Pünktlich um 19.30 Uhr begann am Dienstagabend die offizielle Kandidatenvorstellung für das Bürgermeisteramt in Markdorf. Amtsinhaber Georg Riedmann sowie seine Herausforderer Heike Padberg, Klaus Schultz, Markus Lauffer und Alexander Kauderer hatten je 20 Minuten Zeit, sich und ihre kommunalpolitischen Vorstellungen zu präsentieren. Vielfachkandidat Samuel Speitelsbach verzichtete auf eine Teilnahme.

Rund 80 Zuschauer waren coronabedingt in der Stadthalle dabei, die Veranstaltung wurde per Live-Stream ins Internet übertragen, den zu- und abnehmend zwischen 250 und 450 Zuschauer verfolgten. Fragen oder eine Diskussion waren an diesem Abend nicht vorgesehen.

Georg Riedmann eröffnete die Vorstellungsrunde. Der Amtsinhaber konzentrierte sich auf die Sachthemen, berichtete was in den vergangenen acht Jahren erreicht worden sei und welche Aufgaben bis 2029 anstünden. Für Persönliches blieb kein Platz. Anders Heike Padberg: Sie berichtete aus ihrer wechselvollen Vita, ging aber auch auf Sachthemen ein – souverän im Vortrag, aber auch mit Aussagen, die zuweilen Fragezeichen hinterließen.

Klaus Schultz nutzte seine Redezeit, um sich selbst vorzustellen, der gebürtige Markdorfer verlor sich dabei jedoch ein wenig in seiner Lebensgeschichte. Markus Lauffer wiederum präsentierte sich am emotionalsten in der Runde, sparte nicht mit teils deutlicher Kritik an Riedmann, überzeugte aber auch mit Kenntnissen und Ideen. Alexander Kauderer blieb zuletzt die etwas undankbare Rolle des Schlussredners. Inhaltlich mit klaren Aussagen und vielen Ideen punktend, war ihm aber seine noch unsichere Rhetorik deutlich anzumerken.

Georg Riedmann: Die Zukunft der Stadt gemeinsam gestalten

Bürgermeister Georg Riedmann blickte in seiner exakt 20 Minuten dauernden Rede zunächst auf „acht intensive Jahre“ zurück, bevor er die Zuschauer mit in die Zukunft nahm und skizzierte, wie Markdorf im Jahr 2029 aussehe könnte. Riedmann betonte, dass er das „heraufordernde und erfüllende Amt“ mit großer Freude ausübe, er und seine Familie hier eine Heimat gefunden haben und er sich sehr gerne wieder zur Wahl stelle.

Die vergangenen Jahre seien mit großen Herausforderungen und Projekten verbunden gewesen und mit engagierten und kontrovers geführten Diskussionen. „Heute kann ich aber feststellen, dass die wichtigsten in dieser Zeit diskutierten Themen umgesetzt sind oder aktuell in die Umsetzungsphase starten.“ Daher sei er manchmal irritiert, wenn er das Raunen höre, es sei zu wenig gelaufen. Riedmann führte als einen Schwerpunkt die Kinderbetreuung an. Ziel sei es, jungen Familien als Standortfaktor eine erstklassige Kinderbetreuung zu bieten. Hier hätte Markdorf derzeit ein „vorläufiges Plateau“ erreicht, so Riedmann.

Bild 1: Kandidatenvorstellung der Stadt: Fünf sehr unterschiedliche Bewerber präsentieren ihre Ziele für Markdorf
Bild: Lang, Andreas

Der zweite Schwerpunkt seien Erschließungsarbeiten sowie die Sanierung und Erweiterung der Abwasserentsorgung und -besorgung gewesen. Hier führte er die Eisenbahnstraße, Möggenweiler und Kreuzgasse als Beispiele an. Doch immer wieder seien die Erfolge der Kommunalpolitik an Dingen festgemacht worden, die nicht so unkompliziert verlaufen seien, sagte Georg Riedmann. Auch wenn man die Bürger nicht für den Umzug des Rathauses ins Bischofschloss begeistern konnte, so habe man mittlerweile die Weichen richtig gestellt. Das Gerüst am Rathaus steht und die Ideen für die Nachnutzung des Schlosses werden zur Debatte gestellt.

Diese Visionen hat Georg Riedmann von Markdorf im Jahr 2029

Wie sieht Markdorf nach weiteren acht Jahren 2029 aus? Georg Riedmann sieht eine „lebendige, moderne Kleinstadt in der Ferienregion Gehrenberg-Bodensee“. Man tue alles dafür, dass die Unternehmen weiterhin erfolgreich wirken können, damit man finanziell gut ausgestattet, die Aufgaben der Zukunft „kraftvoll“ angehen könne. Der Einkaufs- und Dienstleistungsstandort ist der Anziehungspunkt im Bodensee-Hinterland, die Innenstadt präsentiert sich mit hoher Aufenthaltsqualität, so die Vision von Riedmann.

Hauptaufgabe in den kommenden Monaten werde auch die Entwicklung eines tragfähigen und attraktiven Konzeptes für ein Hotel sein. Er bleibe als Bürgermeister mit seinem ganzen Team ein Ansprechpartner und Unterstützer in allen Belangen. Weitere Themen, die er unter anderem ansprach, waren die Flächenentwicklung, Jugend, Klimaschutz, Wohnbebauung, Belange der Senioren und Beteiligungsprozesse. „Ich möchte die Zukunft unserer Stadt gemeinsam gestalten“, so Riedmann.

Heike Padberg: Bürgerbeteiligung und Playmobil-Figuren vor dem Rathaus

Souverän im Vortrag, teils in freier Rede präsentierte sich Heike Padberg. Die 55-jährige Langenargenerin bezeichnete Innenstadtentwicklung, Klimaschutz, Familie und Jugend und vor allem Bürgerbeteiligung als ihre Kernthemen. 2009 habe sie eine „Lebenskrise“ gehabt, die im Nachhinein aber eine Chance gewesen sei und aus der sie gestärkt herausgegangen sei. Wieso die Bewerbung in Markdorf? „Weil mich spirituell sehr viel mit Markdorf verbindet“, sagte sie. Markdorf sei „einer der 1000 Orte auf der Welt, den man einmal besucht haben muss“. Tourismus sei für sie wichtiger als Gewerbe, da Tourismus, gut und richtig geleitet, nachhaltiger sei. Wesentlich dafür sei aber eine gelungene Innenstadtentwicklung: Der Weg vom Obertor übers Untertor in die Hauptstraße und bis an deren Ende sei „eine Katastrophe“, die Innenstadtachse sei architektonisch überhaupt nicht gelungen. Dies müsse man „nochmals heilen“.

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Bild: Lang, Andreas

Der „Adler“ stehe für sie nicht zur Frage. Das Flair des Gasthofes müsse erhalten werden, ein Bürgerzentrum und eine kleine Gastronomie könne man dort einrichten. Für das Bischofschloss würde sie einen Teil für die Verwaltung vorsehen, kombiniert mit einer kleinen „Kulturszene“ und einer Gastronomie. Auch die Tourist-Info würde sie ins Schloss umsiedeln wollen. Dann seien die Touristen bereits vor oder in einem der schönsten Wahrzeichen der Stadt. Auch drei Meter hohe Playmobil-Figuren, zum Beispiel Bürgermeister und andere bekannte Persönlichkeiten der Stadt, könne sie sich vor dem Rathaus als touristischen Anziehungspunkt vorstellen, nachdem der Playmobil-Erfinder auch eine Zeitlang in Markdorf gelebt habe.

Verkehr muss laut Heike Padberg aus der Innenstadt verbannt werden

Als Beitrag zum Klimaschutz müsse der Verkehr aus der Innenstadt verbannt und stattdessen ein Pendelbus-Verkehr zu Parkplätzen am Stadtrand eingerichtet werden. Nachverdichtung sei ebenfalls „ein Thema“, eine städtische Baugenossenschaft dafür überlegenswert. Zunächst gelte es aber, die „Seelen der Markdorfer wieder zu heilen“ und die Stadtgesellschaft nach der Pandemie wieder zusammenzuführen. Sie würde mithelfen, Vereine wiederzubeleben und sie würde Nachbarschaftsprojekte und Bürgerarbeitsgruppen einrichten. Mit einem besseren „Informationssystem“ würde sie für mehr Transparenz zu den Bürgern sorgen. „Ich will mehr Bürgerbeteiligung“, schloss Padberg ihre Rede.

Klaus Schultz: Bezahlbaren Wohnraum schaffen und Bürgerstiftung errichten

Klaus Schultz begann mit seiner Rede um 20.12 Uhr. Ihm war es wichtig, dass sich die Zuschauer ein Bild von seiner Person, seinem Leben und seinen Ideen für Markdorf oder wie er es stets sagte „unserer Stadt“ machen können. Er teilte seinen Vortrag in drei Teile: Seine persönliche Vita, der Grund für seine Kandidatur und Qualifikation, die er mitbringe sowie seine Gedanken zu einigen allgemeinen Themenfeldern. Was man von ihm erwarten könne, seien Authentizität und Aufrichtigkeit. Was man nicht von ihm erwarten könne, seien plakative einfache Lösungen für komplexe Themen. Schultz ist in Markdorf geboren, in der Gallusstraße aufgewachsen, im Bildungszentrum zur Schule gegangen.

Bild 3: Kandidatenvorstellung der Stadt: Fünf sehr unterschiedliche Bewerber präsentieren ihre Ziele für Markdorf
Bild: Lang, Andreas

Mit 17 Jahren zog er der Liebe wegen nach Heidelberg. Die Rhein-Neckar-Region, heute lebt er in Mannheim, wurde zu seiner neuen Heimat. Schultz wollte Berufssoldat werden, ein Dienstunfall beendete diesen Traum. Er wechselte in die EDV-Branche, 2014 hatte er eine Sinnkrise, habe eine Auszeit gebraucht und sei viel gewandert. Nach dem Verkauf seiner Firma und nach dem Einsatz für geflüchtete Menschen bildete er sich als Fachwirt im Gesundheits- und Sozialwesen weiter. Für ihn sei immer klar gewesen, wieder in seine Heimatstadt zurückzugehen, hier hat er 2003 seine Frau Elke in der evangelischen Kirche geheiratet.

Bürger haben es laut Schultz verdient, zwischen mehreren Kandidaten zu wählen

Auch sei er ein „begeisterter Demokrat“. Deshalb habe er sich unter anderem für eine Kandidatur entschieden, da es die Bürger verdient hätten, zwischen mehreren alternativen Kandidaten zu wählen. Aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Geschäftsführer sehe er sich der Aufgabe gewachsen. Seine Stärken seien seine schnelle Auffassungsgabe und das Einarbeiten in komplexe Themen. Er scheue auch nicht davor zurück, unpopuläre Entscheidungen zu treffen.

Bei den Themen liege ihm vor allem Jugend und Soziales am Herzen. Den Jugendlichen, die besonders von der Corona-Pandemie betroffen seien, müsse man passende Angebote und geschützte Räume zur Verfügung stellen und ihnen Hilfe und Unterstützung anbieten. Des Weiteren setze er sich für eine Bürgerstiftung ein, die es ermöglicht, Menschen in Not zu helfen. Anschließend sprach er unter anderem die Themen bezahlbaren Wohnraum, Verkehr und Mobilität, Wirtschaft und Handel sowie Finanzen an. „Bezahlbares Wohnen ist Lebensrecht“, so Klaus Schultz, er sei seit 40 Jahren Mieter. Es sei vordringlichste Aufgabe der Kommune, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, sonst nütze alle Wirtschaftsförderung nichts. Um 20.32 Uhr beendete er seine Rede.

Markus Lauffer: Breitseiten gegen Riedmann und konkrete Ideen für die Stadt

Als einziger der fünf Kandidaten überzog Markus Lauffer seine Redezeit – um zwei Minuten. Er trat von allen Kandidaten auch am engagiertesten und angriffslustigsten auf. Mehrfach schoss er sich dabei auf Amtsinhaber Riedmann ein. Der Bürgermeister gebe sich in den Medien als Wirtschaftsförderer, dabei habe Markdorf in den vergangenen Jahren rund 200 Arbeitsplätze verloren, weil sich Unternehmen andere Standorte gesucht hätten. Markdorf, so Lauffer, sei „ein Schiff, das ziellos in einem traumhaften Meer treibt“. Als „Kapitän“ würde er das Schiff wieder auf Kurs bringen.

Bild 4: Kandidatenvorstellung der Stadt: Fünf sehr unterschiedliche Bewerber präsentieren ihre Ziele für Markdorf
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Ein Beispiel für Missmanagement sei für ihn die Rathaus-Sanierung. Offiziell sei von Kosten in Höhe von sechs Millionen Euro die Rede. Am Ende werde der Umbau wohl acht Millionen kosten und bekommen würde Markdorf dann kein „Rathaus 2040“, sondern ein Rathaus 2021, das gerade so die gesetzlichen Vorgaben zu Brandschutz und Barrierefreiheit erfülle, aber nicht im Mindesten ein modernes Verwaltungsgebäude sei. Zum Bischofschloss merkte Lauffer ironisch an: „Bürgerentscheide werden nicht umgesetzt, sondern ausgesetzt“, mit dem Verweis, dass nach wie vor über die künftige Nutzung diskutiert werde. Und es wurde noch unterhaltsamer: Mehr als 10 000 Euro sei in Markdorf eine Taube wert, rief Lauffer dem Publikum zu. „70 000 Euro werden in Markdorf für ein Taubenhaus am Rathaus ausgegeben, während Ihre Kinder in Leimbach nach wie vor in Containern lernen.“

In Markdorf herrsche Stillstand, findet Markus Lauffer

Markdorf sei vor zehn Jahren eine hochattraktive Stadt gewesen, heute herrsche Stillstand, „und Stillstand heißt Rückschritt“. Salem habe Markdorf inzwischen „um Längen überholt“, so der 50-jährige Kandidat aus Villingen, dessen Schwester in Markdorf lebt. Inhaltlich sei für ihn der Klimaschutz ein „überparteiliches Thema, das uns alle betrifft“. Um den in der Stadt zu beschleunigen, würde er die Stelle eines kommunalen Klimamanagements schaffen. Beim Bischofschloss gehöre zur Wahrheit, dass die Stadt selbst sich das Gebäude auf Dauer nicht leisten könne, also müsse es eine Investorenlösung geben. Dabei sei für ihn wieder ein Hotel „wünschenswert“.

Das „Ärgernis schlechthin“ sei in Markdorf die geplante Südumfahrung. Sie müsse schnellstens realisiert werden, betonte Lauffer: „Die Südstadt darf nicht länger durch die Bundesstraßen-Ortsdurchfahrt abgetrennt sein.“ Der Verkehr müsse raus aus der Innenstadt. Seine Vision 2040 von Markdorf sei eine autofreie Innenstadt mit vielen Menschen, Kindern, schönen Cafés, Läden und Gastronomie.

Alexander Kauderer: Bürgermeister muss Motivator und Moderator sein

Hatte Lauffer überzogen, war Alexander Kauderer der Schnellste: Zwölf der gewährten 20 Minuten Redezeit reichten ihm aus. Das hatte er auch gleich zu Beginn angekündigt. „Ich verspreche Ihnen, mich kurz zu fassen und schnell auf den Punkt zu kommen“, begrüßte der 37-jährige Markdorfer das Publikum. An die Zuhörer im Saal und die Zuschauer an den heimischen Bildschirmen richtete er den Dank, „dass Sie sich die Zeit für mich und die anderen Kandidaten genommen haben“. Als langjähriger Einzelhändler habe er intensive Einblicke in die Stadt bekommen. Dem habe schon vor der Pandemie der Online-Handel zugesetzt. Corona habe das Problem nur noch verschlimmert. Mit seiner Lebensgefährtin Hannah und seinen beiden kleinen Söhnen seien sie „eine glückliche, zufriedene Familie und Markdorf ist unser Zuhause“.

Bild 5: Kandidatenvorstellung der Stadt: Fünf sehr unterschiedliche Bewerber präsentieren ihre Ziele für Markdorf
Bild: Lang, Andreas

Als kommunikativer Mensch habe er in den vergangenen Wochen vielfach von den Bürgern erfahren dürfen, womit sie zufrieden seien und womit nicht. Kommunikation sei ohnehin sehr wichtig für ihn, denn: „Klar ist auch, dass hier ein Bürgermeister gewählt wird und kein Alleinherrscher.“ Ein Bürgermeister müsse ein Motivator und ein guter Moderator sein zwischen Verwaltung, Gemeinderat und Bürgern. Daher brauche die Stadt auch keinen Bürgermeister, der aus der Verwaltung komme, nur um weiter zu verwalten.

Der Verkehr sei ein großes Thema und somit auch die Südumfahrung. Nötig sei ein Gesamtkonzept und nicht wieder ein Anfang bei Null. Deshalb sei er auch gegen eine erneute Bürgerbefragung. Die Fakten seien klar und nun müsse in Sachen Verkehr etwas geschehen. Beim Bischofschloss müsse die Suche nach einem Investor intensiviert werden. Dabei müsse die Stadt auch Kompromisse schließen. Andernfalls, so Kauderer, „müssen wir damit rechnen, dass es niemand macht und hier eine Ruine entsteht, die irgendwann wie saures Bier angeboten werden muss“.

Gute Gewerbepolitik sorgt laut Kauderer für solide finanzielle Grundlage

Der Standort „Adler“ hingegen rufe nach einer architektonisch anspruchsvollen Bebauung. Beim Thema Bauen müsse die Stadt sich nun dringend für eine Richtung entscheiden. Er plädiere dafür, die „teils uralten“ Bebauungspläne zu überarbeiten und neue Bebauungspläne an der Erfordernis bezahlbaren Wohnraums auszurichten. Wichtig sei für ihn auch eine gute Gewerbepolitik, denn die sorge für eine solide finanzielle Grundlage einer Stadt. Seine mangelnde Verwaltungserfahrung sehe er nicht als Nachteil, sagte er am Ende seiner Rede. Denn als Bürgermeister sei er umgeben „von geballter Erfahrung im Rat und in der Verwaltung“. Was ihn auszeichne, sei sein Wille, hart zu arbeiten und seine Fähigkeit, zu kommunizieren.

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