Kurz vor der Kommunalwahl stand das Thema am Montagabend doch noch einmal auf der Tagesordnung des Gemeinderats. Bereits vor einem halben Jahr hatten die Freien Wähler bei der Stadtverwaltung ein Gesamtkonzept für den Fallenbrunnen, wahlweise auch für das Areal Oberhof III, beantragt. Die Wohnungsnot zwinge zu schnellem und effektivem Handeln, schrieb die FWV in ihren Antrag. Trotzdem solle das Quartier nicht beliebig stückweise bebaut werden, sondern ein Konzept mit dem Blick fürs Große und Ganze erstellt werden. Das Rathaus sollte einen Weg dahin vorschlagen – und das tat die Verwaltung mit einer umfangreichen Vorlage, die aber im Rat mehr Fragen aufwarf als Antworten lieferte.
Fallenbrunnen Nordost und Oberhof III sind die größten Baulandreserven auf städtischem Grund. Im Wohnbaugebiet Oberhof könnten auf rund 7,5 Hektar über 300 neue Wohnungen entstehen. Dieses Areal allein bildet nach Aussage von Baubürgermeister Stefan Köhler knapp 36 Prozent aller Wohnbauflächen, die Friedrichshafen im Eigentum hat. Im Mischgebiet Fallenbrunnen-Nordost, das 10,8 Hektar umfasst, könnten es 130 werden, legte die Stadtverwaltung vor zwei Jahren dar, als der Rat das Wohnraumförderprogramm verabschiedet hat. Da hieß es, diese Zukunftsquartiere könnten ab 2020 entwickelt werden. Im Fallenbrunnen soll parallel Platz für innovatives Gewerbe geschaffen werden.

Doch gerade eine Überbauung der Fläche Oberhof III mit der Schätzlesruh und dem Landwirtschaftsbetrieb Wolpold, der seine Existenzgrundlage verlieren würde, ist seit Jahren politisch stark umstritten. Im Mai 2017 wurde das Rathaus beauftragt, das Gebiet zunächst weitreichend zu analysieren, bevor es entwickelt wird. Ob das geschehen ist, geht aus der aktuellen Ratsvorlage nicht hervor. Hier stand eher salomonisch, dass man zunächst über die "grundsätzlichen Zielrichtungen" offen diskutieren und beraten müsse. Auf der anderen Seite sei eine städtebauliche Entwicklung "zielführend" – nicht zuletzt, weil die Stadt die Flächen für viel Geld gekauft hat.
Daniel Oberschelp: "Nicht verknuddeln, was nicht zusammen gehört"
Diese politische Grundsatzdebatte zum heiklen Thema Oberhof III fand am Montagabend allerdings nicht statt. Die Diskussion über den Antrag der Freien Wähler ging in eine gänzlich andere Richtung. Alle anderen Fraktionen sehen keine Notwendigkeit, die Entwicklung von Fallenbrunnen und Oberhof gemeinsam zu betrachten, quasi eine Art Masterplan zu machen. "Wir sollten nicht verknuddeln, was nicht zusammen gehört", brachte es Daniel Oberschelp auf einen Nenner.
Dagmar Hoehne: "Wir sind nicht verrückt geworden"
Dagmar Hoehne verteidigte den Vorschlag ihrer Fraktion. Die sei "nicht verrückt geworden, das kurz vor der Wahl in den Rat zu bringen", sagte sie. Der Antrag zielte hauptsächlich darauf ab, über Pläne im Oberhof III überhaupt mal zu diskutieren. "Probleme werden nicht kleiner, wenn man sie verdrängt", sagte sie. Ihre Fraktion wolle einen Prozess anschieben, der ergebnisoffen sei. Dabei könne auch herauskommen, dass der Oberhof nicht oder nur zum Teil bebaut werde. "Aber wir brauchen doch einen Plan, was wir mit diesem wertvollen Gebiet Sinnvolles anstellen", erklärte Dagmar Hoehne. Diese Haltung teilte auch Gerlinde Ajiboye-Ames (FDP), die es noch deutlicher formulierte. "Oberhof darf kein Tabu-Thema mehr sein." Über den Oberhof zu sprechen, das können sich inzwischen auch die Grünen vorstellen – aber nur dann, wenn auch die "Nicht-Entwicklung" oder eine Nutzung als Naherholungsgebiet möglich seien, erklärte Ulrich Heliosch.
Mirjam Hornung: "Bürger erwartet, dass wir Oberhof thematisieren"
Bisher habe es am Willen des Rates und der Verwaltung gefehlt, in Sachen Oberhof "weiter zu gehen", sagte Mirjam Hornung (CDU). Der Bürger erwarte aber, dass auch der Oberhof thematisiert werde. "In anderen Stadtteilen wird kräftig nachverdichtet, zugepflastert und hochgebaut, wie in Jettenhausen." Die CDU warte hier auf eine Vorlage der Verwaltung. Baubürgermeister Stefan Köhler widersprach: 2014 habe der Rat den Grundstückskauf am Oberhof für Wohnbauzwecke beschlossen, nur Monate später aber die vom Rathaus vorgeschlagene Siedlungsentwicklung mehrheitlich abgelehnt.
OB Andreas Brand: "Erst Projekt Uferpark abschließen"
So fiel am Ende der von der Verwaltung vorgeschlagene Grundsatzbeschluss, welchen Weg die Stadt einschlägt, um Fallenbrunnen-Nordost und Oberhof III perspektivisch zu entwickeln, herunter. Mit ihm auch der "mögliche" Zeitplan, der für den Fallenbrunnen nach einer langen Planungsphase mit Workshops und Bürgerbeteiligung Baurecht ab Anfang 2023 und im Oberhof II ab frühestens Mitte 2024 vorsah. Nach fast zweistündiger Diskussion erklärte Oberbürgermeister Andreas Brand, dass die Stadtverwaltung mit dem Uferpark ein so großes Projekt vor der Brust habe, dass er dies gern erst abschließen würde, bevor mit dem Oberhof das nächste große Projekt starte. Letztlich stimmte der Rat dafür, über die Entwicklung der beiden Gebiete separat und erneut zu sprechen – über den Fallenbrunnen in absehbarer Zeit, über Oberhof III "später".
Altlasten im Fallenbrunnen
Seit 2015 befindet sich das gesamte Areal der früheren Flakkaserne im Fallenbrunnen, insgesamt eine Fläche von 37 Hektar, im Eigentum der Stadt. Das Areal im Nordosten ist 13,6 Hektar groß. Auf einer Fläche von 10,8 Hektar ist ein Mischgebiet für innovatives Gewerbe und Wohnungen vorgesehen. Einen Bebauungsplan gibt es noch nicht. Derzeit sind in den alten Hallen noch Gewerbebetriebe angesiedelt, die aber mit einer Kündigung ihrer befristeten Miet- oder Pachtverträge schon seit Jahren und nun akut rechnen müssen. Die Stadt muss bis zum Jahr 2021 mit der Beseitigung von Kampfmitteln und Altlasten im Fallenbrunnen Nordost beginnen, um Fördergelder in Höhe von bis zu 3,4 Millionen Euro dafür vom Bund zu erhalten. So wurde es beim Verkauf der Fläche an die Stadt vereinbart, erklärte Baubürgermeister Stefan Köhler am Montagabend in der Ratssitzung. Erst nach der Altlastensanierung, die bis zu drei Jahre dauern kann, könne man konkret weiter planen. Bis dahin will der Gemeinderat in Klausur gehen und Ideen für eine bedarfsgerechte Quartiersentwicklung besprechen. (kck)