Germanistik und Deutsch hat sie als Fremdsprache studiert, war Honorarkraft an der Universität Potsdam, hat lange Jahre im Bildungsbereich und in der interkulturellen Beratung gearbeitet und lebt nun seit einem Jahr in Markdorf: Magdalena Stanislawska-Belbaedoul ist seit 1. Mai 2022 hauptamtliche Integrationsbeauftragte der Stadt.

Die 50-Prozent-Stelle ist im Hauptamt angesiedelt und sie deckt, wenn man so will, eine Hälfte der Flüchtlingsarbeit der Stadt ab. Denn während Flüchtlingssozialarbeiterin Rosane Dias-Brücker für die Beratung der nach Markdorf geflüchteten Menschen zuständig ist, ist Stanislawska-Belbaedouls Aufgabe die politische Vernetzung aller in der Flüchtlingsarbeit engagierten Akteure in der Stadt und dem Landkreis. Eine große Herausforderung, die Geschick, Einfühlungsvermögen und ein großes Wissen über politische und verwaltungsinterne Abläufe erfordert.

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Bürger für Begegnungen begeistern

Wollte man ihre Arbeit aber nur auf die Zielgruppe Flüchtlinge reduzieren, würde man deutlich zu kurz greifen. Das macht Stanislawska-Belbaedoul gleich zu Beginn des Gespräches klar. „Das Thema Integration geht die gesamte Bevölkerung an, nicht nur die Geflüchteten“, betont sie. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sowohl für die Eingesessenen als auch für die Hinzugekommenen. Bestes Beispiel seien die Zusammenkünfte von Einheimischen mit Migranten, die sich mittlerweile etabliert hätten: Anfangs das von der evangelischen Kirche organisierte Café International, nun die alle zwei Wochen stattfindende Impulsmahlzeit in der Mittleren Kaplanei, wo Geflüchtete quasi ehrenamtlich mithelfen. „Solche Begegnungen sind mir wichtig und dafür möchte ich die Bürger begeistern“, sagt sie mit Überzeugung.

Überzeugen kann Stanislawska-Belbaedoul. Ihr polnischer Akzent ist nicht zu überhören, aber sie spricht druckreif, argumentiert ungemein eloquent und empathisch und man spürt: Das, was sie macht, macht sie mit Herzblut und aus tiefster innerer Überzeugung. Diese Treffen von Menschen beider Welten seien unverzichtbar und würden immer wichtiger werden. „Nur so wird echte Integration gelingen, egal ob in Markdorf oder anderswo“, sagt sie.

Eine Szene aus dem Café International der evangelischen Kirche, das inzwischen nicht mehr angeboten wird. Hier kümmert sich Gretel ...
Eine Szene aus dem Café International der evangelischen Kirche, das inzwischen nicht mehr angeboten wird. Hier kümmert sich Gretel Schwaderer um jugendliche Geflüchtete. | Bild: Jörg Büsche

Dafür knüpft sie Kontakte, verbindet Akteure aus Initiativen wie dem Arbeitskreis Flucht und Asyl des Mehrgenerationenhauses mit Vertretern aus Politik und Verbänden, Ehrenamtliche mit Hauptamtlichen aus der Migrationshilfe und koordiniert die Wege zu gemeinsamen Zielen und Lösungen. So organisiert Stanislawska-Belbaedoul etwa alle sechs bis acht Wochen Koordinationstreffen mit allen Beteiligten in Markdorf, inklusive des Behindertenbeauftragten Frank Hartel und des Demografiebeauftragten Marco Fandel. „Dort wird alles zur aktuellen Integrationspolitik besprochen und dadurch wiederum entstehen Projekte vor Ort, deswegen ist der regelmäßige Austausch auch so wichtig“, betont sie.

Schulunterricht in einer Vorbereitungsklasse: Der zehnjährige Mohamed (vorne) ist gerade mit seiner Stillarbeit befasst. Lehrerin ...
Schulunterricht in einer Vorbereitungsklasse: Der zehnjährige Mohamed (vorne) ist gerade mit seiner Stillarbeit befasst. Lehrerin Christina Schenk (links) kümmert sich derweil um Subhanullah und Gena (rechts) schaut in die Kamera. | Bild: Jörg Büsche

„Integration ist keine Einbahnstraße“

Integration, auch dieser Punkt ist ihr wichtig, sei keine „Einbahnstraße“: „Wir beraten alle Bürger zu diesem Thema, auch die Einheimischen.“ Jeder, der sich einbringen möchte oder der auch nur Fragen zum Thema hat, könne zu ihr kommen. „Das ist ein wechselseitiger Prozess“, erläutert sie. Denn: Je mehr beide Seiten voneinander wüssten, je mehr sich die Lebenswelten verschränken, umso einfacher und vor allem selbstverständlicher werde das Zusammenleben. „Mein Ziel“, umschreibt sie ihre übergeordnete Rolle, „ist das Zusammenführen von Menschen.“ Auf der anderen Seite sei sie stets auch im Austausch mit anderen Integrationsbeauftragten in anderen Kommunen oder auch auf Landesebene. Im Amt selbst sei sie auch „tief in unseren operativen Themen drin“, ergänzt Hauptamtsleiterin Regina Holzhofer – also wenn es um konkrete Angebote der Stadt geht, um städtischen Wohnraum, um behördliche Begleitung.

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Viel Lob für die Markdorfer

Wie fällt ihr Zwischenfazit nach einem Jahr in Markdorf aus? Sie fühle sich sehr wohl in der Stadt, sagt Stanislawska-Belbaedoul: „Das Engagement der Ehrenamtlichen hier ist sehr ausgeprägt.“ Viele Geflüchtete seien privat aufgenommen worden, vor allem als der große Zustrom der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine eingesetzt habe. „Mein Eindruck ist, die Markdorfer helfen gerne.“ Aus vielen Kontakten hätten sich so inzwischen auch Freundschaften entwickelt.

Galt ein großer Teil ihrer Arbeit vor einem halben Jahr noch den Geflüchteten aus der Ukraine, so wandele sich mittlerweile das Bild wieder. Aktuell leben noch knapp 90 Geflüchtete aus dem Kriegsland in Markdorf, zum Höhepunkt der Fluchtbewegungen im vergangenen Jahr seien es 118 Ukrainer gewesen. Inzwischen kämen wieder mehr Flüchtlinge aus anderen Ländern. Ihre Aufgabe bleibt dennoch dieselbe: Die Integration zum Gelingen zu führen, in Markdorf – und in den Köpfen der Menschen.