Die ZF-Arena abreißen? Für Petra Wund ist das kaum vorstellbar. Die Tochter des Architekten Josef Wund hat sich auf unseren Beitrag „Ist die ZF-Arena noch zu retten?“ gemeldet. Josef Wund hatte die frühere Messehalle 1 in seinem Architekturbüro zusammen mit seinem damaligen Partner Immanuel Knittel ab 1966 geplant und den Bau seines ersten Großprojekts 1968 abgeschlossen.

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„Aus vielen Erzählungen weiß ich, wie wichtig meinem Vater dieses Bauwerk war und wie einzigartig seine Konstruktion – bis zum Lebensende. Daher ist es für mich eine Herzenssache, dass alles versucht wird, die Halle zu erhalten oder zumindest bestmöglich zu dokumentieren“, wünscht sie sich. Abgesehen davon wäre selbst der Abriss dieser Halle, die „wie eine Brücke“ gebaut wurde, eine Herausforderung.

Die Messehalle 1 auf dem alten Messegelände bei der „Interboot“ 1979.
Die Messehalle 1 auf dem alten Messegelände bei der „Interboot“ 1979. | Bild: Fritz-Peter Rau

Wie bereits mehrfach berichtet, hat die Stadtverwaltung die ZF-Arena am 28. September geschlossen – für immer. Obwohl keine Einsturzgefahr bestehe, könnten die Gutachter ein „latentes Risiko“ vor allem bei Schneelast nicht ausschließen. Das Problem: Das Hängedach wird von Stahlseilen getragen, die von Stahlrohren ummantelt sind.

Rost an den Stahlseilen nicht nachgewiesen

An einigen Stellen dieser Hüllrohre wurde Rost festgestellt. Ob die Stahlseile selbst korrodiert sind, lasse sich aber nicht prüfen, ohne die Dachkonstruktion zu zerstören. Petra Wund hingegen, selbst technikbegeistert, meint hingegen: „Wo ein Wille ist, könnte man auch Wege finden.“ Es gebe Verfahren, „die Metalle zerstörungsfrei auf Schäden prüfen können“.

Im September 1998 stellte Josef Wund seine Zeichnungen und Pläne vom Bau des Deutschen Pavillons bei der Weltausstellung Expo 2000 in ...
Im September 1998 stellte Josef Wund seine Zeichnungen und Pläne vom Bau des Deutschen Pavillons bei der Weltausstellung Expo 2000 in Hannover vor. Mit seinem Team baute er damals jenes Gebäude aus Holz und Glas, das Deutschland, die Bundesländer und die Wirtschaft bei der sechs Monate dauernden Weltausstellung präsentierte. | Bild: Wolfgang_Weihs

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Wenn heute lapidar von einer über 50 Jahre alten Halle die Rede sei, sagt Petra Wund, verkenne man deren besondere Konstruktion und Geschichte. Heute baue man beispielsweise Hochhäuser aus Holz, was noch vor wenigen Jahren undenkbar schien. Vor einem halben Jahrhundert war ein Stahlseil-Dach mehr als modern. „Das hat sich damals kaum einer getraut zu bauen.“

So sah 1968 beim Bau das Hallengerippe der Messehalle 1 aus, die 2003 zur Sportarena umgebaut wurde: Die Dachkonstruktion wird von ...
So sah 1968 beim Bau das Hallengerippe der Messehalle 1 aus, die 2003 zur Sportarena umgebaut wurde: Die Dachkonstruktion wird von gespannten Seilen, verpackt in Hüllrohren, getragen. Auf dem Bild sind die Gasbeton-Dachsteine noch nicht verbaut. | Bild: Privatarchiv Wund

Noch mehr erzählen die zahlreichen Zeitungsartikel, die damals in der Bauphase der neuen Messe-Großhalle für die IBO und Interboot Friedrichshafen erschienen sind. Sie schlummern im Wohnhaus der Familie, die dem SÜDKURIER jetzt einige davon freundlicherweise zur Verfügung stellte.

Ein Zeitungsausschnitt von 1968 berichtet über den Bau der neuen Messehalle am Riedlepark in Friedrichshafen.
Ein Zeitungsausschnitt von 1968 berichtet über den Bau der neuen Messehalle am Riedlepark in Friedrichshafen. | Bild: Privatarchiv Wund/Schwäbische Zeitung

Da ist von einem „Prunkstück“ die Rede, davon, dass die Deckenkonstruktion eine „technische Neuheit“ darstellt. Oder dass die „größte Halle Oberschwabens“ nach ihrer Konstruktion das „ungewöhnlichste Bauwerk“ ist, das bis dato in Friedrichshafen in Angriff genommen wurde.

Die Messehalle 1, damals als „Großhalle der IBO – Interboot Friedrichshafen“ bezeichnet, 1968 im Bau: Die Dachhaut aus ...
Die Messehalle 1, damals als „Großhalle der IBO – Interboot Friedrichshafen“ bezeichnet, 1968 im Bau: Die Dachhaut aus vier Meter langen Leichtbetonplatten wird getragen von 52 Meter langen und 26 Millimeter starken, vorgespannten Stahlstäben. Sie erhielten auf der Baustelle eine Hüllrohr-Ummantelung, bevor sie mit einer 40 Meter langen Traverse in die Randträger eingefädelt wurden. | Bild: Privatarchiv Wund

Die Stahlseile sind genau genommen 26 Millimeter dicke und 52 Meter lange Stahlstäbe, zwischen denen jeweils vier Meter lange Leichtbetonplatten verpresst sind und die Dachhaut bilden. Insgesamt 98 solcher Stahlstäbe, alle mit verfüllten Hüllrohren ummantelt, tragen das Dach. Die enormen Kräfte nehmen 30 A-förmige Stahlbetonstützböcke auf, 15 an jeder Längsseite. Und doch wurde nicht eine Dehnfuge eingebaut.

Interboot 1979: In der Messehalle 1 hatten Segelyachten auch unter voller Takelage unter dem bis zu 19 Meter hohen Dach Platz.
Interboot 1979: In der Messehalle 1 hatten Segelyachten auch unter voller Takelage unter dem bis zu 19 Meter hohen Dach Platz. | Bild: Fritz-Peter Rau

Dass die gewagte Konstruktion samt Statik funktioniert, hatte sich Josef Wund damals übrigens von einem der renommiertesten Bauingenieure seiner Zeit bestätigen lassen, erzählt Petra Wund: Professor Fritz Leonhardt konstruierte unter anderem den Fernsehturm in Stuttgart oder erstellte die Tragwerksplanung für das riesige Zeltdach über dem Stadion im Olympiapark München.