Der Seewind weht durch die Gassen, E-Bike-Fahrer schieben ihr Gefährt und vor der Bäckerei Löwen stehen sie Schlange. Es ist Sommer in Hagnau und der Uferbereich ist voller Touristen. Jedes Jahr übernachten hier tausende Gäste. Im Jahr 2022 zählte die nur 1500 Bewohner kleine Gemeinde fast 210.000 Übernachtungen, so Zahlen der IHK. Das ist sogar mehr als Kommunen wie Uhldingen-Mühlhofen oder Tettnang. In der Vergangenheit schliefen und speisten hier auch prominente Personen wie die Politiker Armin Laschet und Cem Özdemir sowie Campino, Sänger der Toten Hosen.

Hoher Pegel, Felsen und Sturm

Diesen Sommer sieht die Promenade mit einem Kran, Baggern und Bauzäunen kaum aber anders aus. Seit dem Spatenstich im Oktober 2023 wird der Hafen umgebaut, planmäßig lief es hier selten, wie Bürgermeister Volker Frede auf SÜDKURIER-Anfrage erklärt. Die Wasserstände seien den ganzen Winter auf historischen Höchstständen gewesen, ein Fels im Hafenbecken sei ein Hindernis gewesen und ein Sturm an Ostern habe „sein Übriges getan“, sagt er. Nach dem windigen Osterwochende war zeitweilig eine Vibrationsramme auf einem Ponton überschwemmt.

Eine Vibrationsramme steht im April 2024 auf einer schwimmenden Plattform steht, die am vorigen Osterwochenende in Seenot geraten war ...
Eine Vibrationsramme steht im April 2024 auf einer schwimmenden Plattform steht, die am vorigen Osterwochenende in Seenot geraten war und von Einsatzhelfern aus Sicherheitsgründen abgesenkt wurde. | Bild: Cian Hartung

Bislang konnten die Mitarbeiter der Baufirmen einen Teil der Hafenmolen bauen. Mit Betonierarbeiten geht es nach den Sommerferien weiter und die Stromsäulen für Stege sollen montiert werden. Vom alten Hafen stehe noch eine Mauer, die nun rückgebaut werde. „Dann kann das neue Hafenbecken ausgebaggert werden“, sagt Frede.

Zufrieden schaut der Bürgermeister auf die abgeschlossene Renaturierung an der westlichen Seite des BSB-Steges. Diese konnte trotz der Verzögerungen und der hohen Wasserstände noch vor dem Sommer fertiggestellt und freigegeben werden. Wann der Hafen fertig sei, könne er nicht sagen, sagt er.

Die Baustelle beim Hagnauer Hafen aus der Ferne.
Die Baustelle beim Hagnauer Hafen aus der Ferne. | Bild: Cian Hartung

Baustelle sorgt für Kritik

Was Frede das „Zukunftsprojekt“ der Gemeinde nennt, sorgte bei einigen für Unmut. Mehrere Gaststättenbetreiber äußerten sich während der Sommersaison gegenüber dem SÜDKURIER kritisch. Sie sprachen wegen des Baulärms von Gästebeschwerden, Rückerstattungen oder Stornierungen. Außerdem kritisierten sie fehlende Kommunikation seitens der Gemeinde zu den lauten Bauarbeiten. Namentlich wollte sich in der kleinen Gemeinde aber niemand äußern.

Urlaubsgast kritisiert Gemeinde

Vom Lärm betroffen war Wolfgang Kalmbach aus dem Raum Esslingen. Der Notzinger fahre mit seiner Frau nach eigenen Angaben „seit mehr als 40 Jahren mehrmals im Jahr“ nach Hagnau, sagt er. In diesem Frühjahr schliefen sie in einer der Unterkünfte direkt am See. Von ihrer Terrasse aus hatten sie beste Sicht auf die laute Baustelle – und waren dementsprechend betroffen.

Erst bei ihrer Ankunft habe das Ehepaar von der Baustelle erfahren, erklärt er. Vor der Abreise erhielten sie immerhin rund zehn Prozent Preisnachlass, die Kurtaxe musste er aber trotzdem zahlen. Das ärgert Kalmbach, eine „Riesenschweinerei“, sagt er. Er beschwerte sich bei der Gemeinde und schickte den Mailverlauf an die Überlinger SÜDKURIER-Redaktion. Darin forderte er die Gemeinde auf, der Unterkunft den Preisnachlass und ihnen die Kurtaxe zu erstatten.

Das sagt der Bürgermeister zu Beschwerden

Gegenüber Kalmbach entschuldigte sich eine Mitarbeitende der Gemeinde für die Unannehmlichkeiten. Sie verweist jedoch darauf, dass Bürger und Gastgeber über die lauten Bauabschnitte informiert worden seien. Außerdem lehnt sie die Forderung ab, die Kurtaxe zu erstatteten, da Kalmbach und seine Frau die bereitgestellte Infrastruktur trotzdem wahrgenommen hätten.

Ähnlich äußert sich auch Bürgermeister Frede zur Forderung nach Rückerstattungen. Er sagt zu den Beschwerende: „Baustellen gehören zur Entwicklung dazu, jedes Haus und Hotel musste ebenfalls mal gebaut werden und hat dabei das Umfeld beeinträchtigt.“ Eine große Baustelle in zentraler Lage in einer Tourismusgemeinde sei natürlich eine Belastung für alle. Aber es wäre keine Alternative gewesen, deshalb nichts zu tun.

Volker Frede, Bürgermeister von Hagnau.
Volker Frede, Bürgermeister von Hagnau. | Bild: flb

Das Verständnis und auch das Interesse für das Projekt sei da, auch bei vielen Gästen, sagt er. „Wichtig ist die Information an die Gäste im Vorfeld, sodass diese frei entscheiden können, ob sie trotz Großbaustelle anreisen wollen.“ Frede zufolge habe das gut funktioniert. „Ich danke jedem, der dazu beigetragen hat, der Transparenz hergestellt hat und für Verständnis geworben hat.“

„2026 kommen wir dann wieder“

Er ist optimistisch, dass der Ärger über Baulärm bald der Freude über den neuen Hafen weicht. „Der Genuss im neuen Bereich in der kommenden Saison zu sitzen“, werde die Baustellenzeit, schnell vergessen lassen, hofft er.

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Wolfgang Kalmbach hat der Lärm in diesem Jahr verärgert, an seiner Liebe zu Hagnau rüttelt das aber nicht. Im kommenden Jahr wolle er mit seiner Frau wegen der Baustelle erstmal nicht wieder den Winzerort besuchen. „Im Jahr 2026 kommen wir dann wieder.“