Am Montagabend hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel an die Nation gewandt. Im Kampf gegen das Coronavirus seien drastische Eingriffe nötig. Die Regierung empfehle den Bundesländern, alle Geschäfte zu schließen, die nicht zur unmittelbaren Versorgung der Bevölkerung dienen. Das Umsetzen legte Merkel in die Hände der Länder und Kommunen.
Nach der Rede der Kanzlerin keine weiteren Informationen morgens
„Fehlanzeige“, moniert Helmut Schweizer, Geschäftsführer des Dekorations- und Geschenke-Geschäfts „des & sell“ in der Marktstraße. Zwar habe er die Kanzlerin am Vorabend gehört. Auch was sie angekündigt habe: „Maßnahmen, die es so in unserem Land noch nicht gegeben hat.“ Doch am nächsten Morgen seien da keine weiteren Informationen gewesen.

Händler möchten wissen, wie sie sich verhalten sollen
Ebenso ging es Lisa Bitzenhofer, Inhaberin des Herrenbekleidungsgeschäfts Kappeler drei Häuser weiter. „Sonst werden wir von den Verbänden überschwemmt mit E-Mails“, erklärt die Geschäftsfrau. „Doch heute – nichts!“ Also habe sie sich im Internet auf die Suche gemacht, wie sie sich verhalten solle. Auf der Markdorf-Seite, auf der Seite der Industrie- und Handelskammer (IHK) – vergeblich.

Vom Einzelhandel ist in der Rechtsverordnung des Landes nicht die Rede
Helmut Schweizer von „des & sell“ berichtet, was er auf der Internetseite der Stuttgarter Landesregierung entdeckt hat: „Eine Rechtsverordnung gegen die Ausbreitung des Virus.“ Demnach seien alle Sozialkontakte unbedingt einzuschränken. „Theater, Museen, Schwimmbäder, öffentliche Bibliotheken und auch Prostitutionsstätten sind zu schließen“, zitiert er aus der Liste der Landesregierung, die etliche weitere Einrichtungen nennt. Vom Einzelhandel sei da nicht die Rede. „Aber schauen Sie sich um“, fordert Schweizer auf, „hier in Markdorf haben alle offen.“

„Neu eröffnete Läden werden kaum über die Runden kommen“
Beatrice Strauch, Inhaberin von Strauch Parfümerie und Fotografie, hofft, dass sich das für sie auch in nächster Zeit nicht ändert. Sie rechnet mit weiteren Schließungen. Vielerorts dürften tatsächlich nur noch jene Geschäfte Kunden bedienen, die sie mit dem Lebensnotwendigen versorgen. „Wir verkaufen auch Drogeriebedarf“, begründet Beatrice Strauch ihre Zuversicht. Weniger zuversichtlich zeigt sie sich insgesamt für den Einzelhandel. „Vor allem neu eröffnete Läden werden kaum über die Runden kommen, wenn sie nichts verkaufen können“, befürchtet die Fachhändlerin.
Arbeit im Reisebüro von Stornierungen beherrscht
Von einer regelrechten Katastrophe spricht Ingrid Lippmann-Köyhasi, Inhaberin des Reisebüros Lippman in der Ravensburger Straße. Die Reisekauffrau klagt: „Stornierungen, Stornierungen und noch einmal Stornierungen, ein gutes halbes Jahr Arbeit – völlig umsonst.“ Nicht erst seit den jüngsten Reisewarnungen träten ihre Kunden zurück. Auch seien es nicht allein Ziele wie Japan, Ägypten oder die Philippinen. Selbst nach Skandinavien wolle niemand mehr. „Hochinteressante Expeditionsreisen, etwa in die Arktis, werden jetzt vom Veranstalter storniert.“ Darum rate sie ihren Kunden abzuwarten, bis der Veranstalter storniert, sagt Ingrid Lippmann-Köyhasi. Das spare dann Kosten. Reisewillige gebe es in diesen Tagen überhaupt keine.

Friseur will so lange öffnen, wie keine Anordnung zum Schließen kommt
Daniel Kelbing, Inhaber des Friseurgeschäfts Haarzeit in der Breiten Gasse, empfängt hingegen immer noch Kunden. „Sicher, viele sind besorgt, machen sich Gedanken“, räumt der Friseur ein. Doch wurde Sauberkeit auch schon vor der Corona-Krise großgeschrieben. „Wir gehören zur Hygiene-Branche – nur wird heute noch mehr desinfiziert.“ Er selbst habe keine Angst, sich mit dem Coronavirus zu infizieren. Und Haare schneiden werde er, „so lange niemand anordnet, dass wir unsere Salons schließen müssen“.

Sanitätshaus hat geschlossen und Kontakttelefonnummer angegeben
Das Bild an diesem Dienstagmorgen ist uneinheitlich. Das Sanitätshaus Kley etwa hat schon jetzt geschlossen – obwohl die Branche bislang ausgenommen ist. An der Ladentür hängt jedoch eine Telefonnummer, damit die Kunden auch weiterhin ihre Pflegemittel erhalten können. Die allermeisten Geschäfte sind offen. So wie Guldin Haushaltswaren, wo sich Inhaberin Sylvia Ströer um ihre Osterartikel sorgt. „Die Lieferanten liefern ja weiter, auch wenn wir nichts verkaufen.“

Kunden dürfen das Geschäft nur einzeln betreten
Magdalena Linnig möchte am Ostersamstag in der Ulrichstraße die ersten Gäste im neuen Café mit Vinothek Ambasadorka empfangen. Sie bangt nun, weiß nicht, was kommt. Und das Megamix-Team in der Hauptstraße bittet seine Kunden um Rücksicht, um hinreichenden Abstand und um den Eintritt erst dann, wenn ein anderer Kunde das Geschäft verlassen hat. Darüber hinaus werde man aber schon wegen des Postversands weiterhin geöffnet haben, heißt es am Postschalter im Inneren.
