Das Meersburger Strandbad feiert in diesem Jahr sein 85-jähriges Bestehen. Doch die Badekultur in Meersburg ist eigentlich schon viel älter. Bei einem Treffen im heutigen Frei- und Strandbad an der Uferpromenade gewährt Peter Schmidt Einblicke in 165 Jahre Schwimmen in Meersburg. Besser gesagt: im Bodensee vor Meersburg. Bereits 1854 gab es laut Schmidt die erste von einer Aktiengesellschaft gegründete Seebadeanstalt am Hafen Frey.

Schmidt berichtet: „Meersburg war wirklich die allererste Stadt am Bodensee, die mit dem Volksbaden begann.“ Da die Aktiengesellschaft bankrott ging, verschwand die Badeanstalt jedoch wieder. Im Jahr 1921 gab es einen neuen Versuch. Es entstand das zweite Seebad am Bodensee nebst Langenargen. Standort war der Hafen Klingenstein an der Unteruhldinger Straße. Schmidt: „1932 wurden die Holzhütten an die Stadt Pfullendorf verkauft.“ Der Rest sei abgerissen und im Gemeinderat der Beschluss für ein neues Strandbad gefasst worden, so Schmidt.

Einweihung im Juni 1934
Schon im Sommer‘33 warb die Stadt mit dem neuen Strandbad, obwohl die Anlage noch gar nicht gebaut war. Das war erst knapp ein Jahr später der Fall: Im Mai 1934 wurde sie fertiggestellt, quasi dem Bodensee abgerungen. Schmidt zufolge war eine Aufschüttung von 10 000 Kubikmeter Material auf einer Länge von 200 Metern nötig. Dieses Material bauten die Arbeiter im Hinterland ab und transportierten es ans Meersburger Ufer. Gehalten wird das Frei- und Strandbad auch von Pfählen.

Auf Aufnahmen von 1933 sind die Bauarbeiten zu sehen, die Pfähle ragen aus dem Grund. Schmidt nimmt an, dass es sich um Eisen handelt. Stück für Stück entstand das Strandbad. Die Kosten beliefen sich insgesamt auf 100 000 Reichsmark. Schmidts Schätzungen nach entspräche dies heute einem Betrag von 800 000 bis einer Million Euro. Einen Kredit gab es von Hermann Schwer, dem Chef der Saba-Werke in Villingen und Meersburger Ehrenbürger. Schwer habe der Stadt sicher 20 000 bis 30 000 Reichsmark geliehen, sagt Schmidt. Die Einweihung des Strandbads wurde schließlich am 3. Juni 1934 mit viel Bodenseeprominenz gefeiert. Von diesem Tag stammt auch ein Foto, auf dem Bürgermeister Karl Moll, Hermann Schwer und dessen Ehefrau beisammen stehen.

Jugend bräunt sich in Strandbad
Erste Postkarten zeigten unter anderem das zentrale Infrastrukturgebäude im Bauhausstil. Laut Schmidt war der runde Mittelteil als „Bratpfanne“ bekannt, wo sich die Meersburger Jugendlichen bräunten.
Vor allem für die Jugend zwischen 15 und 20 Jahren entwickelte sich das Strandbad zum beliebten Anziehungspunkt – und blieb es auch über all die Jahrzehnte. Für die Jugendlichen fanden Wettschwimmen und Tauchveranstaltungen statt. Die jungen Leute traten am Sprungturm gegeneinander an, die Erwachsenen schauten vom Ufer oder aus dem Wasser zu.

Stadt treibt Tourismus voran
Schmidt sagt, dass man sich in jenen Jahren eigentlich andere Sorgen gemacht habe, als ein Strandbad zu erbauen. So war die Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er und im Verlauf der 1930er Jahre zu überstehen. Zudem begann in den 30er Jahren die NS-Zeit. Doch in Meersburg wurde gleichzeitig der Tourismus vorangetrieben. Die Themen waren „die alte Stadt im Süden“, Freizeit, Spaß und Erholung, was sich durch alle Prospekte zog. Damit verbunden: das Baden. Schmidt sagt: „Egal, ob mit NS-Propaganda oder ohne.“ Noch 1944, vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs, und dann wieder 1947 wurden Werbeprospekte gedruckt. Für die Besatzer sogar in französischer und englischer Sprache. Im Jahr 1950 gab es für das Strandbad die erste Frischzellenkur. Wie Schmidt aus seinen Notizen vorliest, wurden zum Beispiel die Kabinen erneuert.

Erinnerungen werden gepflegt
Cornelia Maywald, Geschäftsführerin der Meersburg Therme Betriebsgesellschaft, zu der auch das Frei- und Strandbad gehört, sowie Betriebsleiter Fabian Dalmer sind die Geschichten aus diesen frühen Jahrzehnten bekannt. „Aber nicht in dieser Tiefe und Bedeutung“, sagt Dalmer. Gerade zum 85. Geburtstag sollen die Erinnerungen an früher gepflegt werden. „Wir wollen sie den Meersburgern zeigen. Das Strandbad wird von ihnen geliebt“, fügt Maywald hinzu. Die Anlage sei insgesamt ein Leuchtturm für Meersburg.

Erste beheizte Freibadanlage
1973 ging es mit großen Schritten in die Zukunft. In einer Werbeanzeige war zu lesen: „Für unsere Gäste bieten wir ab Sommer 1973 eine beheizte Freibadanlage direkt am Bodenseeufer mit Schwimmer-Becken, Nichtschwimmer-Becken und Kinder-Planschbecken.“ Dazu der 200 Meter lange Badestrand. Schmidt sagt, dass es sich um das erste beheizte Freibad am Bodensee gehandelt habe. Dalmer erläutert: „Man hat versucht, die Freibadsaison zu verlängern.“ 1981 wurde eine Wärmehalle mit Warmbecken und Massagepilz gebaut. Der Schwimmer stellt sich darunter und von oben prasselt das Wasser herunter. Die Variante von 81 gab es bis in die 90er Jahre in Meersburg.

Eröffnung der Meersburger Therme
Ab dem Jahr 1994 wurde das Schwimmerbecken mit Thermalwasser gefüllt. Die Quelle war bei der staatlichen Suche nach Erdöl- und Ergasvorkommen in hunderten Metern Tiefe gefunden worden. Zunächst fuhr der Bauhof das Thermalwasser in einem Tanklaster vom Bohrloch zum Schwimmbad. Ein Bauhofmitarbeiter sei extra dafür abgestellt worden, sagt Schmidt. Dieser habe das Wasser durch die Unterstadt zum Frei- und Strandbad transportiert. Letztmalig erweitert wurde die Meersburger Badekultur mit der Eröffnung der Therme im Jahr 2003 – gleich zu Beginn gab es auch die Saunalandschaft und Pfahlbausaunas. Die Meersburger sind Gastgeber: Seit der Säkularisation habe man die Gastgeberrolle, sagt Schmidt. Egal, ob es gefalle oder nicht. Man habe sich schon immer auf das konzentriert, „was wir können“, so Schmidt.


Das Frei- und Strandbad heute
Das Frei- und Strandbad wartet mit 7000 Quadratmeter Liegewiese, 50 Meter Sportbecken mit acht Bahnen, Erlebnisbecken mit Strömungskanal, Bodensprudel und Rutsche, zwei Kinderbecken sowie dem direkten Zugang zum Bodensee mit Sprungturm im See auf. Außerdem gibt es einen Spielplatz, ein Beachvolleyballfeld, Tischtennisplatten und einen Gastronomiebereich. Geöffnet ist es in den Sommermonaten (Mitte Mai bis Mitte September). Cornelia Maywald, Geschäftsführerin der Meersburg Therme Betriebsgesellschaft, rechnet diesen Sommer mit etwa 80 000 Besuchern. „Trotz der vom Wetter her gesehen nicht so schön beginnenden Freibadsaison haben wir in diesem Jahr schon mehr Saisonkarten verkauft als im letzten Jahr“, sagt Maywald. Bei den warmen Temperaturen besuchten täglich rund 1400 Badegäste das Frei- und Strandbad. „Obwohl zurzeit keine Ferien sind“, so die Geschäftsführerin. (san)