Die Situation im Kreuzungsbereich beim Bahnübergang wiederholt sich täglich zigfach: Sobald sich die Bahnschranken neigen, weil ein Zug durchfährt oder beim Bahnhof anhält, stehen sämtliche Ampeln für alle Fahrtrichtungen auf Rot. Besonders zu den Hauptverkehrszeiten bilden sich morgens und abends Rückstaus. Steigen die Schranken nach oben, gehen alle Ampeln aus und zeigen gar nichts an. Das erfordert dann erhöhte Vorsicht von allen Verkehrsteilnehmern. Vor allem vor Unterrichtsbeginn und nach Unterrichtsende steigt das mögliche Unfallrisiko.
- Karin Simmoleit wohnt in unmittelbarer Nähe der Kreuzung an der Ensisheimer Straße. Sie hat am Dienstagabend in der Gemeinderatssitzung das Thema Gutenbergstraße und Ensisheimer Straße als abknickende Vorfahrtsstraße mitverfolgt und stimmt ein Klagelied an: "Prinzipiell geht man als Anwohner davon aus, dass eine defekte Ampelanlage gegen eine moderne ausgetauscht wird. Das mit den Defekten geht ja schon seit Jahren so." Nach Simmoleits Beobachtungen sind es tagsüber pro Stunde bis zu vier Züge, Güterzüge nicht mitgerechnet. "Nach meinem Empfinden stellt sich die Bahn ihrer Verantwortung nicht, ohne dass ich weiß, in wie weit die Stadt in der Mitverantwortung ist. Der Mindestanspruch ist doch, dass die Bahn zu einer schnellen Zustimmung für eine abknickende Vorfahrtsstraße kommt. Wenn es schon keine Ampel gibt, ist die abknickende Vorfahrtsstraße auf alle Fälle die bessere Lösung, als der jetzige Zustand." Simmoleit hat einen weiteren Gedankengang: "Es stößt wohl allen Anwohnern der Ensisheimer Straße und Bernhardstraße sauer auf, dass die Stadt billigend in Kauf genommen hat, dass die Einführung der Tempo-30-Zone auf der B 33/Ravensburger Straße zu einer Verkehrsverlagerung in die Südstadt geführt hat. Es ist für mich unverständlich, dass die Bernhardstraße und die Ensisheimer Straße keine durchgängige Tempo-30-Zone sind." Simmoleit setzt noch einen drauf: "Es kann nicht sein, dass eine sichere Geldeinnahmequelle geschaffen wird, die zu Lasten der Südstadt geht. Aus Sicht der Anwohnerin der Ensisheimer Straße "kann hier gerne auch eine Blitzeranlage aufgestellt werden". Ihr Argument: "Es geht in erster Linie nicht nur um die Verkehrssicherheit für Schüler des Bildungszentrums, sondern auch für alle Grundschüler und alle Kindergartenkinder, die über das Bahngleis müssen. Eltern begleiten ihre Kinder, weil sie Angst um die Kleinen haben."
- Franz Frick wohnt einen guten Steinwurf von Simmoleit entfernt in der Brunnerstraße. Er ist ebenfalls in der Gemeinderatssitzung gewesen. Er sagt: "Mir scheint, Fußgänger und Radfahrer sind in der in der Sitzung vorgestellten Untersuchung und Simulation gar nicht vorgekommen." Frick, der gerne das Fahrrad nutzt, erklärt: "Ich befürchte erhöhte Unfallgefahr, wenn Radfahrer von der Gutenbergstraße geradeaus Richtung Heggelinstraße und Autofahrer nach rechts in die Bernhardstraße abbiegen wollen. Und ich frage mich, wie eine Linksabbiegespur auf der Heggelinstraße in Richtung Bernhardstraße überhaupt funktionieren können soll, insbesondere, was den Verkehr auf der Achse Ensisheimer Straße und Bernhardstraße anbelangt."
- Karl-Heinz Binder, der unweit der Kreuzung an der Bernhardstraße wohnt und auch in der Ratssitzung gewesen ist, bringt einen weiteren Gesichtspunkt ein: "Richtig gefährlich wird es, wenn Radler der abknickenden Vorfahrtsstraße folgen, Autofahrer aber geradeaus Richtung Heggelinstraße wollen. Ich glaube nicht, dass Radler von Autofahrern immer gesehen werden." Binder plädiert dafür, dass in der jetzigen Situation zusätzlich blinkende Baustellenwarnleuchten installiert werden. "Die würden noch deutlicher auf die bestehende Tempo-30-Zone hinweisen." Außerdem müsse schnellstmöglich eine provisorische Fußgängerampel in der Bernhardstraße aufgestellt werden, wie das in der Ensisheimer Straße schon der Fall ist. Nach Binders Beobachtungen sind derzeit Fußgänger gefährdet, weil sie die Bernhardstraße an gewohnter Stelle bei defekter Ampel überqueren. Binder hört sich frustriert an, als er sagt: "Mich ärgert furchtbar, dass trotz mehrfachen Briefverkehrs mit der Stadtverwaltung seit Anfang 2015 sich nichts geändert hat. Und jetzt ist die Ampelanlage an der Kreuzung ganz kaputt." Außerdem nerven ihn die zunehmenden Hupkonzerte, wenn gerade einmal wieder nichts vorwärtsgeht.
Gemeinderatsbeschluss: abknickende Vorfahrt auf Gutenbergstraße/EnsisheimerStraße
Der Gemeinderat Markdorf hat in jüngster Sitzung am Dienstagabend beschlossen, dass die Verkehrsführung beim Bahnübergang im Kreuzungsbereich Gutenbergstraße/Bernhardstraße/Heggelinstraße/Ensisheimer Straße geändert wird. Aus der Gutenbergstraße und Ensisheimer Straße solleneine abknickende Vorfahrtsstraße und hierbei zunächst schnellstmöglich ein Provisorium eingerichtet werden. Bislang sind die Bernhardstraße und die Ensisheimer Straße bevorrechtigt. Der Gemeinderat hat die Ingenieursgesellschaft "brenner Bernard" aus Aalen mit der Umplanung einschließlich zweier Fußgängerampeln in der Berhardstraße und Ensisheimer Straße beauftragt.
- Torsten Heine-Nims von der genannten Ingenieursgesellschaft hat im Gemeinderat mittels einer digitalen Präsentation Untersuchungen und eine Simulation von Verkehrsströmen im Kreuzungsbereich aufgezeigt. Heine-Nims legt die Herausforderungen dar. Einerseits sollen Rückstaus auf den Straßen möglichst vermieden werden, der Gleisbereich muss freibleiben. "Wichtig ist der Nachweis für die Deutsche Bahn, dass das Gleis frei bleibt." Andererseits sollen die Strecken für Radfahrer und Fußgänger möglichst sicher sein. Die Fußgängerampeln dürfen auch nicht zu weit von der Kreuzung entfernt sein, damit sie akzeptiert, sprich benutzt werden. Das Resümee: Bei abknickender Vorfahrt sei eine gute Abwicklung des Fahrzeug- und Fußgängerverkehrs möglich. Es komme nicht zu einer sogenannten Überstauung im Kreuzungsbereich.
- Mitglieder des Gemeinderats sind skeptisch, ob für Radfahrer und Fußgänger – speziell für Kinder und Schüler – eine möglichst gute Verkehrssicherheit hinbekommen werden kann. Stadträtin Kerstin Mock (CDU): "Es ist sehr wichtig, dass eine provisorische Fußgängerampel in der Bernhardstraße aufgestellt wird". Was ihr in der Simulation fehlt, sind Untersuchungen zu Radfahrerströmen von der Gutenbergstraße in Richtung Bildungszentrum. Grundsätzlich ist Mock positiv auf eine abknickende Vorfahrtsstraße gestimmt: "Ich denke, man kann's versuchen."
- Auf Nachhaken von Stadtrat Benno Sandkühler (Umweltgruppe), "ich sehe für Radfahrer ein riesiges Problem", entgegnet der Experte Heine-Nims: "Es gibt sehr viele Möglichkeiten." Er nennt spontan zwei Beispiele: Markierungsbahnen und Radschutzstreifen. Jürgen Hess, Ordnungsamtsleiter der Stadt Markdorf, erklärt, dass für Radfahrer tatsächlich Optimierungen notwendig sind. Diese sollen "unter Beteiligung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) und des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) erarbeitet werden".
- Stadtrat Uwe Achilles (SPD) unterstreicht die Forderungen, dass die Verkehrsführung für Radfahrer/Fußgänger/Kinder sicher sein muss. Achilles regt für den Fall an, dass das Provisorium zeige, dass die Lösung abknickende Vorfahrtsstraße nicht funktioniert, man sich parallel dazu um eine Ampelanlage kümmert, die modernen Ansprüchen genügt. Die Einschätzung des Experten Heine-Nims zur Verfahrensdauer: "Selbst wenn die Deutsche Bahn Gas gibt, ist eine neue Ampelanlage unter drei oder fünf Jahren nicht zu machen." Er, Heine-Nims, habe nicht den Eindruck, dass irgendjemand das hinnehmen wolle. Stadtrat Simon Pfluger (CDU): "Wir sollten das umsetzen. Was wir mit der abknickenden Vorfahrtsstraße bekommen, ist jedenfalls besser, als das, was wir jetzt haben."