Alles begann mit Corona oder besser gesagt: dem ersten Lockdown. Kerstin und Norbert Kindt gingen spazieren, nicht weit von ihrem Wohnhaus im Immenstaader Westen entfernt. „Da begegnete uns eine Familie mit Kindern“, schildert Kerstin Kindt. Besagte Familie war allerdings abseits der Wege unterwegs. Darauf angesprochen, erzählten sie, dass sie Müll sammeln. „Und wir dachten uns dann: Wieso nicht auch etwas tun, statt sich nur aufzuregen, wenn irgendwo wieder Müll liegt“, schließt Kerstin Kindt.
Seither haben die Kindts nach eigenen Angaben jeden Tag Müll aufgesammelt – konsequent und egal, wo sie sich gerade aufhielten. „Ich habe immer eine kleine Tüte dabei, wenn ich unterwegs bin und sammle zumindest zwei, drei Sachen auf“, sagt Kerstin Kindt. Im Ort selbst drehten sie regelmäßig eine kleine Runde von ihrer Wohnstraße aus. Die Menge an Müll, die sie dort sammelten, erschrecke sie. Und es werde einfach nicht weniger. Dabei gingen sie für ihre Sammelaktion noch nicht einmal in den Ortskern.
Sie hätten weitere Aktionen gestartet, sich etwa dem „Kippenfreitag“ angeschlossen, wobei es vor allem auch um Aufklärung gehe. „Viele denken, ihr Zigarettenfilter sei aus Baumwolle, die Zigarette selbst bloß aus Tabak“, erklärt Norbert Kindt. Die Menschen reagierten erschrocken, wenn ihnen dann aufkläre, dass da Kunststoff sei und Gift, dass sie in die Umwelt werfen. Sie selbst hätten immer Taschenaschenbecher zum Verschenken dabei. Dieselben kleinen Aschenbecher kann man inzwischen auch im Aquastaad oder bei der Tourist-Information im Immenstaader Rathaus erhalten.
Wunsch nach mehr Mülleimern im Gemeindegebiet
Als Treffpunkt für das Gespräch haben die Kindts den Parkplatz vor dem Aquastaad vorgeschlagen. Hier gibt es eine Bushaltestelle, von der aus man in beide Richtungen ein gutes Stück zurücklegen muss, um einen Abfalleimer zu finden. Das ist freilich kein neues Problem. Nicht tragbar, finden die beiden. „In unserer zweiten Heimat stehen deutlich mehr Mülleimer. Natürlich ist auch da nicht alles super, es wird trotzdem Müll daneben geworfen, aber es liegt eben doch deutlich weniger herum“, führt Norbert Kindt aus. Mit der Anzahl an öffentlichen Mülleimern in Immenstaad beschäftigt sich auch der Gemeinderat in seiner Sitzung am kommenden Montag.
Auch die Entsorgung von wildem Müll halten die beiden Kindts hier für mangelhaft. Vor einigen Tagen haben sie zerbrochene Glasflaschen im Gebüsch vor dem Aquastaad gemeldet; entfernt wurden diese bis Mittwochmittag nicht. Dabei seien Flaschen gut sichtbar direkt am Parkplatz des Bades und eine Entfernung müsse auch im Interesse des Bades liegen, finden die beiden. „Gerade an Glasscherben können sich Tiere verletzen“, betont Kerstin Kindt.

An die Presse wenden wollten sie sich nach eigenem Bekunden eigentlich nie. Gleichgesinnte, mit denen sie online vernetzt seien, hätten nun aber dazu geraten. Anlass war ein Altreifen, der trotz Kontaktaufnahme zum Abfallwirtschaftsamt des Bodenseekreises lange nicht entfernt worden sei. „Den ersten Reifen vor ein paar Monaten habe ich noch selbst aus dem Mühlbach gezogen“, sagt Norbert Kindt. Doch irgendwo seien dem eigenen Engagement auch Grenzen gesetzt.
Der zuletzt von den Kindts gemeldete Altreifen blieb zehn Wochen und sechs Tage im Mühlbach liegen, mitten im Landschaftsschutzgebiet. Nach der letzten Mail ans Landratsamt, die in Kopie auch lokale Medien erreichte, vergingen Kerstin Kindt zufolge keine neun Stunden, bis die Meldung über die Entfernung des Reifens folgte.
„Jeder kann etwas tun, um Müll zu vermeiden“
Doch bei allem Ärger ist den beiden eines am wichtigsten: „Jeder kann etwas tun, um Müll zu vermeiden“, sagt Kerstin Kindt. „Das fängt damit an, beim Bäcker nicht die 42. Tüte mitzunehmen, sondern einen eigenen Beutel zu nutzen. Und eben Kaffee im Mehrwegbecher zu holen, das Mittagessen in einem waschbaren Behältnis.“ Selbst im aktuellen Coronakontext: Für FFP2-Masken gebe es inzwischen eine waschbare Alternative. Und natürlich sei es wichtig, den eigenen Müll sauber zu entsorgen.