Auch in der Unternehmenszentrale von Vaude im oberschwäbischen Obereisenbach sind die Büros geisterhaft leer, in der Kantine sitzen immer nur zwei Mitarbeiter an einem Tisch, die sonst übliche Betriebsamkeit bei dem Bergsportausrüster ist einer fast unheimlichen Ruhe gewichen. An den Eingangstüren hängen Hinweise zur Hygiene und Verhaltenshinweise in Zeiten der Corona-Pandemie. Vaude-Chefin Antje von Dewitz sitzt allein in ihrem Besprechungszimmer und leitet gerade eine Video-Konferenz, mit Mitarbeitern, die derzeit von zu Hause im Home Office arbeiten.
200 Mitarbeiter sind im Homeoffice
Erstmals in der Geschichte des Unternehmens musste nun auch ein Teil der Vaude-ler in Kurzarbeit geschickt werden. „Das hat mich schon sehr bewegt, weil mir klar ist, was das für meine Mitarbeiter bedeutet, auch wirtschaftlich“, erzählt Antje von Dewitz. Fast 200 der 500 Mitarbeiter, die nicht Kurzarbeit haben, arbeiten von zu Hause aus. „Bei wurde Homeoffice auch vor Corona schon breit genutzt, aber so digital wie jetzt waren wir tatsächlich noch nie, aber das funktioniert alles bisher ziemlich reibungslos“, berichtet die Firmenchefin.
Umsatzeinbußen von mehreren Millionen Euro
Antje von Dewitz verliert trotz der Krise nicht ihren Mut, auch wenn sie schon jetzt mit Umsatzeinbußen von mehreren Millionen Euro in diesem Jahr ausgeht. Der Absatz ist aufgrund der Ladenschließungen in Deutschland sowie in vielen europäischen Ländern dramatisch eingebrochen. Ein großer Teil der Sommerware liegt jetzt im Lager Obereisenbach und kann nicht mehr ausgeliefert werden, ist ausgeliefert, auch ein Großteil der Winter-Kollektion wird derzeit produziert. „Wir können nur noch ein paar Aufträge für den Winter stornieren“, so von Dewitz. Sie hofft, dass die Corona-Krise nicht mehr allzu lange dauert. „Wir sind aber finanziell gut aufgestellt und schaffen das alles, vorausgesetzt, die Lage entspannt sich ab Mai wieder“, sagt die 48-Jährige. Sollten die Maßnahmen wie Ladenschließungen oder Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung des Virus aber viel länger dauern, könnte es auch für Vaude noch schwieriger werden.
„Derzeit aber schauen wir noch optimistisch in die Zukunft und brauchen wohl neben der Unterstützung bei Kurzarbeit keine finanziellen Hilfen seitens des Staates.“Antje von Dewitz, Geschäftsführerin Vaude
Die Produktion in Deutschland läuft derzeit normal weiter, sogar im Zwei-Schichtbetrieb. „Wir nutzen die derzeitige Phase sogar, um Rückstände einzuholen“, erklärt Antje von Dewitz. Zusätzlich zum Stammpersonal wurden auch Mitarbeiter der Logistik dazu geholt, die sonst in Kurzarbeit hätten gehen müssen.
Tägliches Krisen-Meeting ist nötig
Auch Vaude wurde von den Ereignissen rund um die Corona-Pandemie mehr oder weniger überrollt. Waren zu Beginn einige Mitarbeiter in Quarantäne, weil sie in Südtirol zum Skifahren waren, entwickelte sich die Lage von Tag zu Tag dynamischer. „Wir treffen uns jeden Tag zum Corona-Update und tatsächlich müssen wir täglich Lösungen für ein neues Problem finden“, erzählt die Firmenchefin. Als die Schulen schlossen, mussten Regelungen für die Eltern gefunden werden, mit der Kontaktsperre änderte sich natürlich noch mehr. Bisher hat sich noch keiner mit dem Virus infiziert, aber auch bei Vaude sind Mitarbeiter in häuslicher Isolation, weil sie beispielsweise in einem Risikogebiet waren.
Hoffnung statt Krisenstimmung
Trotzdem ist die Stimmung bei Antje von Dewitz noch einigermaßen gut. „Das alles hat auch positive Effekte, etwa, dass wir heute so mühelos digital unterwegs sind, wie noch nie“, erzählt sie. Zudem sei Vaude „grundsätzlich krisenerprobt“, wie sie lächelnd sagt. Sie sei sehr stolz darauf, wie das Team auch in der Corona-Krise zusammenhält und -arbeitet und immer wieder auch gemeinsam gelacht wird. „Das beflügelt mich wirklich“, so die Firmenchefin. Und auch für die Zeiten nach der Corona-Krise zeigt sie sich optimistisch. „In solchen Krisenzeiten reflektieren viele Menschen ihr Leben und nehmen sich vor bewusster zu leben. Ich glaube, dass der Kreis derjeniger, die nach der Krise bewusst nachhaltig leben und einkaufen wollen, größer wird. „, sagt von Dewitz. Zudem geht sie fest davon aus, dass nach Corona aufwändige Fernreisen vermutlich erstmal nicht so gefragt sind, die Menschen im Urlaub also verstärkt in die heimische Natur wollen. „Das sind doch gute Voraussetzungen für die Outdoor-Branche“, macht sie sich vielleicht auch ein bisschen selber Mut.