Noch steht nicht fest, ob und wann das Höhenfreibad in dieser Saison öffnet. Die Corona-Pandemie hat auch hier Einfluss. „Je nach der Lage werden wir entscheiden, was geschieht“, sagt Bürgermeister Frank Amann. Im September 2018 war das Bad nach Totalsanierung und Angliederung eines Freizeitgeländes mit Abenteuerspielplatz und Ballspielfeld neu eröffnet worden.
Erstes Schwimmbad oberhalb Hofstetter Mühle
Das war 105 Jahre nach der Eröffnung des ersten Sonnen-Luft- und Schwimmbades oberhalb der Hofstetter Mühle im heutigen Ortsteil Steigen. Der SÜDKURIER begab sich auf Spurensuche und wurde fündig. Wie damals gehört das ehemalige Badgelände dem Haus Fürstenberg. Mittlerweile ist es aber verpachtet an Gärtnermeister Egon Karl Egenolf und seine Familie, der rund um die Hofstetter Mühle eine Spezialgärtnerei betreibt, die weit über die Region hinaus bekannt ist.
Egon Karl Egenolf hat seine Begeisterung für Bambus bei einer Asienreise vor 40 Jahren entdeckt und daraufhin mit dem Anbau dieser damals noch exotischen Gewächse begonnen. Nicht durch Bambus, sondern durch trockenes Schilf muss man sich durchzwängen, wenn man das alte Schwimmbecken sehen will. Karl-Franz Stefan, lange Jahre Postbeamter in Heiligenberg, führt den SÜDKURIER über das Gelände.

Bereits 1926 hatte es Probleme mit Rissen im Beton gegeben und das Bad wurde bald darauf aufgegeben. Der Grund: Man hatte beim Bau des Beckens wohl den Beton etwas zu mager ausgelegt und so war absehbar, dass das Bauwerk auf Dauer nicht halten würde.
Wasser für Becken kam aus einem Weiher
Trotzdem: Teile des Beckens sind noch immer erhalten und erinnern an Zeiten, als hier gebadet wurde. Das Wasser kam aus einem höher gelegenen Weiher. Zwar gibt es noch heute ganz in der Nähe einen Bach, aber dessen Wasser wäre wohl zu kalt gewesen.
Schließlich gab es keine Heizung für das Becken und wenn man an den heutigen Komfort im Höhenfreibad denkt, dann stellt man sich die Frage, ob man in Steigen auch geschwommen wäre. Aber die Menschen waren damals nicht sehr anspruchsvoll und das Bad zwar zweifellos eine Sensation für die Region.

Separate Badezeiten für Fürstliche Familie
Gebadet wurde nach Geschlechtern getrennt und für die Fürstliche Familie gab es separate Badezeiten. An den Werktagen durften männliche Erwachsene von 9 bis 12 Uhr und von 17.30 bis 21 Uhr baden. Weibliche Erwachsene waren von 13.30 bis 17.30 Uhr dran, mittwochs und samstags aber nur von 13.30 bis 16 Uhr. Knaben durften am Mittwochnachmittag von 16 bis 18 Uhr und Mädchen samstags zur gleichen Zeit ins Wasser. Eintritt wurde zu diesen Zeiten nicht verlangt.
Sechserkarte kostete Erwachsenen 1 Mark
An Sonn- und Feiertagen musste eine „Taxe“ bezahlt werden. Männer und Knaben durften dann von 10 bis 12 Uhr und von 16 bis 19 Uhr ins Wasser, weibliche Personen von 13.30 bis 16 Uhr. Eine Sechserkarte für Erwachsene kostete damals 1 Mark. Heute wären das 1,60 Euro. Man muss aber berücksichtigen: Im Jahr 1920 betrug der durchschnittliche Monatslohn in Deutschland etwa 80 Mark.
An Tagen, an denen das Bad geöffnet war, hisste man eine Fahne. Das war sehr praktisch für die Heiligenberger. Denn ein Blick ins Tal informierte sofort, ob Badetag war oder nicht. Immerhin war der Weg nicht ganz unbeschwerlich. Zumindest nicht, wenn es die „Alte Steige“, wie sie heute heißt, zurückging. Die Kurgäste im Hotel „Post“, die im Bad waren, wurden durch das Läuten einer Glocke informiert, dass schon bald das Essen auf dem Tisch stehen würde.

Die Infrastruktur im Bad in Steigen entsprach der damaligen Zeit und war in keiner Weise mit heute vergleichbar. Für Frauen und Männer gab es natürlich getrennte Toiletten. Das waren aber Latrinen und die Löcher sind heute noch zu sehen. Ansonsten sind mehr Idylle und Wildnis angesagt und liegen kann man hier auch nirgends. Das Bad würde wohl heutzutage niemand mehr vermissen.

Früher war das aber anders. Heiligenberger, Hotellerie und Fürstliche Familie vermissten die Badegelegenheit, wie man nachlesen kann. Also war klar: Heiligenberg braucht ein neues Freibad.
Neues Freibad entstand aus Löschteich
Und das entstand dann aus einem ehemaligen Löschteich gegenüber der Betenbrunner Straße, wo sich das Bad heute noch befindet. Es gab einen kleinen Steg, ein kleines Sprungbrett, Umkleidekabinen und eine Bretterwand, mit der die Nichtschwimmerabteilung abgetrennt wurde.

Am 27. Juni 1936 wurde das neue Bad feierlich eingeweiht. Es gab Musik und es wehten die Fahnen des Hauses Fürstenberg, des Landes Baden und auch der Nationalsozialisten, wie das damals üblich war.
Wohl nach dem Zeiten Weltkrieg wurde die Liegewiese erweitert und später eine Minigolfanlage gebaut, was damals sehr modern war. 1990 wurde die Anlage dann für rund 37 000 Euro neu gestaltet. Immer wieder fanden auch Turniere statt. Letztmals im Jahr 2016. Dann wurde die Minigolfanlage entfernt.

1982 drohte das Gesundheitsamt mit der Schließung des Bades, da die hygienischen Voraussetzungen nicht mehr zeitgemäß waren. Auch damals investierte die Gemeinde: neue Umkleidekabinen, ein neuer Sanitärbereich, ein moderner Wärmetauscher, durch den die Badesaison verlängert werden konnte, und eine Umwälzanlage, die das Wasser säuberte.

Probleme gab es immer wieder mit dem Kleinkindbecken. Dort musste aus hygienischen Gründen mehrmals täglich das Wasser abgelassen werden. Bereits 2012 begann der Gemeinderat, sich mit einer Totalsanierung und Erweiterung des Bades zu befassen. Das Ergebnis kann man sehen und benutzen.