Wer braucht schon Bauklötze, wenn es Tannenzapfen gibt? Und wer braucht einen Stoffhasen, wenn der Käfer direkt vor einem herumkrabbelt? Im Markdorfer Waldkindergarten wird mit dem gespielt und gearbeitet, was die Natur an Materialien zu Verfügung stellt.
„Wir benötigen gar nicht so viel Spielzeug“, sagt Leiterin Franziska Nusser, die zusammen mit ihren Kolleginnen Ina Berger und Ulrike Huber derzeit 12 Kinder in der neuen städtischen Einrichtung oberhalb der Forsthütte betreut.

Nusser kommt aus Ravensburg und hat Teile ihrer Ausbildung in einer Naturgruppe absolviert. Sie mag an ihrer Arbeit den direkten Bezug zur Natur und dem Wetter. „Wir sind immer draußen, egal ob die Sonne scheint, es heiß ist, regnet oder kalt ist.“
Als Unterschlupf gibt es einen 12 Meter langen Bauwagen – der dann im Winter zum Aufwärmen eine gute Rückzugsmöglichkeit bietet. Doch ansonsten lautet die Motivation, so viel wie möglich draußen zu machen und mit den Kindern auf Entdeckungsreise zu gehen.
„Die Kleinen besitzen so viel Fantasie und Kreativität, die finden zum Beispiel einen Stock und aus dem wird dann ganz schnell ein Schwert“, erzählt Franziska Nusser. An der neuen Werkbank sind Leonardo und Benjamin am Basteln, Bohren und Sägen – selbstverständlich nur mit handlichen Werkzeugen für Kinder. Da entstehen aus kleinen Ästen ein Auto, ein Flugzeug oder eine Rakete.

„Sie kommen mit unheimlich wenig klar“, hat Nusser beobachtet. Gemeinsam wurde ein Tipi-Zelt gebaut, in dem die kleinen Waldbewohner gerne spielen. Den Eltern sei es wichtig, dass ihre Kinder naturbewusst aufwachsen und die Natur zu schätzen und zu achten lernen, erzählt Nusser. Es gibt einen Holzschnitzel-Haufen, einen Balance-Bereich und einen Kreis mit Baumstumpfen, auf denen die Kinder sitzen und vespern können.
Jeder Tag wird zu einem großen Abenteuer. Es gibt einen festen Ablauf, aber dazwischen auch ganz viel Gestaltungsspielraum und Freiheit. Ab 7.30 Uhr ist der Waldkindergarten geöffnet, dann wird gespielt, um 9 Uhr treffen sich alle zum Morgenkreis.
Nach einem Begrüßungslied widmet man sich einem Wochenthema. Diese Woche lautet es „Pippi Langstrumpf„. Dazu wird gebastelt, gemalt und Geschichten gelesen – und der Bauwagen bekommt den Namen „Villa Kunterbunt“.

Bei einem täglichen Spaziergang durch den Wald entdecken die Kinder die ganze Vielfalt der Natur. Ob Frösche, Spinnen, Schnecken, Raupen, Mäuse, Regenwürmer, Eichhörnchen, oder ein Reh – langweilig wird es nie und Scheu haben die Kinder keine. Dazu sind sie viel zu neugierig. Auch der naheliegende Bach wurde bereits erkundet, der ist allerdings momentan ausgetrocknet.

Dazwischen pfeift irgendwo ein Vogel – und alle hören hin. „Alles wird genau beobachtet“, erzählt Ina Berger, die viele Jahre im Kindergarten St. Elisabeth tätig war. Auch sie genießt den neuen Arbeitsplatz mitten in der Natur. Wanderer oder Jogger kommen vorbei, grüßen nett und laufen weiter.
Benjamin und Leonardo erzählen begeistert von ihrem Kaufladen, in dem Steine und Tannenzapfen verkauft werden, wie sie als Feuerwehrmänner aus Holz ein Walkie-Talkie gebaut haben und als Piraten unterwegs waren – der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. „Die Kinder haben ihren ganz eigenen Blickwinkel und das macht sehr viel Freude“, sagt Ina Berger. Und die merkt man allen Beteiligten an.
Waldkindergarten
Der Waldkindergarten befindet sich oberhalb der Forsthütte bei Möggenweiler. Er bietet Platz für bis zu 20 Kinder über drei Jahre. Nach dem gegenwärtigen Anmeldestand geht die Stadtverwaltung bis etwa Juni 2020 von einer Belegung mit 18 Kindern aus. Derzeit werden 12 Kinder von drei Erzieherinnen täglich von 7.30 Uhr bis 13.30 Uhr betreut. Vor weiteren Ausbauüberlegungen möchte die Stadt zunächst den Aufbau und die Etablierung der Gruppe abwarten. Bei kräftig werdender Nachfrage sollte es laut Kindergartenbedarfsplanung zeitnah möglich sein, eine zweite Gruppe ebenfalls in der Nähe des Forstbetriebsgebäudes aufzubauen und zu eröffnen.
Nährere Informationen gibt es bei Franziska Nusser, E-Mail: f.nusser@rathaus-markdorf.de