Es wird noch eine Weile dauern, bis sich Fahrer daran gewöhnen, dass die Straße Schießstattweg im westlichen Abschnitt eine Einbahnstraße ist. Das bedeutet, dass dort nicht mehr von der Bahnhofstraße in den Schießstattweg abgebogen werden darf. Ausschließlich Radfahrer sind davon ausgenommen. „Die Schilder sind am Montagvormittag montiert worden“, gibt Jürgen Hess Auskunft. Er ist Sachgebietsleiter des städtischen Ordnungsamtes. Und er bestätigt, dass es in der Vergangenheit mehrfach Anregungen von Anwohnern zur Verbesserung der Verkehrssituation gegeben habe.
Am späten Dienstagvormittag – Tag eins nach der neuen Verkehrsregel – die Probe aufs Exempel. Es dauert keine dreißig Minuten, da sind dort ab 11.15 Uhr schon 20 Fahrer verkehrswidrig abgebogen. Ein Viertel davon fährt nach einem kurzen Stopp und verdutztem Blick – eine knappe Fahrzeuglänge in der Straße Schießstattweg – weiter.

Eine Fahrerin bemerkt erst im letzten Moment, dass sie sozusagen auf dem Holzweg ist, und setzt den Wagen zurück, um auf der Bahnhofstraße in südliche Richtung weiterzufahren. Ein Radler stellt einen entgegenkommenden Autofahrer zur Rede: „Das ist doch hier Einbahnstraße!“ Zwei andere Fahrer wenden ein paar Meter später im Schießstattweg und nutzen hierzu die links und rechts gelegenen Grundstückseinfahrten von Anwohnern.

Einer der Anwohner ist Christoph Wohlrab. Er erzählt, dass am Dienstagmorgen schon „um die 50 Autos in der Einbahnstraße in die falsche Richtung unterwegs waren“. Wohl zur Arbeit oder zum Einkaufen oder zur Tankstelle. Bekanntlich gibt es im Osten des Schießstattwegs Unternehmen, einen Discounter, einen Drogeriemarkt, ein Bekleidungsgeschäft, ein Geschäft für Heimtierbedarf sowie an der Einmündung zur Zeppelinstraße/Landesstraße 207 eine Tankstelle.

„Wenn Fußgänger oder Familien mit Kindern zu Fuß unterwegs waren, sind die bei Begegnungsverkehr schon in Bedrängnis geraten“, schildert Wohlrab seine Beobachtungen. „Während des Baustellenbetriebs gab es so einige prekäre Situationen.“ Weil Auto-, Transporter- und Brummifahrer den Fußgängerweg – auf gleichem Niveau wie die Fahrbahn gelegen und nur durch eine Pflastersteinrinne abgegrenzt – nicht wirklich wahrnehmen und folglich mitbenutzen.

Nun hofft Wohlrab, dass es in der schmalen Straße einen Entlastungseffekt geben wird. Ja, er stehe hinter der neuen Regelung – auch wenn er wegen rund zehn Metern bis zu seiner Hofeinfahrt nun eine deutlich längere Strecke über die Eisenbahnstraße und zurück über den östlichen Schießstattweg fahren muss.
Wohlrabs Ansicht nach ist eine weitere Maßnahme nötig. „Eine Tonnagenbeschränkung wäre wichtig, damit es im Schießstattweg keinen Schwerlastverkehr mehr gibt. Es ist unglaublich, was hier an Lastwagen und Sattelzügen unterwegs ist.“ Und dann beim Abbiegen vom Schießstattweg in die Bahnhofstraße, wo beidseitig geparkt werden darf, gebe es regelmäßig Probleme. Und immer wieder Schäden an Einfriedungen der Grundstücke oder an den blindengerechten Querungshilfen für Fußgänger.
„Egal, wie die Situation wird, die Priorität muss auf einer Tonnagenbegrenzung liegen.“Rolf Schnekenbühl, Anwohner Schießstattweg
Das bestätigt der gegenüberwohnende Nachbar Rolf Schnekenbühl. Auch er berichtet von Schäden an seinen betonierten Einfriedungen, die durch Schwerlastverkehr verursacht würden. „Egal, wie die Situation wird, die Priorität muss auf einer Tonnagenbeschränkung liegen“, sagt er.
Anwohner: „Regelmäßige Kontrollen nötig“
Mit der neuen Verkehrsregelung ist die Angelegenheit nach Schnekenbühls Dafürhalten noch nicht erledigt. „Die Einbahnstraße macht nur Sinn, wenn das regelmäßig kontrolliert wird.“ Er nennt einen weiteren Knackpunkt: Als der Schießstattweg noch in beide Richtungen befahren werden durfte, ist in der Nachbarschaft ein Mehrfamilienhaus errichtet worden. „Die Tiefgarageneinfahrt des Mehrfamilienhauses verläuft parallel zum Schießstattweg.“ Wegen der nun neuen Verkehrsregelung Einbahnstraße dürfen ja auch die Anwohner nicht mehr von der Bahnhofstraße in den Schießstattweg fahren.

Schnekenbühls Beobachtung: Die Bewohner des Mehrfamilienhauses müssen aus östlicher Richtung kommend vom Schießstattweg rechts ab aufs Grundstück eine 180-Grad-Kehre fahren, was schon mit dem Wendekreis eines Kleinwagens kaum zu bewerkstelligen sei, ohne teilweise auf dem Schießstattweg zu rangieren.
Stadtrat Erich Wild (CDU), Anwohner der Bahnhofstraße und salopp gesagt Beinahe-Nachbar zum Schießstattweg, hat in der Zeitung die Mitteilung der Stadtverwaltung über die Einbahnstraße gelesen und ist etwas verwundert: „Es wäre schön gewesen, das Thema Schießstattweg in öffentlicher Gemeinderatssitzung zu besprechen.“ Auch Wild nennt die Tonnagenbeschränkung als ein Stichwort von Diskussionsinhalten im Gremium.
Wird Beschilderung übersehen?
Am späten Donnerstagvormittag, 12. August keine nennenswerte Verbesserung. Innerhalb von 30 Minuten 22 Falschfahrer. Ein Taxi, ein Mittelklasse- sowie ein Kleinwagen werden zurückgesetzt oder die Fahrer wenden im Kreuzungsbereich Bahnhofstraße/Schießstattweg. Die Mehrzahl der Falschfahrer scheint die neue Beschilderung schlichtweg nicht zu sehen.

Der Sachgebietsleiter des städtischen Ordnungsamtes gibt sich zuversichtlich, dass die Verkehrssituation im Schießstattweg durch die nun ausgewiesene Einbahnstraße in absehbarer Zeit besser wird. „Man muss beobachten, ob die neue Regelung funktioniert. Bei Bedarf muss kontrolliert werden“, sagt Jürgen Hess.
Das ist dann Angelegenheit der Polizei, denn rechtlich darf die Stadtverwaltung Markdorf lediglich den sogenannten ruhenden Verkehr überwachen und beispielsweise Parkverstöße ahnden.
Vor der neuen Regelung Einbahnstraße vielfach täglich im Einmündungsbereich bei der Bahnhofstraße die gleichen Szenen: Autofahrer wollen vom Schießstattweg in die Bahnhofstraße abbiegen und müssen warten, es bilden sich Rückstaus. Andere Autofahrer wollen im gleichen Moment von der Bahnhofstraße aus südlicher Richtung kommend nach rechts in den Schießstattweg einbiegen. „Und beinahe alle sind dann über den ohnehin schmalen Fußgängerweg gefahren“, berichtet Jürgen Hess vom Ordnungsamt.