Volle Auftragsbücher, ein Rekordergebnis, Bonuszahlungen für die Mitarbeiter: Während die deutsche Wirtschaft nach wie vor mit vielen Problemen kämpft, läuft es beim Motorenbauer vom Bodensee rund. 2024 ging bei Rolls-Royce Power Systems (RRPS) als Rekordjahr in die Firmengeschichte ein. „Ich bin sehr froh, dass es Unternehmen gibt, denen es so gut geht“, betonte Helene Sommer von der IG Metall am Rande der RRPS-Betriebsversammlung und fügte schmunzelnd hinzu: „Da muss nicht einmal die Gewerkschaft schimpfen.“

Angespanntes Verhältnis?

Also alles gut? Nicht ganz. Repräsentativ sei die aktuelle Situation des Konzerns weder für die Branche, noch für die Region, machte die IG-Metall-Chefin auch deutlich und sprach dabei unter anderem die aktuelle Situation von ZF an. Und auch innerhalb von Rolls-Royce Power Systems herrscht trotz des wirtschaftlichen Erfolgs nicht überall gute Stimmung. Betriebsratsvorsitzender Thomas Bittelmeyer sprach beim Pressegespräch nach der Versammlung von Spannungen und „einem angespannten Verhältnis“ zwischen dem Betriebsrat und dem Vorstandsvorsitzenden.

Die Zentrale von Rolls-Royce Power Systems an der Maybachstraße in Friedrichshafen.
Die Zentrale von Rolls-Royce Power Systems an der Maybachstraße in Friedrichshafen. | Bild: Andreas Ambrosius

Ohne ihn namentlich zu nennen, hob Bittelmeyer hervor, dass dieser in der Vergangenheit nicht an der Versammlung teilgenommen habe und dieses Mal nicht eingeladen worden sei. Stattdessen habe er kurz zuvor ein eigenes Townhall-Meeting einberufen. Während der Betriebsratschef diese Veranstaltung kritisierte, argumentierte ein Sprecher des Unternehmens, dass man dabei die Mitarbeiter an allen Standorten gleichermaßen informieren wolle und solche Meetings künftig regelmäßig stattfinden sollen. Zu den Gründen für die Spannungen wollte sich Bittelmeyer nicht weiter äußern. Aus Datenschutzgründen könne er darauf nicht näher eingehen.

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Einig sind sich Konzernspitze und Betriebsrat hingegen darin, dass es dem Unternehmen wirtschaftlich gut geht. Thelse Godewerth, Personalvorständin des Konzerns, betonte: „Der Erfolg ist uns nicht zugefallen, wir haben gemeinsam hart dafür gearbeitet.“ Daher gelte es, der hochmotivierten Mannschaft Danke zu sagen. Neben der Erfolgsprämie für die Mitarbeiter habe der Konzern auch ein neues Aktienprogramm für die Belegschaft aufgelegt. Zudem hob sie die Investitionen hervor, die in der Region getätigt werden. So könne eine neue Linie schon im kommenden Jahr in Betrieb genommen werden.

„Der Erfolg ist uns nicht zugefallen, wir haben gemeinsam hart dafür gearbeitet.“
Thelse Godewerth, Personalvorständin

Um dieses Programm stemmen zu können, brauche der Konzern qualifizierte Fachkräfte. Mehrere hundert offene Stellen seien aktuell ausgeschrieben, betonte die Arbeitsdirektorin. Um auch Mitarbeitern von ZF neue Chancen zu eröffnen und Arbeitsplätze zu erhalten, haben die beiden Großkonzerne ein Abkommen geschlossen. Das Pilotprojekt sieht vor, dass ZF-Mitarbeiter bei RRPS eingesetzt werden können. Diese werden dabei nicht zu Mitarbeitern des Motorenherstellers, sondern bleiben bei ZF angestellt. „Wir leihen die Mitarbeiter – wenn diese es möchten – für eine gewisse Zeit aus“, so Thelse Godewerth.

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Die Rahmenbedingungen seien dafür gegeben, jetzt gelte es, das Modell mit Leben zu füllen. „Zum Umfang können wir aktuell noch nichts sagen“, betonte sie auf Nachfrage. Ebenso wie Helene Sommer geht sie nicht davon aus, dass es nur Einsätze von wenigen Monaten sein werden. „Wir müssen die Kollegen auch anlernen, da brauchen wir eine Beständigkeit.“ Die Gewerkschaft lobte das Konzept. „Die beiden Großen stoßen die Tür dafür auf und probieren es aus“, so Helene Sommer. Von den Erfahrungen könnten dann auch kleinere Betriebe in der Branche profitieren. Thomas Bittelmeyer betonte mit Blick auf die beiden Großkonzerne außerdem, für die Region sei es wichtig, dass es beiden gut gehe.

„Die beiden Großen stoßen die Tür dafür auf und probieren es aus.“
Helene Sommer, IG Metall

Thomas Bittelmeyer mahnte nach der Versammlung mit rund 3200 Mitarbeitern zudem an, dass Rolls-Royce Power Systems sich trotz voller Auftragsbücher und aktueller Erfolge nicht zurücklehnen darf. „Damit wir den kommenden Generationen auch eine Perspektive im Unternehmen bieten“, hob er hervor. Flexible Arbeitsmodelle dürften nicht ausgereizt werden, warnte er zudem. Auch Helene Sommer forderte, in guten Zeiten an die Zukunft zu denken, sei eine Verpflichtung. „Wir brauchen eine Aufbruchstimmung“, sagte sie mit Blick auf die Industrie. Aufgeben sei keine Option. „Wir müssen mit Zuversicht anpacken und Fehler der Vergangenheit hinter uns lassen.“ Die IG Metall werde für die Branche kämpfen.