Der Ausruf „heilig‘s Blechle“ steht für Erstaunen, auch für Ver- oder Bewunderung. Außerdem begreifen viele Autobesitzer ihr Gefährt als verehrungswürdiges Objekt, das sie hingebungsvoll pflegen. Und je intensiver das geschieht, desto länger hält sich ihr Fahrzeug. Über die Jahrzehnte bekommt es den Oldtimer-Status. Genau den hatten rund 30 Wagen, die am Sonntag anlässlich des Dixiefests – dieses Mal mit dem neuen Namen „Dixiefest and friends“ beworben – auf dem Marktplatz vorfuhren.

Ihr Glanz, ihr Lack kamen allerdings kaum zur Geltung, weil Regengüsse die Ansicht trübten. Kurzum: Das heilige Blechle wurde nass. Schön anzuschauen war es trotzdem. Schon weil die Karosseriebauer der zurücklegenden Jahrzehnte für gewöhnlich weit mehr Geschmack bewiesen, als dies bei den heutigen Strömungswiderstands-Optimierern ganz überwiegend der Fall ist.

Was für ein Auto, dieser Mercedes-Benz 220 s, Baujahr 1963, mit Heckflossen! Christina und Karlheinz Hoher geraten ins Staunen.
Was für ein Auto, dieser Mercedes-Benz 220 s, Baujahr 1963, mit Heckflossen! Christina und Karlheinz Hoher geraten ins Staunen. | Bild: Jörg Büsche
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Ausgestellte Wagen zeigen Charakter

Hier wohl gerundet, dort eher schnittig, woanders überraschend üppig oder schlichtweg kompakt – die auf dem Marktplatz ausgestellten Wagen zeigten Charakter. Und das Beste: Der Großteil ihrer Besitzer lud zum Hineinsetzen ein. Mehr noch: Es gab sogar Spazierfahrten durch die Stadt. Und dies für einen guten Zweck. Denn die Runde im betagten Wagen kostete zehn Euro. Zehn Euro, die für eine soziale Aktion gespendet werden. Womit dann der alte Ursprung des Ausdrucks heilig‘s Blechle berührt ist, der sich einst – lange, lange vor Carl Benz – auf die Hilfe für Bedürftige bezogen hat.

Daniel Kelbing (vorn) hat die Oldtimer-Show beim Dixiefest organisiert – und manchen Besucher durch die Stadt chauffiert.
Daniel Kelbing (vorn) hat die Oldtimer-Show beim Dixiefest organisiert – und manchen Besucher durch die Stadt chauffiert. | Bild: Jörg Büsche

Auf die Idee zur Oldtimer-Aktion kam Daniel Kelbing. Der Markdorfer Friseurmeister ist Oldtimerfan – und stolzer Besitzer eines US-Straßenkreuzers. Darüber hinaus ist Kelbing bestens vernetzt in der regionalen Szene der Oldtimerfreunde. Er informierte – und sie kamen. Nicht alle, aber die allermeisten ließen sich vom angekündigten Regen nicht abhalten. Sodass Kelbing sich recht zufrieden zeigte. „Die Geschichte ist gut angekommen – vor allem bei den Leuten, die mitfahren durften“, erklärte er. „Es wird bestimmt nicht das letzte Mal sein“, freute er sich bereits aufs nächste Dixiefest.

Gesammelte Spenden gehen an einen guten Zweck

Weiterer Grund zur Freude sind die gesammelten Spenden – 360 Euro. An deren Zustandekommen auch die Musiker von Unplugged Devilles ihren Anteil hatten. Obgleich bloß für schönes Wetter angekündigt, kamen die Musiker trotzdem – und blieben bis zum Schluss, sodass die versprochenen „kleinen musikalischen Einlagen“ zur zusätzlichen Attraktion wurden – neben den vier in der Innenstadt spielenden Bands.

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Von schwärmenden Mitfahrern berichtete Kurt Rosenthal. Er lud in seinen Mercedes-Benz 220s, Baujahr 1963, ein. „Das ist der mit den größeren Heckflossen“, wie die Kenner wüssten, so Rosenthal über die etwas längeren, außerdem stärkeren Modelle als jene der normalen 220er-Baureihe. Bei einigen wurden Kindheitserinnerungen wach. Frühe Fahreindrücke vom Sitzen auf der Rückbank tauchten wieder auf. „Mein Onkel hatte auch so einen“ oder Ähnliches bekommt Kurt Rosenthal öfter zu hören.

Jens Reckstadt (links) hat seinen Mazda MX5, einen Joungtimer, präsentiert und Kurt Rosenthal seinen Mercedes-Benz 220 s.
Jens Reckstadt (links) hat seinen Mazda MX5, einen Joungtimer, präsentiert und Kurt Rosenthal seinen Mercedes-Benz 220 s. | Bild: Jörg Büsche

Erstaunen weckt auch Lutz Müller mit seinem Trabant, Baujahr 1978. „Den habe ich aus meiner alten Heimat mitgebracht“, erklärt der in der Nähe von Magdeburg aufgewachsene Mann. Sein Trabbi steht gepflegt und mit Regentropfen überperlt in leuchtendem „Capri-Grün“. Von der Felseninsel habe der einfache DDR-Bürger nur träumen dürfen, so Müller. Die Sehnsucht nach einem capri-grünen Gefährt ließ sich dagegen schon eher stillen.