Jeder kennt Sie als Markdorfer Narrenbolizist. Jetzt steht das große Landschaftstreffen vor der Tür und Sie sind wieder ganz in Ihrem Element. Was muss man mitbringen, um Narrenbolizist sein zu können?
Als Erstes muss man natürlich viel Spaß an der Fasnet haben, es gehört vielleicht auch ein bisschen Berufung dazu. Überhaupt Narr zu sein muss einem im Blut liegen. Denn Fasnet kann nicht jeder machen.
Nun ist es aber auch so, dass heutzutage nichts ernster ist als die Fasnet.
Sagen wir mal so: Die Vorschriften ändern sich alleweil. Wenn ich dran denke, wie das früher war, als ich noch bei den Kaujohle mitgelaufen bin. Da hat man die Mädle auf den Kaujohle-Stecken genommen, sie in die Haare gefasst, das darf man heute alles nicht mehr. Da muss man vorsichtig sein, wenn man jemanden überhaupt noch anlangt. Wann es ganz dumm läuft, hat man da schnell eine Anzeige am Hals. Heute wird auch alles doppelt und dreifach abgesichert. Das merkt man jetzt gerade in der Vorbereitung für das große Landschaftstreffen. Da bleibt schon mal der Spaß auf der Strecke, weil die Vorschriften teilweise so streng sind. Zum Beispiel müssen jetzt sechs Leute sicherheitshalber neben den Pferden herlaufen. Seit ich bei der Fasnet dabei bin, ist bei uns aber zum Glück noch gar nie etwas passiert.
Der ganze Umzug wird im Fernsehen übertragen. Welche Vorbereitungen gehen dem voraus?
Zum Beispiel müssen vom Untertor bis zum Rathaus auf der Marktstraße Absperrungen aufgestellt werden, damit sich das Fernsehteam frei bewegen kann. Diese Maßnahme wurde vom SWR gefordert. Da wir uns aber gegen eine Absperrung mit Strohballen entschieden haben, haben wir an zwei Wochenenden zusammen mit Bernhard Brutsch 60 Bänke gezimmert. Bei so vielen Vorbereitungen kann es dann schon mal passieren, dass der Spaß nachlässt, so einen Umzug zu organisieren. Wo ich aber riesige Bedenken habe, sind die Kosten, die hier auf die Narrenzunft zukommen und ob da überhaupt noch arg viel übrig bleibt. Klar haben wir viele Sponsoren und auch die Stadt und der Bauhof sind mit großer Unterstützung und tatkräftiger Mithilfe dabei, denn sonst könnten wir das alles gar nicht mehr bewältigen.
Das klingt, als ob eher ein banger Blick in Richtung Jubiläumswochenende gerichtet ist.
Nein, das nicht gerade, obwohl man nie hundertprozentig wissen kann, was passiert. Aber es wird definitiv viel Arbeit werden. Leider können wir erst am Sonntagmorgen mit dem Aufbau und dem Aufstellen der Bänke beginnen, weil da vom Fernsehen unbedingt jemand dabei sein will. Das ist so gewünscht, damit in der ersten Reihe gehockt und in der zweiten Reihe gestanden werden kann. Vor allem aus dem Grund, dass niemand weiter in die Straße rein stehen kann.

Nach dem Umzug ist vor dem Umzug, lautet in Markdorf dieses Jahr das Motto, denn am 26. Februar findet der Fasnetsonntag-Umzug statt. Ist bis dahin nicht die Luft schon raus?
Nein, überhaupt nicht. Denn das ist eine ganz andere Art von Umzug. Da geht es sehr familiär zu, da sind die ganzen Kinder, viele Markdorfer Fußgruppen und Hästräger mit dabei. Das ist dann schon fast so was wie unsere Markdorfer Hausfasnet.
Gilt denn auch für Sie der Satz: Alles hat seine Zeit? Wie lange wollen Sie noch Markdorfs Narrenbolizst sein?
Das stimmt schon, dass alles seine Zeit hat. Also allzu lange kann das aus meiner Sicht nicht mehr gehen. Ich werde dieses Jahr 70. Aber jetzt lass’ ich erst mal die Fasnet auf mich zukommen und dann sieht man weiter. Trotzdem – es wird schon jedes Jahr immer mühseliger.
Denken Sie tatsächlich bereits über einen Nachfolger nach?
Nein, denn noch ist es ja nicht so weit. Aber irgendwann muss ich mich schon mit dem Gedanken befassen, dass ich nicht mehr ewig Narrenbolizist der Markdorfer Narrenzunft sein werde.
Wäre das nicht ein wehmütiger Abschied?
Hach ja, schon. Das wird mir sicherlich sehr schwerfallen. Aber vieles geht mir nicht mehr so von der Hand, und ich merke einfach, dass ich älter werde. So bin ich auch der Meinung, dass diese Aufgabe durchaus mal Jüngere übernehmen können, denn ich werde nicht an diesem Amt festhalten.
Gibt’s denn in den Reihen der Narrenzunft Jüngere, die dieses Amt überhaupt übernehmen wollen, oder kann sich das heutzutage gar keiner mehr vorstellen?
Ach, ich hätte mir das vor 23 Jahren auch nicht vorstellen können. Und dann bin ich sehr schnell in dieses Amt hineingewachsen. Damals kam Otto Gäng auf mich zu und hat mich gebeten, die Nachfolge von Markdorfs erstem Narrenbolizisten, Arthur Effinger, anzutreten. Das hat mich anfangs wochen- und monatelange schlaflose Nächte gekostet. So eine Persönlichkeit, wie Arthur Effinger das war, konnte ich niemals repräsentieren. Denn ich bin nicht der große Redner, wie der Arthur das gerade auch beim Dreckkübelgschwätz immer war. Das war mir klar, dass ich solche Reden niemals schwingen kann.
Das Schöne aber ist doch, dass jeder diese Aufgabe meistert, so gut er kann. Ist es nicht so, dass Ihr Gesicht unmittelbar mit der Fasnet und der Person des Markdorfer Narrenbolizisten verknüpft wird und Sie längst zur eigenen Marke geworden sind?
Ich bin ein Narrenbolizist, wie ich das leben will. Und so muss sich jeder selber darstellen und dabei einfach echt und authentisch sein. In der Fasnet funktioniert das ganz sicher nicht, dass man sich da irgendwo reinzwängen lässt. Da darf man nicht versuchen, jemanden zu kopieren, sondern muss seinen eigenen Weg finden, denn sonst geht das absolut in die Hose. Ich bin der Meinung, Fasnet muss man aus dem Herzen raus machen, ohne das geht es nicht. Ansonsten muss man es bleiben lassen.
Fragen: Helga Stützenberger
Zur Person
Heinz Schwenninger wurde am 24. Dezember 1947 in Markdorf geboren und wuchs mit sieben Geschwistern in der Brunnerstraße auf. Seine Ausbildung zum Maler absolvierte er in Markdorf bei Helmut Engelke. Neben seinem langjährigen Einsatz bei der Feuerwehr war Heinz Schwenninger viele Jahre im Ringen erfolgreich. Seit 1993 ist er im Dienste der Narrenzunft als Narrenbolizist unterwegs und längst zu seiner eigenen Marke geworden. Heinz Schwenninger hat mit seiner Frau Angelika zwei Töchter im Alter von 24 und 16 Jahren. Bis zum vollendeten 65. Lebensjahr war der Markdorfer 22 Jahre lang bei der Firma Aro in Friedrichshafen angestellt. Seit 2012 im Ruhestand, ist Schwenninger nach eigenen Angaben pausenlos „am Schaffen“.