Hans Fetscher, Jahrgang 1973, Geschäftsführer der Fetscher Zelte GmbH mit Tochterunternehmen mit insgesamt 58 Mitarbeitern, klingt nachdenklich, als er im Büro in Markdorf-Ittendorf sagt: „Die derzeitige Situation ist natürlich schwer, weil die Perspektiven schlecht sind. Wenn es Veranstaltungen gibt, ist die Frage, wie groß die Einschränkungen sind und ob man Veranstaltungen noch wirtschaftlich durchführen kann. Ich glaube, dass es aktuell in unserer Branche gar kein Unternehmen mehr gibt, das es sich leisten kann, Fehlentscheidungen zu treffen oder Projekte zu machen, wo sie noch Geld mitbringen. So ein dickes Finanzpolster kann man sich gar nicht aufbauen. Diese Branche hat seit sechs Monaten gar keine Chance, zu wirken.“
Laut Hans Fetscher gibt es coronabedingt in seiner Eventagentur mit drei Mitarbeitern Umsatzeinbrüche von 90 Prozent. „Das ist ein hartes Brett.“ Vor der Pandemie hat er mit rund 4,5 Millionen Euro Jahresumsatz gerechnet, hätten alle Veranstaltungen wie beispielsweise Mannheimer Markt, Oberschwabenschau oder auch Südwestmesse durchgezogen werden können.
Aus betriebswirtschaftlichen Gründen werden zum Jahresende zwei Mitarbeiter entlassen, „weil uns die Perspektive fehlt“. Eine Mitarbeiterin bleibe an Bord, „damit sie ihr Studium fertig machen kann“. Allerdings könne die Eventagentur auch wieder relativ zügig aufgebaut werden, Personalfluktuation ist laut Fetscher wegen beruflicher Weiterentwicklung branchentypisch.
Rund 600 Aushilfskräfte betroffen
Aber an Eventagenturen hängen laut Fetscher auch Dienstleister und Aushilfskräfte. „Bei uns hängen 600 Aushilfskräfte dran, denen seit einem halben Jahr Einkünfte fehlen. Sei es, um als Alleinerziehende die Haushaltskasse aufzubessern, als Student etwas hinzuzuverdienen, als Rentner die Enkel zu unterstützen oder sich nach Jahren wieder einmal einen Urlaub gönnen zu können. Bei weit über der Hälfte der Aushilfskräfte stecken soziale Aspekte dahinter.“
„Das ausgefallene Oktoberfest ist für mich verschmerzbar“, sagt Fetscher, das sei finanziell schon recht eng und das eine oder andere Mal ein Minusgeschäft gewesen. Dieses Mal habe er mit seinem Team ein virtuelles Oktoberfest umgesetzt: per Streaming ein 2,5-Stunden-Programm und Oktoberfeststimmung in die eigenen vier Wände holen, Fetscher hat je nach Wunsch Oktoberfestboxen mit Vesperplatten und Getränken geliefert. „Man kann davon nicht leben. Aber in vier Wochen haben wir immerhin so 7000 Leute erreicht. Das hat man auf dem Konstanzer Oktoberfest an einem Tag.“

„Inhaltlich tut das ausgefallene Oktoberfest sehr viel mehr weh“, ergänzt Fetscher. Denn das sei bislang gleichsam auch eine Plattform, um beispielsweise an Vereine oder Städte Tipps in Sachen Organisation, Jugendschutz, Öffnungszeiten, Hygienekonzept, Bewirtung, Bands und so weiter für deren Feste und Veranstaltungen weiterzugeben. „Da ist mir wichtig, sagen zu können, ‚ich hab‘ euch eine Lösung‘ .“ Für Fetscher sind Volksfeste ein Kulturgut, das es auch für nachfolgende Generationen zu erhalten und zu pflegen gilt.
Überbrückungsgelder sind überlebenswichtig
Laut Geschäftsführer ist die Fetscher Zelte GmbH – der Umsatzeinbruch liege bei rund 50 Prozent von erwarteten fast 5 Millionen Euro – als Dienstleister im Veranstaltungssektor auf die nun gewährten Überbrückungsgelder angewiesen. „Das ist nicht on top, da geht‘s ums Überleben, damit der Betrieb durch die Krise kommt und die Fixkosten abgedeckt sind.“ Hans Fetscher nennt Faktoren wie Personal, Fuhrpark, Material, Lager und deren Unterhaltskosten.
Etwas Ausgleich durch Aufträge aus Industrie und Gewerbe
Besser sieht es für die Fetscher Zelte GmbH im Industriesektor aus, Hans Fetscher spricht von 40 Prozent Umsatzsteigerung. „Durch Corona hat es stetige Warenverschiebungen gegeben. Waren wurden nicht abgenommen und eingelagert, weil die Geschäfte zu waren.“ Das habe dem Unternehmen einen Schub gegeben, weil vermehrt Leichtbauhallen benötigt würden.
Hans Fetscher nennt weitere Beispiele: Leichtbauhallen für VW in Emden, in Wolfsburg, in Zwickau. Für Porsche werde als Übergangslösung während Umbauarbeiten eine komplett funktionierende Gastronomie als Ersatz für die Kantine zur Verfügung gestellt. Bei Bräuningerland in Ludwigsburg würden Ausgleichsflächen für den Store geschaffen, ebenfalls als Zwischenlösung während Umbauarbeiten.
Laut Fetscher fordern Gastronomien in der Region beispielsweise aus Überlingen oder Ravensburg Zelte oder Pavillons an, um ihre Flächen zu erweitern und bestenfalls mehr Gäste zu bewirten. Und auch für private Anlässe und Feiern gebe es vermehrten Anfragen, Fetscher Zelte liefere hierfür auch Catering-Artikel wie etwa Geschirr, Gläser und so weiter, „alles absolut hygienekonform, vakuumiert und verpackt“.

„Aktuell haben wir Be- und Entlüftungssysteme neu im Programm, zum Beispiel für Unis und Schulen, überall wo regelmäßiges Stoßlüften gefordert wird. Das Thema Aerosole wird ja stark diskutiert. Eltern sollen ihre Kinder warm anziehen... das geht ja eigentlich gar nicht“, sagt Fetscher, Vater von vier Kindern.
Je nach Größe der elektrisch betriebenen Anlage seien Förderleistungen von bis zu 8000 Kubikmetern vorgewärmter Frischluft pro Stunde machbar, die Abluft werde mittels Ventilator nach draußen geleitet. „Da hoffen wir natürlich auf Kommunen, Landratsämter, Unis und Schulen...“