polizei vor, die sich hinterher auch den Chatverlauf mit der 17-Jährigen anschaute, der einige Ungereimtheiten enthielt, auch wenn es keine eindeutigen Hinweise auf eine mögliche Affäre gab. Die schrieben sich gegenseitig per WhatsApp, wenn es ihnen schlecht ging, um von ihren Problemen zu berichten. Und sie schickte ihm außerdem zwei Nachrichten mit einem roten Herz-Emoji – aus Versehen, wie sie bei der Vernehmung der Polizei schilderte.

Ein weiterer Tatvorwurf, der im Raum steht: Der Angeklagte, der gelegentlich wieder unter Tränen die Verhandlung verfolgte, soll die 17-Jährige während der Fahrt auf der Autobahn zum Oralsex gezwungen haben. Beamte des Kriminalkommissariats stellten den mutmaßlichen Vorfall in einem baugleichen Fahrschulauto nach – nur dass das Auto still stand. Der Kriminalhauptkommissar hält dies auf Nachfrage des Verteidigers auch bei einer Fahrt mit hoher Geschwindigkeit auf der Autobahn für möglich.

Vater beschwert sich bei Fahrschulinhaber

Der Inhaber der Fahrschule, für die der 41-Jährige nach einigen Fahrschulwechseln ab Oktober 2023 vor seiner Verhaftung zuletzt beschäftigt war, kennt den Beschuldigten seit der gemeinsamen Bundeswehrzeit, ist sogar sein Trauzeuge. Er könne sich an eine Beschwerde eines Vaters erinnern, dessen Töchter sich ebenfalls sexuell belästigt fühlte. Allerdings bestritt der Fahrlehrer auf Nachfrage des Inhabers den Vorwurf. Bleibt noch die Frage, warum die jungen Frauen sich nicht schon früher an den Fahrschulinhaber, an ihre Eltern oder die Polizei gewandt hatten? „Sie hatten Angst“, sagte der Kriminalhauptkommissar, was wiederum eine Zeugin bestätigte. „Ich habe mich nicht getraut, etwas zu sagen.“