Theresa und Nina haben ihre Räder hergerichtet. Für die Abfahrt sitzt der Sattel anders als beim Berganfahren. Während die Strecke für Theresa noch völlig neu ist, macht Nina den Weg am Gehrenberghang schon zum zweiten Mal. „Cool“ lautet der Kommentar der jungen Frau zum Gehro-Trail, eine 2,2 Kilometer lange und legale Mountainbike-Strecke. Was ihr gefällt: „Es geht ziemlich lang abwärts“, länger jedenfalls als an anderen Downhill-Abfahrten in der Region – etwa in Weingarten. Und, so führt die Bikerin aus Baindt weiter aus, „es ist für alle etwas dabei – von den Schwierigkeitsgraden her.“

Theresa und Nina gefällt der Trail am Gehrenberg, vor allem weil der so lang ist.
Theresa und Nina gefällt der Trail am Gehrenberg, vor allem weil der so lang ist. | Bild: Jörg Büsche
Manuel Halder (links) und Daniel Gundisch nutzen den Gehro-Trail öfter.
Manuel Halder (links) und Daniel Gundisch nutzen den Gehro-Trail öfter. | Bild: Jörg Büsche

Anfänger sind nicht überfordert, wenn sie sich auf den mit blauen Schildern ausgewiesenen Abschnitten bewegen. Und für die Fortgeschrittenen gibt es die Streckenbereiche mit der roten Markierung, erklärt die mit Protektoren und Helm gegen die Folgen von Stürzen gewappnete Downhill-Fahrerin. Auch Manuel Halder und Daniel Gundisch kennen die Strecke. Sie fahren sie öfter. „Für den Anfang ganz ok“, lautet Manuel Halders Urteil zum Gehro-Trail.

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Strecke mit viel Luft nach oben

Ähnlich freundlich wie bei der Bikerin aus Baindt fällt auch das Urteil eines jungen Mannes aus. Er hat sich ebenfalls den mühsamen Anstieg vom Fuße des Hangs auf grobstolligen Mountainbike-Reifen emporgearbeitet. Auch er hat sein Rad für die Abfahrt präpariert. „Für den Anfang ganz ok“, urteilt er. Doch wer die Strecke öfter gefahren sei, der suche sich bald Neues – alternative Strecken, durch Waldstücke links und rechts vom Trail.

Den Spuren solcher Alternativ-Abfahrten begegnen die Nutzer der Wanderwege in diesem Bereich des Gehrenberg-Waldes immer wieder: Furchen, Ausschüttungen, kahlen Stellen auf dem durch vielfaches Befahren zerwühlten Waldboden.

Beispiel für die Schäden an einer der inoffizellen Strecken durch den Wald.
Beispiel für die Schäden an einer der inoffizellen Strecken durch den Wald. | Bild: Jörg Büsche

Konfliktträchtige Begegnungen im Wald

„Sie fahren hier in der Natur“, heißt es auf dem Hinweisschild zu Beginn des Gehro-Trails. Und solches Fahren habe „Eingriffe in die Lebensräume von Pflanzen und Tieren zur Folge“. Der Gehro-Trail hat eine Vorgeschichte. Sie hängt eng mit seinem Vorgänger zusammen, dem sogenannten „Chinesen-Trail“. So hieß die illegale Strecke hangabwärts durch Privatwald-Parzellen und städtischen Forst. Wiederholt wurde diskutiert, ob man dem „wilden“ Treiben Einhalt gebieten könne, ja überhaupt wolle.

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Zwar gab es immer wieder Beschwerden: Spaziergänger und Wanderer beklagten das teils rüpelhafte Verhalten von Bikern, Anwohner in den Wohngebieten am Ende des illegalen Trails schilderten gefährliche Begegnungen mit Downhill-Fahrern. Waldbesitzer beobachteten, wie Pflanzen beschädigt wurden. Und die Jäger fürchteten um die Tierwelt, die aufgescheucht würde.

Rasantes Vergnügen mitten in der Natur. Das Abfahrtfahren auf dem „Gehro-Trail“ hat nicht nur in Markdorf zahlreiche Anhänger.
Rasantes Vergnügen mitten in der Natur. Das Abfahrtfahren auf dem „Gehro-Trail“ hat nicht nur in Markdorf zahlreiche Anhänger. | Bild: Jörg Büsche

Vergebliche Hoffnung auf Kanalisierung

„Zugestimmt haben wir ja“, erinnert sich Hansjörg Bentele, Jagdpächter und Leiter des Markdorfer Hegerings, der Vereinigung der hiesigen Jäger, „weil wir auf eine Kanalisierung gehofft haben.“ Die Idee seinerzeit: Wenn unter städtischem Schirm und mit Unterstützung vom Mountainbike-Team der lokalen Ortsgruppe des Schwäbischen Albvereins der vorhandene illegale Trail gesichert, ausgebaut und attraktiver gemacht wird, lassen sich die Scharen der Mountainbiker lenken, auf eine offizielle Strecke führen. „Gekommen ist es anders“, bedauert Hansjörg Bentele.

Links und rechts des Trails entwickeln sich jedoch illegal befahrene Wegstrecken – und richten Schaden in der Natur an.
Links und rechts des Trails entwickeln sich jedoch illegal befahrene Wegstrecken – und richten Schaden in der Natur an. | Bild: Jörg Büsche

Inzwischen treffen Bentele und seine Jagdfreunde auf sieben zusätzliche Trails, wenn sie durch ihr Revier streifen. Der Unmut sei groß. Eine Stunde nach Sonnenaufgang darf mit der Nutzung des Gehro-Trails begonnen werden. Und eine Stunde vor Sonnenuntergang soll damit aufgehört werden. So heißt es auf dem Hinweisschild beim Trail. „Wir begegnen Leuten, die mit LED-Leuchten und mit viel Gegröle durch den Wald rasen“, berichtet der Jagdpächter. Solches Treiben störe das Wild. Es ziehe sich in Bereiche zurück, wo es keinen Bikern begegnet. Und das Ökosystem Wald gerate aus der Balance, weil die Tiere dann vor allem dort konzentriert äsen.

Schilder könnten helfen

Unzufrieden mit der Situation zeigen sich auch die Anwohner. „Vielen Bikern ist gar nicht klar, wo die legale Strecke und wo die inoffiziellen Abfahrten verlaufen“, berichtet Michael Witt aus Leimbach. Er zeigt sich enttäuscht, dass weder die illegalen Abzweige zurückgebaut worden sind, noch die Beschilderung ausreichend sei.

Hinweisschilder zeigen, wo es lang geht.
Hinweisschilder zeigen, wo es lang geht. | Bild: Jörg Büsche

Noch eine Folge von Corona?

Wenig glücklich ist auch Ansgar Oker. Er spricht für das Mountainbike-Team des Schwäbischen Albvereins. „Corona hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht.“ Einerseits, weil die beschnittenen Freizeitmöglichkeiten den Ansturm auf den Gehrenberghang noch verstärkt haben. Noch mehr Wanderer müssen sich das Terrain mit noch mehr Radlern und Downhill-Bikern teilen. Was nicht immer konfliktfrei geschehe.

Hinzu komme noch: „Eigentlich ist der Gehro-Trail noch eine Rohfassung – wir möchten ihn noch attraktiver machen.“ Das sei in der aktuellen Pandemie jedoch nicht möglich, weil Abstandsregeln und andere Auflagen derlei Arbeiten verhindern. Alle Biker, so prophezeit Oker, würden sich aber auch dann nicht kanalisieren lassen. Eine Minderheit würde trotzdem weiter wild abwärts fahren.