Die Frage ist hypothetisch, doch Franz Klöckner weicht nicht aus. Wie sieht er, der Geschäftsführer des Medizin Campus Bodensee (MCB), die Zukunft des Krankenhauses Friedrichshafen in 20 Jahren? „Es gibt einen Neubau, der seit zehn Jahren gut funktioniert“, antwortet der Klinikchef. Und die Klinik Tettnang ist, ergänzt um ein Gesundheitszentrum, weiterhin angedockt. Wunschdenken?

Franz Klöckner, Geschäftsführer des Medizin Campus Bodensee, steht bei der SPD-Veranstaltung „Salon Rouge“ Rede und Antwort ...
Franz Klöckner, Geschäftsführer des Medizin Campus Bodensee, steht bei der SPD-Veranstaltung „Salon Rouge“ Rede und Antwort zur Zukunft der Kliniken im Bodenseekreis. | Bild: Cuko, Katy

Genau darum ging es am Dienstagabend im „Salon Rouge“ des SPD-Ortsvereins, der Klöckner zur Diskussionsrunde eingeladen hatte. Thema: Hat das Krankenhaus eine Zukunft? Eine berechtigte Frage. Gerade erst hat der Kreistag in Konstanz beschlossen, das Krankenhaus in Radolfzell zu schließen. Nachbar Ravensburg hat im Mai das Ende für das Krankenhaus in Bad Waldsee besiegelt. Noch ein Haus weniger unterm Dach der Oberschwabenkliniken (OSK), die bereits Leutkirch dicht gemacht haben.

Eine Klinik nach der nächsten schließt

Das OSK-Klinikum in Wangen soll mit abgespecktem Programm bleiben, solange es genügend Personal und Patienten gibt. „Die werden keine zwei Jahre durchhalten“, prognostiziert Klöckner. Sobald eine Schließung angekündigt werde, liefen die Leute davon. So war es im Prinzip auch in Weingarten, wo der MCB beim „14 Nothelfer“ nach Millionen-Verlusten die Reißleine ziehen musste. Die Stadt Friedrichshafen als Hauptgesellschafter schickte das Krankenhaus 2020 in die Planinsolvenz.

Franz Klöckner, Geschäftsführer des Medizin Campus Bodensee (MCB) und des Klinikums Friedrichshafen
Franz Klöckner, Geschäftsführer des Medizin Campus Bodensee (MCB) und des Klinikums Friedrichshafen | Bild: Cuko, Katy

Das war noch vor Franz Klöckner, der seit Januar Klinik-Chef in Alleinverantwortung ist. Bundesweit schließen 20 bis 25 Kliniken pro Jahr. „Kleine Krankenhäuser rechnen sich nicht“, sagt er. Mit den Problemen der Branche schlagen sich die Betreiber bundesweit herum. Vor allem in den kommunalen Häusern, wo sich die Verluste häufen und laut Klöckner auf eine Milliarde Euro im Jahr 2020 summiert haben.

Jahresabschluss „deutlich besser“ als bei der OSK

Wie gut sich der MCB im zweiten Corona-Jahr geschlagen hat, durfte Franz Klöckner nicht sagen. Der Jahresabschluss für 2021 sei noch nicht veröffentlicht. Der falle allerdings „deutlich besser“ als bei der OSK aus. Die weist ein Minus von knapp 15 Millionen Euro im vergangenen Geschäftsjahr aus.

„Der Mangel wird anhalten, die Defizite steigen.“
Franz Klöckner, MCB-Geschäftsführer

Doch wo lässt sich sparen? Beim Personal nicht, sagt der Geschäftsführer. 120 Millionen Euro pro Jahr gibt der MCB allein für die Beschäftigten in beiden Häusern aus. Selbst wenn er neue Mitarbeiterinnen in Medizin, Pflege oder Verwaltung einstellen wollte, bekomme er kein qualifiziertes Personal. Und er schließe lieber Betten, als weiter teure Leiharbeiter zu beschäftigen. Aktuell fehlen laut Klöckner 60 Mitarbeiter, die wegen einer Corona-Infektion zuhause bleiben müssen. „Der Mangel wird anhalten, die Defizite steigen“, so der Klinikchef. Ergo hält der Trend an, dass jedes Jahr 20 bis 25 Krankenhäuser schließen, weil sie nicht mehr zu finanzieren sind.

Schwarze Null im Betrieb „ist zu schaffen“

Und Friedrichshafen? Das Ziel sei, mittelfristig eine schwarze Null im operativen Betrieb zu schreiben, ohne Zuschüsse der Stadt auszukommen. So erwartet das mittelfristig der Gemeinderat, und „das können wir schaffen“, sagt Franz Klöckner in dieser Runde. Aber wie? „Wir müssen intelligente Modelle für Friedrichshafen und Tettnang entwickeln.“ Er meint die neue Medizinstrategie. Geht es konkreter? An der Stelle läuft sich der Klinikchef warm.

Linus kam am 24. Dezember 2021 im Kreißsaal der Klinik Tettnang zur Welt. Hier werden jährlich rund 1200 Kinder geboren.
Linus kam am 24. Dezember 2021 im Kreißsaal der Klinik Tettnang zur Welt. Hier werden jährlich rund 1200 Kinder geboren. | Bild: mcb

Seiner Ansicht nach macht die Schließung der Klinik in Tettnang, wie sie Landesgesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) vor einigen Monaten laut postuliert hat, wenig Sinn. Allein 1200 Geburten pro Jahr seien ein starkes Argument, es nicht zu tun. Ihm schwebt vor, die Angebote beider Kliniken so zu vernetzen, das sie sich gut ergänzen. Hier Friedrichshafen als Akutkrankenhaus mit seinen Zentren für aufwendige klinische Fälle. Dort Tettnang als eine Art Portalklinik für leichtere Fälle mit Spezialgebieten wie die Endoprothetik. Sonst könnte man die neu gebauten OP-Säle kaum ausnutzen. Das Krankenhaus könne um ein lokales Gesundheitszentrum mit verschiedenen Fachärzten ergänzt werden. Das Sozialministerium hat gerade bekannt gegeben, den Start der ersten zehn Primärversorgungszentren im Land zu fördern. Tettnang ist (noch) nicht dabei.

Über moderne Technik und eine hohe Expertise verfügt das Klinikum Friedrichshafen in der Kardiologie. Hier am Linksherzkathedermessplatz ...
Über moderne Technik und eine hohe Expertise verfügt das Klinikum Friedrichshafen in der Kardiologie. Hier am Linksherzkathedermessplatz wurde Emma Heises Herzinssuffizienz erfolgreich therapiert. Das freut (von links) Kalthrina Ujkani, Martina Chevalier, Emma Heise, Chefarzt Prof. Dr. Jochen Wöhrle, Oberarzt Dr. Joannes Kammerer, Oberarzt Mario Eduardo Iturbe-Orbe. | Bild: Medizin Campus Bodensee

Franz Klöckner präsentiert im „Salon Rouge“ viele Ideen, was man anders und besser machen muss. Das Entlass-Management der Patienten funktioniere nicht richtig, zuweilen lange Wartezeiten in der Notfallversorgung ärgern ihn. Dazu gehört für den Klinikchef auch eine engere Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten. Und er brach eine Lanze für den MCB, der auf vielen Gebieten so leistungsfähig sei, dass die Patienten nicht nach München oder sonst wohin müssten, um sich behandeln zu lassen. „Wir sind besser als unser Ruf“, sagt der Klinikchef mit Überzeugung.

Fusion mit Ravensburg kein Thema

Für Franz Klöckner ist auch die Vision von Manne Lucha, die Klinikverbünde Friedrichshafen und Ravensburg unter ein Dach zu stellen, kein Thema. Eine Fusion oder Kooperation hätte man vielleicht vor zehn Jahren diskutieren und dann auch darüber sprechen müssen, eine neue Klinik mit 600 Betten in Meckenbeuren zu bauen. „Wir machen erst einmal unsere Hausaufgaben“, sagt Klöckner. Für ihn ist der Neubau des Krankenhauses St. Elisabeth mit 520 Betten ohnehin eine „Fehlplanung“, weil überdimensioniert. Mit der Schließung anderer OSK-Häuser versuche man, den Standort Ravensburg zu pushen und so rentabler zu machen.

Neubau oder Sanierung?

Neues Krankenhaus in Friedrichshafen oder Sanierung der alten, über 50 Jahre alten Klinik? „Wir sanieren schon“, sagt er. Aber er wünsche sich den Neubau, „wenigstens zum Teil“. Die vielen Betonsäulen im Haus seien hinderlich, Klinikräume plane man heute ganz anders. Und das Krankenhaus heize halb Schnetzenhausen, so schlecht ist der Bau isoliert.

Hand aufs Herz, Herr Klöckner: Hat die Klinik Friedrichshafen eine Zukunft? „Ich bin mir sehr sicher, dass man ohne das Krankenhaus den Landkreis in den nächsten 50 Jahren nicht versorgen kann.“ Deshalb fände er es gut, wenn sich der Bodenseekreis an der Finanzierung beteiligen würde.