Ein allerletztes überlautes Hauruck von Alfons Viellieber, dem Chef der Zimmerleute, und der Narrenbaum steht. 26 Meter geschälten Stammes ragen in die Höhe. Wie eine Eins, das räumen auch die Männer vom Vermessungstrupp ein. Eben noch haben sie laut lamentiert. Weil es schon drei geschlagen hatte, der Baum aber noch immer nicht stand. Obwohl doch die Regel lautet: Punkt 15 Uhr muss die Arbeit geschafft sein.

Narrenbaum wurde angesägt
Dabei sollten die Mannen vom Vermessungstrupp doch im Grunde froh sein, dass es dieses Jahr überhaupt noch einen Narrenbaum in Markdorf gibt. Denn kurz zuvor noch hatte Zunftmeisterin Birgit Beck der Besuchermenge ums Marktplatz-Karree berichtet, dass der eigentlich vorgesehene Stamm in der Nacht von Narrenbaum-Frevlern angesägt worden war. Ihn noch gefahrlos in die Senkrechte zu bringen, war damit nicht mehr möglich. Doch dürften sich die bösen Buben noch auf ein Nachspiel gefasst machen, kündigte die Zunftmeisterin an. „Da gab es eine Wildkamera im Wald.“
Von Kronen, Kaisern und Königen
Ansonsten ist aber alles in bester Ordnung mit Narrenbaum Nummer zwei. Unten – in einer mit ein paar Kletter-Klimmzügen noch verhältnismäßig gut erreichbaren Höhe – hängt der Kranz mit den Paketen. Gut verpackt, fest verschnürt, baumeln daran die von Markdorfer Geschäftsleuten gespendeten Geschenke, die gleich von mutigen Kletterkünstlern abgegriffen werden können wie reife Früchte.
Und ganz oben an der Spitze ist dem Baum noch seine Krone geblieben. Apropos Krone: Vorhin hatte sich Zunft-Chefin Birgit Beck im Vorbeigehen noch gefreut. „Besser konnte es nicht kommen – wir haben Kaiserwetter“, sagte sie.
Da rockt die Fischerin vom Ochsenbach
Tatsächlich haben die Zimmerleute in Hemd und Weste geschuftet. Für die Jacke war es schier schon zu warm in der Sonne. Sie hoben und ruckten. Sie hebelten und stemmten die 26 Meter Nadelholz aus dem Markdorfer Stadtwald Stück um Stück empor.

Der Winkel ward immer steiler. Und die Musik der Zunftkapelle immer wilder. Grüßten zu Beginn des Narrenbaumstellens noch der weiße Schwan und die Fischerin vom Bodensee, ging es bald schon an die „Rivers of Babylon“ – bis endlich den Zimmerleuten mit „Rock Around the Clock“ richtig Dampf gemacht wurde.
Frisch gefedert von der Rutsche
Heiß her war es zuvor auf dem Rathausplatz zugegangen. Heiß und ausgelassen. Bauamtsleiterin Monika Gehweiler hatte nämlich einmal mehr bewiesen, welche choreografischen Qualitäten sie aus ihrer rheinischen Heimat an den Gehrenberg mitgebracht hat.

Nicht als Funken-Mariechen, aber als 50er-Jahre-Rock-‘n‘-Rollerin schwang sie die Beine – und das übrige Verwaltungsteam schwang mit. Stadtoberhaupt Georg Riedmann gab derweil den Lead-Gitarristen, mit Elvis-Brille auf der Nase und Elvis-Perücke auf dem Kopf.

Die auf schwerem Ernte- und Baugerät im Schritttempo dem Rathaussturm nahenden Vermessungstruppler nannten den Schultes dann auch König – King George – gingen im Übrigen aber recht respektlos mit seiner Majestät, dem King of Rock ‚n‘ Roll, um.


Sie schickten ihn zunächst auf die quasi-antike Rutsche, mit der einst der Männerchor seine Waldfeste zur Party gemacht haben. Unten angekommen, wurde der strapazierte Schultes gefedert. Er lächelte das weg, wünschte den Markdorfern eine tolle Fasnet – und versprach ab Montag wieder einen geregelten Rathausbetrieb.
Hoffentlich dann mit prallerem Säckel, war die zuvor den Rathauserstürmern überlassene Kasse doch gänzlich leer.