Mitte April trudelte die frohe Botschaft aus Stuttgart im Friedrichshafener Rathaus ein. Das Land hat einen weiteren, den inzwischen dritten Abschnitt des Velorings ins Förderprogramm für Radwege aufgenommen. Die Stadt bekommt nun auch für das Teilstück auf der Tunneldecke der neuen B 31 in Waggershausen rund die Hälfte der Kosten erstattet.

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Nur: Selbst damit bleibt der Veloring voraussichtlich noch jahrelang Stückwerk. Denn der Bau des zentralen Abschnitts wird nach aktuellem Stand der Dinge mindestens bis 2024 auf sich warten lassen. Grund für das Dilemma ist die am Colsman-Knoten geplante Hochtrasse, die plötzlich fast zehn Mal so teuer sein soll als bis 2019 veranschlagt. Das Rathaus nennt Kosten von 18 bis 20 Millionen Euro, was „aktuell nicht finanzierbar“ sei. Und das war vor Beginn der Corona-Krise.

Kein Brückenschlag über den Colsman-Knoten

Damit endet der Veloring von Osten kommend auf lange Sicht am Sportpark. Der Brückenschlag über die B 31 fehlt. Dabei sollte der gesamte Veloring in zwei Jahren schon fertig sein. So stand es zumindest in der Broschüre, die die Stadt im September 2019 unters Volk brachte. „Bis 2022 planen wir, den insgesamt sieben Kilometer langen Veloring für rund 8,5 Millionen Euro fertigzustellen. Eine Investition in die Zukunft unserer Stadt“, schrieb Oberbürgermeister Andreas Brand in seinem Vorwort.

Das „blaue Band“ kennzeichnet die Schnelltrasse für Radler, hier beim Bodensee-Center.
Das „blaue Band“ kennzeichnet die Schnelltrasse für Radler, hier beim Bodensee-Center. | Bild: Jana Meßmer

Nur ein halbes Jahr hatte es nach dem ersten Spatenstich gedauert, bis das 1,7 Kilometer lange Teilstück vom Mühlösch-Kreisel bis zum Bodensee-Center fertig war. Weiter sollte es 2019 oder 2020 gehen, wenn der B 31-Tunnel in Waggershausen gebaut ist – und zwar genau dort, wo der Veloring am alten Industriegleis am Riedlewald heute endet.

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In besagter Broschüre von 2017 wird der nächste, 335 Meter lange Abschnitt vom Sportpark bis zum Colsman-Knoten auf 400 000 Euro geschätzt, „mit Hochtrasse auf zirka 2,4 Millionen Euro“. Zwei Jahre später sind Kosten von 2,6 Millionen für den Hochtrassen-Abschnitt, 700 000 Euro für das Stück auf dem Tunnel und 750 000 Euro für die Strecke bis in den Fallenbrunnen im städtischen Haushalt aufgeführt. Doch für diese Abschnitte liegen bis heute weder eine Planung noch ein Ratsbeschluss vor, bestätigt die Stadtverwaltung. Und zwar, „weil die grundsätzlich möglichen Trassenvarianten noch in der Untersuchung und Abstimmung stehen“, teilt die Pressestelle auf Anfrage mit.

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Dieser „Variantenbeschluss“ war – allerdings noch vor der Corona-Krise – für 2020 geplant. So steht es in einer Stellungnahme des Rathauses auf die Fraktionsanträge zum Doppelhaushalt 2020/21. Die SPD-Fraktion separat und die Fraktionen von Grünen, CDU, ÖDP und Netzwerk mit einem gemeinsamen Antrag machten sich für den Weiterbau des Velorings stark.

Hochtrasse fürs Rathaus „aktuell nicht finanzierbar“

Das Rathaus hält allerdings dagegen: Erst nach einem Ratsbeschluss, wie der Abschnitt Colsmanstraße gebaut wird, könne man weiter planen, erst September 2021 einen Förderantrag beim Land stellen. Ergo wäre eine Realisierung „keinesfalls vor 2022/2023 möglich“ – und mit Kosten von 18 bis 20 Millionen Euro zudem „aktuell nicht finanzierbar“.

Am Sportpark endet der Veloring. Ab dort sollte eine Hochtrasse über den Colsman-Knoten am Ende der Straße führen.
Am Sportpark endet der Veloring. Ab dort sollte eine Hochtrasse über den Colsman-Knoten am Ende der Straße führen. | Bild: Cuko, Katy

Auf die Frage, wie es zu dieser Kostenexplosion bei der Hochtrasse kommt, gibt es aus dem Rathaus keine schlüssige Antwort. „Die seither eingestellten Mittel waren für eine weitgehend ebenerdige Lösung berechnet“, schreibt die städtische Pressestelle auf Anfrage dieser Zeitung.

Widersprüchliche Aussagen aus dem Rathaus

Diese Aussage steht jedoch im Widerspruch zu den Angaben in der Veloring-Broschüre, im Haushaltsplan 2019 und selbst den Angaben, die das Rathaus noch im Oktober vergangenen Jahres gemacht hat. Da hieß es noch, die Hochtrassen – eine zweite soll es als Anschluss zum geplanten Radschnellweg in Richtung Ravensburg geben – seien in der Planung „weiter vorgesehen“.

Was macht es dann heute so teuer? Nun seien auch „einige Brückenbauwerke“ enthalten, die realisiert werden könnten, bevor es zu einem Ausbau der B 31 zwischen Colsman-Knoten und Messezubringer kommt, heißt es ergänzend aus den Rathaus. Zum Vergleich: Die rund drei Kilometer lange Südumfahrung von Markdorf soll inklusive mehrerer Brücken 30 Millionen Euro kosten.

Haushalts-Antrag zum Veloring wohl auch Makulatur

Vor Beginn der Corona-Pandemie gab es – zumindest auf dem Papier – eine Mehrheit im Gemeinderat dafür, den Veloring weiter zu bauen. Mit ihrem Antrag wollten CDU, Grüne, ÖDP und Netzwerk 2020 und 2021 wenigstens Planungskosten von je 200 000 Euro in den Haushalt schreiben. Für 2022 und 2023 sollten je zwei Millionen Euro eingeplant werden, für 2024 sage und schreibe 15 Millionen Euro für den Veloring – womit die Hochtrasse aus heutiger Sicht finanziert wäre. Ob der aufgeständerte Radweg über den Colsman-Knoten im neuen Gemeinderat überhaupt eine Mehrheit hätte, bleibt abzuwarten. Die Frage dürfte sich so schnell aber nicht mehr stellen.

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Denn nun will die Ratsmehrheit sämtliche über 100 Haushaltsanträge wegen der Corona-Krise und ihrer enormen finanziellen Auswirkungen zurücknehmen, auch den zum Veloring. Damit rückt die Fertigstellung dieses ehrgeizigen Projekts für Radler und den Klimaschutz wohl in weite Ferne.