"Es spielt jetzt keine Rolle, ob ich weiblich oder männlich bin", sagt Birgit Beck über ihre Wahl zur ersten Zunftmeisterin der Historischen Narrenzunft Markdorf. Und doch ist es bisher einmalig in der 132-jährigen Vereinsgeschichte: Eine Frau an der Spitze. Wobei Birgit Beck sich viel lieber im Team sieht: "Wir besprechen und entscheiden alles gemeinsam, ziehen alle an einem Strang." Dass der Verein auch in diesem Sinne so gut aufgestellt ist, habe ihr die Entscheidung, das Amt zu übernehmen, einfach gemacht.
Nach Ostern habe man sich bei einer Präsidiumssitzung erstmals darüber unterhalten, ob sie Zunftmeisterin werden möchte, erzählt Birgit Beck. "Ich habe es auch daheim abgeklärt – mein Mann muss ja voll hinter mir stehen, sonst funktioniert das nicht", sagt sie. Mit Job und Familie müsse man sich die Zeit mit so einer Aufgabe gut aufteilen. Vor ihrer Wahl zur Vize-Zunftmeisterin im vergangenen Jahr habe sie aber länger überlegen müssen: "Es gehört schon sehr viel Herzblut dazu, so einen Posten zu übernehmen." Als stellvertretende Oberkaujohle habe sie etwa deutlich weniger Termine gehabt. Aber ihre Zeit als Vize-Zunftmeisterin sei wohl die beste Vorbereitung gewesen: "Mehr wie vor dem Narrentreffen kann es eigentlich nicht werden."
Der bisherige Zunftmeister Dietmar Bitzenhofer hatte bereits zu seiner Amtsübernahme im Januar 2016 klar gesagt, dass er das Amt nur übergangsweise übernehmen werde. Jetzt wird er ihr als Vize mit Hardy Frick beiseite stehen. Dass sie eine Frau ist, habe dabei keine Rolle gespielt: "Die Markdorfer Zunft ist seit vielen Jahren sehr offen für Frauen im Narrenrat", sagt Beck. Sie sei stolz, einer solchen Zunft nun vorzustehen und angesichts einer sehr männergeprägten Fasnet sei das schon etwas Besonderes, doch übermäßig thematisiert werde das nicht – auch wenn sie erst die zweite Zunftmeisterin bei der Vereinigung Schwäbisch Alemannischer Narrenzünfte ist.
Dass es nun erstmals zwei Stellvertreter gibt, sei auch der steigenden Belastung geschuldet: Die Aufgaben sollen auf mehr Schultern verteilt werden, der eine Vize sei repräsentativ besonders außerhalb und der andere innerhalb Markdorfs gefragt. Nach dem Landschaftstreffen sei erstmal keine Großveranstaltung geplant: Nach dem, was die Hästräger da geleistet hätten, sei eine Verschnaufpause jetzt auch wichtig. Große Umwälzungen plant Beck nicht: "Ich konnte ja bisher schon mitwirken." Aktuelle Themen seien etwa die Umsetzung der neuen Vorschriften zu Kinderschutz im Ehrenamt, die ständige Kinder- und Jugendförderung sowie der Wandel der Fasnet. Um wieder mehr Menschen zu erreichen, soll der Zunftball künftig etwa samstags statt freitags stattfinden.
Die Narretei liege ihr in den Genen, sagt Birgit Beck: Noch vor ihrer Geburt sei sie auf Umzügen gewesen, mit elf Jahren sei sie auf eigene Initiative bei den Kaujohle eingetreten. Natürlich habe es etwa während Prüfungszeiten eine Phase gegeben, wo die Zeit für Fasnet knapp war, "doch das hat immer irgendwie gepasst". Den Kaujohle will sie auch als Zunftmeisterin treu bleiben: Dieses Jahr sei sie in der sogenannten Freinacht, also der Nacht von Samstag auf Sonntag beim Narrentreffen, als Kaujohle unterwegs gewesen.
Zur Person
Birgit Beck (42) ist in Markdorf aufgewachsen, sie lebt hier mit ihrem Mann. Hauptberuflich arbeitet sie als Firmenkundenberaterin bei der Hohenzollerischen Landesbank Kreissparkasse Sigmaringen, genauer in der Filiale in Krauchenwies. Mit elf Jahren wurde sie Kaujohle, seitdem war sie auch in der Garde, Sprecherin des Jungnarrenrats und stellvertretende Oberkaujohle. Zuletzt war sie Vize im Narrenrat, am Freitag wurde sie offiziell zur Zunftmeisterin der Historischen Narrenzunft gewählt. Privat verbringt sie ihre Zeit gerne mit ihrem Mann, außerdem liest sie gerne – "aber es dreht sich schon viel um die Fasnacht". (isa)