Der Häfler Weihnachtsmarkt ist in die letzte Verkaufswoche gestartet. Wie ist die Stimmung bei den Standbetreibern? Drei Verkäufer erzählen dem SÜDKURIER, was dieses Jahr anders ist als vor der Pandemie. Und warum sie sich auch nach der Saison nicht auf die faule Haut legen können.
Die Abende sind ruhiger
Seit 2017 betreibt Jeffrey Geissler seinen Flammlachs-Stand auf dem Häfler Weihnachtsmarkt. „Im Großen und Ganzen läuft das Geschäft gleich wie vor Corona“, berichtet der 36-Jährige. Was Geissler aber auffällt: „Die Abende sind ruhiger geworden. Früher habe ich in der Regel etwa bis 20 oder 21 Uhr verkauft, jetzt nur noch bis etwa 19 Uhr.“
Woran das liegt? Das versuche er selbst rauszufinden, meint Geissler. Vielleicht, weil viele Menschen gerade mit der Energiekrise zu kämpfen haben, vermutet er. „Vielleicht haben sie dann nicht den Kopf dafür, abends so lange draußen zu sein.“

Tagsüber und unter der Woche kämen dieses Jahr allerdings mehr Kunden an Geisslers Flammlachs-Stand. Das gleiche die fehlenden Abendstunden gut aus. Der Inhaber betont jedoch: „Selbst wenn wir dasselbe wie vor drei Jahren einnehmen, bleibt trotzdem viel weniger übrig.“ Denn die Kosten für Stand und Produkte seien stark gestiegen.
So haben seine Brötchen 2019 beispielsweise noch 8 Cent pro Stück gekostet – heute seien es 25 Cent. Der Preis für das Feuerholz habe sich verdoppelt und die Höhe der Stromkosten könne er noch nicht einmal abschätzen. Jeffrey Geissler: „Viele kleine Beträge summieren sich am Ende so sehr, dass ich gezwungen war, meine Preise zu erhöhen.“ Für einige seiner Fisch-Gerichte müsse man deshalb nun einen Euro mehr bezahlen.
Etwas will der SÜDKURIER dann doch wissen: Verdienen Standbetreiber so viel, dass sie nach der Saison drei Monate lang am Strand liegen können? „Das ist nicht so“, sagt Geissler und lacht. „Denn wir gehen in Vorkasse mit allem, obwohl wir nicht wissen, wie es laufen wird.“ Außerdem hätten viele Standbesitzer während der Pandemie ihre ganzen Ersparnisse aufbrauchen müssen. „Und wir würden nicht das ganze Jahr auf Volksfesten arbeiten, wenn wir hier so viel Geld verdienen würden.“
Glühwein-Geschäft läuft wie gewohnt
Ähnlich sieht es Glühwein-Standleiter Nino Stevens: „Es ist in etwa gleich wie im Jahr 2019.“ Dass dieses Jahr mehr Menschen den Weihnachtsmarkt besuchen, weil es zwei Jahre lang keinen gab, glaubt der 25-Jährige nicht. Er denke zwar, dass die Menschen sich nach der Pause wieder auf den Weihnachtsmarkt freuen, aber: „Weil gerade alles so teuer ist, müssen dieses Jahr wahrscheinlich mehr Leute sparen.“ Und wer schon einmal einen gemütlichen Abend am Glühweinstand verbracht hat, weiß, wir teuer das werden kann.

Und? Verdient man sich dabei eine goldene Nase? „In der Regel nein“, sagt der Standleiter. „Man hat sehr hohe Kosten.“ In den vergangenen Jahren wurden die Heizstrahler zum Beispiel nie abgeschaltet. Dieses Jahr liefen sie nur, wenn mehrere Leute am Stand sind. „Das müsste man nicht machen, wenn man sowieso drei Monate auf der faulen Haut liegen könnte.“
Trotz der Mehrkosten habe sich sein Chef dagegen entschieden, die Preise für die Heißgetränke zu erhöhen. „So sehr fällt das nicht ins Gewicht“, erklärt Stevens.
Rumänisches Gebäck ist sehr beliebt
Vlad Ioan verkauft Baumstriezel auf dem Häfler Weihnachtsmarkt. Er bietet das Gebäck in den verschiedensten Geschmacksrichtungen an – darunter Zimt, Mohn, Nuss und Schokolade.
Wie das Geschäft läuft? „Tipptopp“, sagt der 63-Jährige. Seit vielen Jahren betreibt Ioan seinen Stand in Friedrichshafen. „Jedes Jahr ist es ein bisschen besser gelaufen“, erzählt er. „Es hat sich rumgesprochen, dass unsere Baumstriezel super lecker sind“, freut er sich. Seine Frau und er verwenden ein über 300 Jahre altes Rezept für das Gebäck, das nur natürliche Zutaten enthalte. „Manche Familien kommen jeden Tag zu uns und kaufen etwas“, so der 63-Jährige.
Der Baumstriezel stamme ursprünglich aus dem rumänischen Siebenbürgen, erklärt Ioan. Die Form des Gebäcks erinnere an ein traditionelles Musikinstrument, die Tulnic. „Sie wird bei vielen Festen gespielt“, erklärt Ioan. Welche Sorte der Bäcker empfehlen kann? „In Rumänien sind die Walnüsse besser“, findet er, „aber hier würde ich Zimt empfehlen.“