Das Echo blieb aus. Als OB Andreas Brand am Montag vor der Ratssitzung erklärt hatte, dass er zum 31. Oktober geht und 2025 nicht für eine dritte Amtszeit antritt, herrschte Stille im Saal. Kein Klatschen, kein Raunen, auch keine Fragen. Doch was halten die Stadträte von Brands Entscheidung? Und: Schicken die Fraktionen nun eigene Kandidaten ins Rennen?

Jürgen Holeksa macht‘s nicht

Dass er von der Ratsbank auf den OB-Sessel wechseln möchte, verneint Jürgen Holeksa, der in der ersten Hälfte der Wahlperiode Fraktionschef beim Netzwerk war. „Ich mache das ganz sicher nicht“, weist er jegliche Ambitionen auf eine Kandidatur von sich, weil er nicht mehr bei der Ratswahl antritt. Außerdem: „Die Suche nach einem neuen OB hat längst begonnen“, sagt er. Bürger mitten aus der Stadtgesellschaft seien parteiübergreifend unterwegs, um einen erfolgversprechenden Kandidaten zu finden. Einen, der „das mitbringt, was wir seit Langem vermissen“.

Beim Neujahrsempfang im Januar empfing Andreas Brand mit seiner Ehefrau Wilma (Mitte) die Gäste. Aus familiären Gründen zieht sich der ...
Beim Neujahrsempfang im Januar empfing Andreas Brand mit seiner Ehefrau Wilma (Mitte) die Gäste. Aus familiären Gründen zieht sich der OB im Herbst zurück. | Bild: Lena Reiner

Netzwerk: OB Brand fehlt die Kraft

Seine Meinung zum vorzeitigen Abgang des OB fällt zurückhaltend aus. „Er hat die Stadt weitgehend verwaltet und zu wenig gestaltet“, macht Jürgen Holeksa eine „sichtbar zunehmende Unzufriedenheit“ mit dem OB aus. Unter seiner Führung sei in den letzten Jahren viel geredet, aber wenig erreicht worden. Brand fehle die Kraft für Leuchtturmprojekte. Vieles sei in der Verwaltung stecken geblieben. Mit dieser Bilanz wäre seine Wiederwahl im nächsten Jahr „alles andere als sicher“ geworden.

CDU: Brand ist „idealer OB“

Ganz anderer Meinung ist CDU-Fraktionschef Achim Brotzer. „Ich hätte gewettet und es persönlich auch begrüßt, wenn Andreas Brand noch einmal angetreten wäre.“ Er habe erst am Montag im Ältestenrat das erste Mal von seinem vorzeitigen Abschied gehört. Seine Fraktion sei bisher davon ausgegangen, dass Andreas Brand für eine dritte Amtszeit zur Verfügung steht. Brand sei von seiner fachlichen und persönlichen Qualifikation der „ideale OB“ für Friedrichshafen und habe einen exzellenten Job gemacht, vor allem im Streit um die Zeppelin-Stiftung. Ob die Häfler CDU nun einen eigenen OB-Kandidaten nominiert, dazu sei er nicht sprechfähig. „Das entscheidet die Partei im Stadtverband“, sagt Achim Brotzer.

Grüne: Gespräche mit anderen Fraktionen

Auch für die Grünen kam die Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt überraschend, weil die OB-Wahl ja erst in einem Jahr angestanden hätte. In der zweitstärksten Fraktion im Rat war man von ein bisschen mehr Abstand zwischen Kommunal- und OB-Wahl ausgegangen. Jetzt hätten sich die Voraussetzungen geändert. „Wir werden sicher Gespräche mit den anderen Fraktionen führen“, teilt die Fraktion auf Anfrage mit. Ob diese Gespräche zu einer gemeinsamen Kandidatin oder einem gemeinsamen Kandidaten führen, „wird man dann sehen“.

Der Gemeinderat bei seiner Sitzung im Februar dieses Jahres.
Der Gemeinderat bei seiner Sitzung im Februar dieses Jahres. | Bild: Kley, Denise

Freie Wähler bedauern den Abschied

Selbst bei den Freien Wählern, denen Andreas Brand politisch am nächsten steht, sah man den vorzeitigen Abschied nicht kommen. „Wir Freie Wähler sind überrascht und bedauern es außerordentlich, dass sich OB Brand zu diesem Schritt entschieden hat“, erklärt Fraktionschefin Dagmar Hoehne, die dafür den „allergrößten Respekt“ habe. Der Schritt zeige deutlich, dass für OB Brand immer das Wohl der Stadt im Vordergrund stand und stehe. Der vorgezogene Rückzug im Herbst sei aus Sicht ihrer Fraktion klug und umsichtig von ihm gewählt. „Wir sind dankbar für die 15 Jahre mit ihm und seinem engagierten Wirken für und in der Stadt.“ Eine Aussage zur Nachfolge gibt es von den Freien Wählern nicht.

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SPD: Aktive Suche nach einem Nachfolger

Die SPD hingegen erklärt, aktiv nach einer geeigneten Führungspersönlichkeit zu suchen, weil es zum „politischen Selbstverständnis“ gehöre. Die Entscheidung von Andreas Brand kam auch für die Sozialdemokraten „zum jetzigen Zeitpunkt sehr überraschend“, vor allem mit Blick auf den vorzeitigen Amtsverzicht. Doch der sei gut nachvollziehbar. Der Oberbürgermeister habe für sein Wirken in den vergangenen 15 Jahren Achtung und Respekt verdient. Sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin werde sich allerdings mehreren großen Herausforderungen stellen müssen, die „mit Schwung, Optimismus und neuen Gestaltungsideen“ angepackt werden müssten. Hier benennt die SPD Themen wie Wohnungsnot, energetische Versorgung, Strukturwandel in der Industrie und auch den Medizin Campus Bodensee.

Wer wird neuer Chef im Rathaus? Für die Suche nach Kandidaten bleiben nur noch wenige Monate Zeit.
Wer wird neuer Chef im Rathaus? Für die Suche nach Kandidaten bleiben nur noch wenige Monate Zeit. | Bild: Bäuerle, David

FDP: Verständnis für Entscheidung

Die FDP-Fraktion nimmt die persönliche Entscheidung Brands „mit Respekt und Verständnis“ an und wünscht ihm mit seiner Familie „einen guten, neuen Lebensabschnitt“. Aussagen zur Suche nach einem Nachfolger könne die FDP heute noch nicht beantworten.

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ÖDP: Auch ein OB darf die Reißleine ziehen

Nur für Marion Morcher (ÖDP/parteilos) kam die Erklärung zum Abschied nicht so plötzlich. Mit ein wenig Feingefühl hätte man es sich denken können, meint sie. „Warum darf ein OB nicht auch die Reißleine ziehen?“ Auch er habe das Recht auf sein Leben und seine Gesundheit. „Sollte er aufhören, wenn er zusammen gebrochen ist?“, so Morcher, die seine Verantwortung nicht tragen wollte. Ihre Fraktion wünsche ihm das Beste und „noch viele wunderschöne und sorgenfreie Jahre“. Einen OB-Kandidaten werde ihre Fraktion jedoch nicht aktiv suchen. „Aber wir werden sehr genau hinschauen, wer sich bewirbt.“