Um die schwere Krise beim Friedrichshafener Zulieferer ZF abzuwenden, hat die IG Metall Staatshilfen ins Spiel gebracht. „Es braucht politische Antworten auf die sich zuspitzende Lage“, sagte Barbara Resch, Bezirksleiterin der IG Metall in Baden-Württemberg, am Rande einer Demonstration mehrerer Tausend Beschäftigter am Stammsitz des Unternehmens. „Das Land kann nicht auf seine Zulieferindustrie verzichten“, sagte Helene Sommer, erste Bevollmächtigte der Gewerkschaft am Bodensee. Die Politik müsse etwas tun, um die Strukturen bei den Zulieferbetrieben zu bewahren.

Zuvor hatte ZF-Konzernbetriebsratschef Achim Dietrich gesagt, die Finanzierungsmöglichkeiten brächen den Betrieben weg. „Wir brauchen faire Zinsen“. Die Konditionen, zu denen sich Betriebe wie ZF derzeit Geld am Markt beschaffen könnten, seien „unanständig“. Auf Nachfrage sagte ein ZF-Sprecher dem SÜDKURIER, ZF äußere sich grundsätzlich nicht öffentlich zu Fragen möglicher Finanzierungen, sondern allenfalls nach Abschluss entsprechender Vereinbarungen. Unabhängig davon seien Kredite nie Geschenke, sondern müssten bedient werden.

Auch Schaeffler und Porsche riefen schon nach dem Staat

Rufe nach Staatshilfen hat es Jahre nicht mehr gegeben. Zuletzt wurden sie während Corona, vor allem aber während der Wirtschafts- und Finanzkrise laut. Damals klopften Firmen wie Porsche, aber auch Zulieferer wie Schaeffler beim Staat wegen Krediten oder Bürgschaften an. Gewährt wurde den Unternehmen nach langer Diskussion aber kein Geld.

Mitarbeiter der ZF Friedrichshafen demonstrieren im Regen vor dem Forum des Automobilzulieferer-Konzerns. Selbst zeitweiser Hagel hält ...
Mitarbeiter der ZF Friedrichshafen demonstrieren im Regen vor dem Forum des Automobilzulieferer-Konzerns. Selbst zeitweiser Hagel hält sie nicht ab. | Bild: Felix Kästle, dpa

ZF drücken hohe Schulden von mehr als zehn Milliarden Euro. Bei der Rückzahlung ist man weit hinter Plan. Unter anderem haben Zins und Tilgung im vergangenen Geschäftsjahr zu einem hohen Verlust geführt. Dietrich sagte, ZF sitze „in der Schuldenfalle“. Am Donnerstag präsentiert der Vorstand die Zahlen für die ersten sechs Monate von 2025.

Tausend Führungskräfte demonstrieren mit

Am Dienstag hatten an rund 20 ZF-Standorten deutschlandweit Tausende Beschäftigte die Arbeit niedergelegt, um gegen Kürzungspläne des Vorstands zu demonstrieren. Allein am Friedrichshafener Stammsitz kamen nach Angaben des Betriebsrats bis zu 6000 ZF-Beschäftigte zusammen.

Fast 5000 waren es den Angaben zufolge in Schweinfurt, wo die E-Division des Unternehmens angesiedelt ist. Diese soll nach Willen des Vorstands ausgegliedert und möglicherweise verkauft werden. Der Schritt beträfe weltweit 33.000 Mitarbeiter und einen Umsatz von rund zehn Milliarden Euro.

Wichtiger Mann bei der ZF: Finanzvorstand Michael Frick. Er hat die Aufgabe, der hochverschuldeten ZF genügend Liquidität am Markt und ...
Wichtiger Mann bei der ZF: Finanzvorstand Michael Frick. Er hat die Aufgabe, der hochverschuldeten ZF genügend Liquidität am Markt und bei Banken zu besorgen. Für 2025 und 2026 sei man abgesichert, heißt es. Aber die Schulden steigen immer weiter. | Bild: Felix Kästle, dpa

Vor der Konzernzentrale forderten die Demonstranten Vorstand und Aufsichtsrat auf, keine weiteren Kürzungen bei Arbeitszeit und Löhnen vorzunehmen, sowie die Verlagerung in Billiglohnländer zu stoppen. Stattdessen sollten mehr neue Produkte entwickelt werden, um nach der Krise technologischen Anschluss zu behalten. Die Kunden wollten die ZF-Produkte, es werde aus Kostengründen aber teils keine Akquise mehr gemacht“, sagte Standort-Betriebsratschef Franz-Josef Müller.

Herbe Einschnitte geplant?

Nach Angaben des Betriebsrats beteiligten sich an der Protestaktion erstmals „mindestens Tausend Entwickler“ und Führungskräfte des Unternehmens. „Heute waren Führungskräfte dabei, die ich in Jahrzehnten noch nie auf der Straße gesehen habe“, sagte Müller. Nach bereits erfolgten Stellenstreichungen schafften die Beschäftigten die Arbeit nicht mehr. Von mehreren Führungskräften habe es eine erste Anzeige beim Betriebsrat wegen Leistungsüberforderung gegeben, hieß es.

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Dietrich sagte, es gebe Forderungen seitens ZF „im Konzern 20 Prozent der Stellen in der Verwaltung zu streichen“. „Wenn der Vorstand mit seinen Plänen durchkommt, rechnen wir mit 25 bis 30 Prozent eines Jahresgehaltes, das künftig für einen Beschäftigten, etwa am Standort Friedrichshafen, nicht mehr gezahlt wird“, sagte Dietrich. Nach „schmerzhaften Einschnitten, die bereits erfolgt seien, seien die Taschen der Belegschaft jetzt „zugenäht“, sagte er.

ZF-Sprecher: Mehr Sparbeiträge auch von der Belegschaft nötig

Ein ZF-Sprecher sagte, es brauche weitere Sparbeiträge, um die schwierige Lage in den Griff zu bekommen, auch bei der Belegschaft. Die bisherigen Sparbemühungen seien erfolgreich, reichten aber nicht aus. Preislich sei ZF mit seinen deutschen Werken in vielen Fällen nicht wettbewerbsfähig, sagte der Sprecher.