Seit Freitag findet der Wochenmarkt in Friedrichshafen auf einer deutlich größeren Fläche statt: Fast alle Stände, auch jene auf dem Adenauerplatz, wurden umsortiert. Sieben Stände wurden gänzlich verlegt – auf den südlichen Buchhornplatz. Die Corona-Krise und die geltenden Regeln – Abstand zu anderen – machen das notwendig.

Helmut Kramer betreibt den Markstand seit 15 Jahren in Friedrichshafen, den Stand selbst gibt es schon deutlich länger.
Helmut Kramer betreibt den Markstand seit 15 Jahren in Friedrichshafen, den Stand selbst gibt es schon deutlich länger. | Bild: Lena Reiner

Und sonst? „Alles anders“

Helmut Kramer mit Tee und Gewürzen ist einer von den Beschickern, die nun an einem neuen Platz zu finden sind. „Das ist gar kein Problem“, erklärt er. Die Stadt Friedrichshafen habe rechtzeitig über die Änderung informiert und seine Stammkunden würden sich freuen, wenn sie ihn wiederfinden. Und sonst? „Alles anders“, sagt er, „das lässt sich mit zwei Worten beschreiben.“ Was man allerdings gerade in einer solchen Ausnahmesituation merke, sei Folgendes: „Der Markt ist den Menschen wichtig. Es gibt Menschen, die kommen nur an meinen Stand, auch wenn mein Laden nur 200 Meter weg ist.“ Und so mutmaßt er: „Man würde den Leuten vermutlich mehr nehmen, wenn man den Markt verbietet, als wenn man eine Maskenpflicht einführt.“

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Andreas Schmid beobachtet, dass weniger Menschen einkaufen kommen, aber dafür Lebensmittel für ihre Nachbarn mitnehmen.
Andreas Schmid beobachtet, dass weniger Menschen einkaufen kommen, aber dafür Lebensmittel für ihre Nachbarn mitnehmen. | Bild: Lena Reiner

Andreas Schmid, der seit etwa 20 Jahren auf dem Markt Obst und Gemüse verkauft, macht eine weitere Beobachtung: „Es kommen schon weniger Leute auf den Markt, aber sie nehmen dann direkt noch Lebensmittel für ihre Nachbarn mit.“ Die neue Anordnung der Stände erlebt er positiv. Nun sei es einfacher für die Marktbesucher, beim Anstehen den Sicherheitsabstand von zwei Metern auch einzuhalten.

Manuela Illesch steht in diesen Tagen und Wochen selbst am Stand. Das gelbschwarze Klebeband soll die Kundschaft an den Mindestabstand ...
Manuela Illesch steht in diesen Tagen und Wochen selbst am Stand. Das gelbschwarze Klebeband soll die Kundschaft an den Mindestabstand erinnern. | Bild: Lena Reiner

Klebeband auf dem Boden als Markierung

Manuela Illesch rührt in der Spätzlepfanne und bedauert, dass sie nicht mehr genug Arbeit für alle Mitarbeiter hat. Der neue Standplatz hingegen ist ihr vertraut: „Hier stehen wir auch zum Seehasenfest.“ Mit farbigem Klebeband hat sie vor dem Stand den Mindestabstand für die Wartenden markiert.

Seit diesem Freitag sind die Markstände in weiterem Radius als üblich verteilt (oben). Die Stände nutzen unterschiedliche Requisiten, um ...
Seit diesem Freitag sind die Markstände in weiterem Radius als üblich verteilt (oben). Die Stände nutzen unterschiedliche Requisiten, um die Sicherheitsabstände der Warteschlange zu markieren (unten). | Bild: Lena Reiner

Richtung Goldschmiedstraße geht es kreativer zu: Hier dienen Plastikkörbe als Abstandsmarkierung, bunte Schilder weisen auf die Regeln hin, manch ein Stand kommuniziert eine Maximalzahl von Kunden, die gleichzeitig am Stand sein dürfen. Auch hier geht es entspannt zu. Die Marktbesucher warten geduldig in den Schlangen.

Marktalltag als guter Ausgleich

Maria aus Kempten hat Weidenzweige für Ostern gekauft und ist auf dem Weg zurück aus der Stadt. „Ich genieße den Markt. Er ist ein Stückchen Normalität für mich. Am Ufer sind ja sogar die Bänke abgesperrt, da ist der Markt ein guter Ausgleich.“ Maria möchte ihren Nachnamen nicht nennen, obwohl sie von Bayern nach Baden-Württemberg genehmigt eingereist ist. Eine Frau meint im Vorbeigehen: „Wir sind an der frischen Luft, wir sollten uns nicht beklagen.“

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Normalität ist wichtig

Ernst Arnold, seit rund 50 Jahren Beschicker auf dem Häfler Wochenmarkt, lächelt und betont: „Wir merken hier gar keinen Unterschied.“ Sein Obststand gehört tatsächlich zu den wenigen Ständen, die nicht verlegt wurden. Auch sonst sei es für ihn „eben ein ganz normaler Marktalltag“. Diese Normalität empfinde er gerade jetzt als wichtig, „wenn man in der Zeitung liest, dass in Überlingen die Promenade gesperrt ist“. Nur ein Kunde habe sich zum neuen Marktaufbau geäußert. „Das ist heute ein Zickzackkurs“, habe er gesagt. „Er fand das aber gut“, ergänzt Arnold, weil man so die Abstandsregeln einhalten könne.

Elke Pfütz-Jehle verkauft seit Kurzem Mini-Amerikaner mit Atemmasken aus Zuckerguss und findet: „Man darf den Humor und das Lachen ...
Elke Pfütz-Jehle verkauft seit Kurzem Mini-Amerikaner mit Atemmasken aus Zuckerguss und findet: „Man darf den Humor und das Lachen nicht verlieren.“ Bei ihr am Stand geht es ruhiger zu als bislang. | Bild: Lena Reiner
Bild 6: Mehr Fläche für den Wochenmarkt verschafft Händlern und Kunden ausreichend Platz
Bild: Lena Reiner

Corona senkt die Umsätze

Maria Chatzi verkauft erst seit einem Jahr ihre Produkte aus Kreta auf dem Häfler Wochenmarkt. Sie vermisst die Gäste von außerhalb, das mache sich bei ihrem Umsatz bemerkbar. „Ich darf ja niemanden mehr etwas probieren lassen. Das macht es schwierig, Neukunden zu gewinnen.“

Marktbesucherin Pia Broszio verbreitet gute Laune. „Ich genieße das heute“, sagt sie. Normalerweise arbeite sie nämlich freitags. Wegen eines Technikproblems im Homeoffice habe sie heute allerdings frei. Und: „Die Farben sind so schön gerade. Es ist ja trotzdem Frühling, auch wenn es Corona gibt.“

Teilweise zu übereifrige Auslegung der Corona-Verordnung

Auch Gemeinderätin Regine Ankermann kauft frisches Gemüse auf dem Wochenmarkt ein. Sie betont: „Bei den Auslegungen der Vorschriften gibt es einen Ermessensspielraum. Manchmal zweifle ich, dass diese Auslegungen vor Ort verhältnismäßig sind. Wenn etwa eine einzelne ältere Frau auf einer Parkbank sitzt, gefährdet sie niemanden und sie bringt sich aus selbst nicht in Gefahr. Trotzdem sind die Bänke am Ufer generell gesperrt.“

Regine Ankermann beim Einkauf auf dem Markt.
Regine Ankermann beim Einkauf auf dem Markt. | Bild: Lena Reiner