In Markdorf soll ein neues Wohngebiet entstehen. Das planen die Eigentümer des Wiesengebiets oberhalb des Schussenrieder Hofs an der Gehrenbergstraße. Zu ihnen soll in anderthalb Wochen auch die Stadt Markdorf gehören. Denn die Stadt möchte rund 31 Prozent der Bauplatzfläche kaufen. Am 13. Mai soll der Vertrag mit den Eigentümern abgeschlossen werden.

Neben dem Grundstückserwerb soll dann aber noch ein weiterer Punkt notariell beglaubigt werden: Ein städtebaulicher Vertrag, der festhält, „dass die Berücksichtigung von umfangreichen bauplanerischen und finanziellen Aspekten der Stadt Markdorf Grundvoraussetzung für eine Überplanung sind“. So stand es in den Beratungsunterlagen für den Gemeinderat, der sich in seiner jüngsten Sitzung mit der Zukunft des Bebauungsplangebietes „Schussenrieder Hof“ in der Gehrenbergstraße 16 befasst hat. Mit 18 von 21 Stimmen votierten die Mitglieder für den Vertragsabschluss.

Hier, beim Schussenrieder Hof, soll ein neues Wohngebiet entstehen.
Hier, beim Schussenrieder Hof, soll ein neues Wohngebiet entstehen. | Bild: Jörg Büsche
Das könnte Sie auch interessieren

Altes Thema mit neuer Entwicklung

„Wir haben das Thema Schussenrieder Hof immer wieder auf der Agenda gehabt“, erinnert Umweltgruppen-Fraktionssprecher Joachim Mutschler an nicht öffentlich abgehaltene Beratungen des Gemeinderats in den vergangenen drei Jahren. „Wir als Umweltgruppe haben den Prozess bisher konstruktiv begleitet.“ Schließlich sei es notwendig, für jene Mittel zu sorgen, die es für die Finanzierung städtischer Projekte braucht – etwa für die neue Grundschule, etwa für ein neues Pflegeheim oder „Vorhaben, die bezahlbaren Wohnraum schaffen“, erklärte Mutschler.

„Wir haben das Thema Schussenrieder Hof immer wieder auf der Agenda gehabt“, erinnert Umweltgruppen-Fraktionssprecher Joachim Mutschler.
„Wir haben das Thema Schussenrieder Hof immer wieder auf der Agenda gehabt“, erinnert Umweltgruppen-Fraktionssprecher Joachim Mutschler. | Bild: Uwg

Das Zustimmen zu dem Vertragswerk falle seiner Fraktion nicht leicht. „Wir sehen die Notwendigkeit, in diesen sauren Apfel zu beißen“, so Mutschler. Obwohl den Markdorfern der „schöne Blick über die Wiese auf den See und die Berge“ verloren gehe. Und womöglich noch schlimmer: „Durch die Schaffung von Baurecht ist diese grüne Lunge für Markdorf verloren.“ Überdies büße die Stadt mit dem Bau von Häusern auf der freien Wiesenfläche eine Kaltluftschneise ein.

Die Einnahmenseite überwiegt

Die CDU hätte sich einen Erhalt der „Grünfläche an dieser exponierten Lage auch weiterhin vorstellen können“, erklärte Fraktionssprecherin Kerstin Mock. „Dennoch sehen wir auch die Notwendigkeit, neuen Wohnraum zu schaffen.“ Sie bezeichnete die Pläne als „Lückenschluss im Siedlungsgebiet“. Schließlich sei die Fläche auf drei Seiten von Wohnbebauung umgeben. Ihre Fraktion hofft, dass an der Gehrenbergstraße ein weiteres „attraktives Quartier“ entsteht. Den Aspekt, dass die Bebauung der Stadt Einnahmen bringt, hob Kerstin Mock ebenfalls hervor.

CDU-Fraktionssprecherin Kerstin Mock bezeichnete die Pläne als „Lückenschluss im Siedlungsgebiet“.
CDU-Fraktionssprecherin Kerstin Mock bezeichnete die Pläne als „Lückenschluss im Siedlungsgebiet“. | Bild: CDU
FW-Stadtrat Arnold Holstein äußerte massive Zweifel, dass auf dem Areal „Wohnraum mit sozialverträglichen Preisen“ entstehe.
FW-Stadtrat Arnold Holstein äußerte massive Zweifel, dass auf dem Areal „Wohnraum mit sozialverträglichen Preisen“ entstehe. | Bild: Fw

Arnold Holstein sieht die Sache kritisch

„Will Markdorf moderat wachsen oder intensiv expandieren?“, fragte Freie-Wähler-Stadtrat Arnold Holstein in die Runde. Er äußerte massive Zweifel, dass auf dem Areal „Wohnraum mit sozialverträglichen Preisen“ entstehe. Somit bringe das Baugebiet auch keine Entlastung des angespannten Wohnungsmarkts in der Stadt, von der dann Markdorfer Familien profitieren könnten. Stattdessen bahne sich eine Entwicklung an, wie sie zum Beispiel in Überlingen oder in Meersburg zu beobachten sei: Die neuen Immobilien ziehen solvente Käufer von außerhalb an.

Das könnte Sie auch interessieren

FDP-Stadtrat Rolf Haas sieht das anders. „Ich kenne einige junge Leute im Alter von 25 bis 35 Jahren, die vergeblich nach einer Wohnung suchen – und die sich über das neue Angebot freuen werden.“ Aus seiner Sicht ergebe sich aus dem Vertrag zwischen den Grundstückseigentümern und der Stadt eine „Win-win-Situation“ für beide Seiten.

Für FDP-Stadtrat Rolf Haas ergibt sich aus dem Vertrag zwischen den Grundstückseigentümern und der Stadt eine „Win-win-Situation“ für ...
Für FDP-Stadtrat Rolf Haas ergibt sich aus dem Vertrag zwischen den Grundstückseigentümern und der Stadt eine „Win-win-Situation“ für beide Seiten. | Bild: Thomas Zink
Uwe Achilles signalisierte seine Ablehnung. Der Sprecher der Fraktion SPD/Die Grünen beanstandete die Unverhältnismäßigkeit der zu ...
Uwe Achilles signalisierte seine Ablehnung. Der Sprecher der Fraktion SPD/Die Grünen beanstandete die Unverhältnismäßigkeit der zu veranschlagenden Preise. | Bild: SPD

Seine Ablehnung signalisierte Uwe Achilles. Der Sprecher der Fraktion SPD/Die Grünen beanstandete eine Unverhältnismäßigkeit der zu veranschlagenden Preise, die mit 7000 bis 8000 Euro pro Quadratmeter für weite Teile der Bevölkerung nicht mehr aufzubringen seien. „Damit entsteht dort ein Präzedenzfall, weitere Entwicklungswünsche in Möggenweiler werden folgen – und das hätte ich gerne anders“, so Achilles.

Bürgermeister Riedmann: Kein bezahlbarer Wohnraum erwartbar

Dass auf dem schon seit drei Jahrzehnten im Flächennutzungsplan als Bauerwartungsland ausgewiesenen Areal sicherlich „kein bezahlbarer Wohnraum“ entstehen werde, räumte auch Bürgermeister Georg Riedmann ein. Doch die dort zu erwartenden Erträge für die Stadt, würden ihr erlauben, „woanders dahingehend tätig zu sein“, an anderer Stelle günstige Angebote zu schaffen.

Hanglage mit Seeblick auf der Wiese beim Schusssenrieder Hof.
Hanglage mit Seeblick auf der Wiese beim Schusssenrieder Hof. | Bild: Jörg Büsche

Wie Riedmann weiter erläuterte, handelt es sich bei dem mit dem Eigentümer ausgehandelten Vertragswert um einen bedingten Vertrag, der seine Verbindlichkeit verlieren würde, sollte nicht bis Ende 2028 ein Bebauungsplan für die Wohnnutzung beschlossen sein. Es liege im vitalen Interesse der Stadt Markdorf, dass die bauliche Umsetzung der Planvorgaben sich für beide Parteien – die Stadt und den Eigentümer – als wirtschaftlich erweist, heißt es in den Beratungsunterlagen.