Friedrichshafen – Vor wenigen Wochen ist der Hafen in Fischbach einmal mehr ausgebaggert worden. Die Brunnisach, die am Fuß des Gehrenbergs entspringt und sich etwa zwölf Kilometer durch Stadt und Landschaft schlängelt, mündet hier in den Bodensee. Der Fluss bringt reichlich Sedimente mit, die sich im Hafenbecken sammeln – zum Leidwesen der Segler, die dann zu wenig Wasser unterm Kiel haben und alle drei, vier Jahre viel Geld in die Hand nehmen müssen, um die Ablagerungen abzugraben.

Nicht nur der Wassersportverein Fischbach (WVF) als Hafennutzer macht deshalb seit Jahren Druck, die Mündung der Brunnisach zu verlegen. Aus der Perspektive des Gewässerschutzes steht seit 1999 der Vorschlag im Raum, das Flüsschen „vor dem Yachthafen durch den Park“ – gemeint ist das Gelände des früheren Diakonissenheims in der Nachbarschaft – umzuleiten und so wenigstens den unteren Bereich wieder naturnah zu gestalten. Weiter oben geht das wegen der engen Bebauung nicht mehr. So steht es im Gewässerentwicklungsplan Brunnisach, den das Riedlinger Ingenieurbüro Funk im März 1999 im Auftrag der Stadt vorlegte. Passiert ist seither nichts, was nicht weiter verwundert, denn das Gelände gehörte der Evangelischen Diakonissenanstalt.

Heute mündet die Brunnisach sehr naturfern in den Hafen des Wassersportvereins Fischbach, der durch den Sedimenteintrag des Flusses ...
Heute mündet die Brunnisach sehr naturfern in den Hafen des Wassersportvereins Fischbach, der durch den Sedimenteintrag des Flusses regelmäßg ausgebaggert werden muss. Bild: Katy Cuko | Bild: Katy Cuko

Doch im Januar 2015 ging das etwa vier Hektar große Grundstück samt Erholungsheim in den Besitz der Luftschiffbau Zeppelin (LZ) über. Theoretisch war damit für die Stadt über ihren Einfluss auf das Stiftungsunternehmen die Voraussetzung geschaffen, die Brunnisach tatsächlich einmal zu verlegen. Konkrete Pläne dafür gibt es derzeit aber nicht, teilt die Stadtverwaltung auf Anfrage mit. Diese Annahme drängte sich allerdings auf, als der SÜDKURIER Pläne von einen Bürgerpark Brunnisach auf den Tisch bekam. So zumindest war die Vorentwurfsplanung im Auftrag der Stadt Friedrichshafen überschrieben, die von Februar 2016 datiert. In diesen Plänen sind drei Varianten geprüft, wie man die Brunnisach durch den Park verlegen und an welcher Stelle man eine Brücke bauen kann. Laut Aussage der Stadt sei dies eine Ausarbeitung eines Vorentwurfs, der schon 2008 beauftragt worden sei.

Bürgerpark Brunnisach? Diese charmante Idee wurde offensichtlich auch im Zusammenhang mit der Weiterführung des Fischbacher Uferwegs gedacht – allerdings nur verwaltungsintern, denn weder öffentlich noch im Gemeinderat war das bisher je ein Thema. Dafür erklärte Oberbürgermeister Andreas Brand im Januar beim Fischbacher Neujahrsempfang, dass nun die Fortführung des Uferwegs geplant sei, allerdings nicht durch den früheren Diakonissenheim-Park. LZ als neue Eigentümerin will das alte Erholungsheim bis auf die Villa Gminder abreißen und ein neues Hotel bauen (der SÜDKURIER berichtete am 11. Februar).

Vorentwicklungsplan für den Bürgerpark Brunnisach in Fischbach
Vorentwicklungsplan für den Bürgerpark Brunnisach in Fischbach | Bild: Katy Cuko

Der weitläufige schöne Park mitten im Landschaftsschutzgebiet soll laut Bauvoranfrage teilöffentlich werden, was immer das heißt. Und der Uferweg soll vom Gelände des Wassersportvereins über die Brunnisach an der östlichen Grundstücksgrenze bis zur Ziegelstraße weitergeführt werden. Dafür braucht es auch eine neue Brücke, die etwa 150 Meter weiter nördlich über den heutigen Flusslauf gebaut werden soll. „Wir gehen davon aus, dass der Weg ohne Brunnisach-Verlegung realisiert werden kann“, teilte Pressesprecherin Monika Blank mit.

Also alles Makulatur? Aus Sicht der Verwaltung sei das Thema Brunnisach-Verlegung vor allem wegen der möglichen Zielkonflikte "keineswegs entscheidungsreif". Mit der Bauvoranfrage für den Hotelneubau, der auch deshalb nun um ein Jahr verschoben wurde, prüfe die Untere Naturschutzbehörde beim Landratsamt derzeit, welche Nutzungen auf dem Gelände möglich sind. "Erst dann kann geklärt werden, ob und wie Änderungen im Bereich Brunnisach möglich sind", sagte Monika Blank.

Gewässer- kontra Landschaftsschutz?

Die Verlegung der Brunnisach-Mündung war seit 1999 immer wieder in der Diskussion. Sie hätte nach Darstellung der Stadtverwaltung Vor- und Nachteile.

  • Tierschutz: Die Stadt gab zuletzt 2016 ein Gutachten über den Tierbestand an der Brunnisach-Mündung in Auftrag. Ergebnis: Um Eingriffe zu minimieren, soll der Baumbestand, insbesondere die höhlenreichen Altbäume und die Stiel-Eichen, weitgehend erhalten bleiben. Auch die offenen, gras- und hochstaudenreichen, extensiv genutzten Wiesenflächen sollten erhalten werden. Darüber hinaus raten die Gutachter, Fremdlicht und Beleuchtung im Untersuchungsgebiet zu vermeiden. Dunkle, lichtarme Bereiche und Korridore sollten erhalten bleiben, um die Eignung als Jagdhabitat nicht zu entwerten.
  • Landschaftsschutz: Durch eine ­Verlegung der Brunnisach müsste in allen drei geprüften Varianten in den alten Baumbestand im Park eingegriffen werden, was entsprechende Folgen für die Vogelwelt in dem Gebiet hätte. Die Rede ist von etwa 50 Bäumen, die man fällen müsste. Das wäre nicht das erste Mal: 1998 wurden im Diakonissenpark etwa 80 Bäume ­gefällt (siehe Bild unten), darunter eine gesunde 170 Jahre alte Eiche. Aus welchen Gründen dies geschah, ließ sich nach Aussage aus dem Landratsamt nicht mehr recherchieren. Man gehe aber davon aus, dass die Arbeiten mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt waren.
  • Gewässerschutz: Der Gewässerentwicklungsplan für die Brunnisach von 1999 priorisiert unter langfristigen Maßnahmen die Umleitung der Brunnisach vor dem Jachthafen durch den Park. Der unterste Bereich des Flusses sei als sehr naturfern zu bezeichnen. Nur in diesem Bereich sei noch eine Verbesserung des Bachzustands zu erreichen. Die Umleitung der Mündung durch den Park wäre zwar aufwändig, könne aber als Ausgleich für die Defizite innerhalb der Bebauung gesehen werden. (kck)