Raku ist eine japanische Brenntechnik, die Wohlgefühl, Freude und Glück bedeutet. Und genau diese Gefühle konnte man am Sonntagvormittag bei Aller Art gegenüber dem Sennhof erleben. Mag sein, dass Vernissagen oft etwas einseitig sind, nur bezogen auf die ausstellenden Künstler. Das war nun ganz anders. Denn es ging um ein Land, das derzeit droht oder bedroht wird – je nachdem, welche Lesart man bevorzugt.
Mit Sanaz Norouzi-Haghighi und Asghar Khoshnavaz stellen noch bis zum 2. August zwei Iraner ihre ganz unterschiedlichen Werke aus und bringen damit den Orient zum Okzident. Sie tun genau das, was schon vor Jahrhunderten immer wieder geschehen ist. „Denn unsere Kultur ist daraus erwachsen“, wie Andrea Meurer von Aller Art feststellte. Sie sei froh, „dass ihr hier seid und eure Welt hierher tragt.“ Das tun die beiden Künstler nun in ganz unterschiedlicher Weise.

Nourouzi-Haghighi lebt in Italien und arbeitet derzeit an einem besonderen Projekt, weshalb sie nicht nach Heiligenberg kommen konnte. Doch ihre Buntstift- und Bleistiftzeichnungen ziehen den Betrachter förmlich hinein in die geschwungenen Formen, in die Wirbel der Zeit. Die Emotionalität ist spürbar und wenn die Bilder im Sonnenlicht ihre Farben preisgeben, dann ist ein tiefes Durchatmen angesagt. Ein Durchatmen, das irgendwie Erleichterung und Zufriedenheit bringt.

Immer einen zufriedenen Eindruck macht Asghar Khoshnavaz. Dabei ist es keineswegs so, dass er die Hässlichkeiten der Welt, wie Krieg und Vertreibung, nicht sieht. Ganz im Gegenteil. Schon lange setzt er sich für Flüchtlinge ein, die vor noch nicht langer Zeit über den Balkan nach Europa gekommen sind. Er selbst kam vor vielen Jahren mit dem Zug auf der gleichen Route nach Deutschland. Und wenn er davon erzählt, dann ist das amüsant, macht aber auch nachdenklich. Es gab sie noch die Zeiten, als Menschen aus fernen Ländern kommen konnten, ohne dass sie Zäune überqueren oder um ihr Leben fürchten mussten. Der Iraner, der auch schriftstellerisch tätig ist, kam eher zufällig mit Raku-Gefäßen in Berührung. Das war so eindrücklich, dass er beschloss, sofort Keramiker zu werden.
Bei Raku wird der Gasofen auf bis zu 1000 Grad erhitzt. Dann werden die Tonprodukte im glühenden Zustand mit einer Zange herausgenommen und die Hitze durch ein spezielles Verfahren langsam reduziert. Dadurch wird jedes Stück zu einem Unikat in Ausdruck und Form. Und genau das macht die Faszination der Dinge aus, die jetzt in Heiligenberg zu sehen ist. Anfassen, fühlen, anschauen, man muss so ein Stück in sein Herz schließen, damit man wirklich etwas davon hat.
Ausstellung täglich von 11 bis 18 Uhr bei Aller Art noch bis zum 2. August.
Künstler
- Sana Norouzi-Haghighi: Die 36-Jährige ist freischaffende Künstlerin und wurde in Esfahan/Iran geboren. Dort machte sie auch ihr Abitur und studierte Teppichdesign. 2012 kam sie nach Italien und begann an der Akademie Albertina in Turin das Studium der Innenarchitektur, das sie vier Jahre später mit Erfolg abschließen konnte. 2018 begann sie, sich mit 3-D-Design und Autocad-Programmen zu beschäftigen. 2007 wurde sie mit dem Rolf-Brönstrup-Preis ausgezeichnet.
- Asghar Khosnavaz: Der 75-Jährige ist in Trabiz im Iran geboren. Er studierte Pädagogik und lebt seit 1970 in Deutschland. Seit 1979 ist er freischaffender Künstler mit einer eigenen Werkstatt in Wald bei Pfullendorf. Vor einigen Jahren gewann er mit einigen Bildern einen Preis der Unesco und widmet sich intensiv der japanischen Brenntechnik Raku.