„All in, let‘s go!“: „Alles reinwerfen, los geht‘s!“ Mit diesem emotionalen Appell beendete Donald R. James seine Rede vor versammelter Belegschaft. James ist CEO des US-Automobilzulieferers Solero, der jüngst das komplette Automobilgeschäft samt aller dazugehörigen Werke von Kendrion übernommen hatte. Dazu gehört auch der Ex-Kendrion-Standort im Gewerbegebiet Riedwiesen mit seinen rund 90 Mitarbeitern.

Jeder Mitarbeiter wird per Handschlag begrüßt: Solero-Chef Donald R. James (Vierter von links) gab sich bei der internen Eröffnungsfeier ...
Jeder Mitarbeiter wird per Handschlag begrüßt: Solero-Chef Donald R. James (Vierter von links) gab sich bei der internen Eröffnungsfeier in Markdorf volksnah. | Bild: Grupp, Helmar

Keine steifen Formalitäten

James hatte auf seiner Europa-Tour zu den neuen Standorten auch Zwischenstopp in Markdorf eingelegt. Bei einer internen Eröffnungsfeier bekamen die Markdorfer Mitarbeiter Gelegenheit, ihren neuen obersten Chef persönlich kennenzulernen. Und der hielt sich erst gar nicht lange mit steifen Formalitäten auf: Per Handschlag begrüßte er jeden einzelnen, für Gruppenfotos posierte er geduldig und lächelnd.

So charmant sein Auftritt gegenüber seinen neuen Mitarbeitern in der Riedheimer Straße auch war, so klar war auch seine Botschaft, die er in einer 20-minütigen Ansprache übermittelte: Zusätzliche Geschäfte sollen von anderen Standorten nach Markdorf geholt werden, vor allem Kleinserien, auf die sich der Standort bereits zu Kendrion-Zeiten spezialisiert hatte. Dafür, so James, wolle Solero auch in den Standort investieren.

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Doch nicht nur Transfers dieser Art sollen die Niederlassung in den Riedwiesen auf Wachstumskurs bringen. Generell wolle und müsse Solero in allen Geschäftsbereichen zulegen, sagte James. Auch, um in der rasanten Transformation der Branche künftig wettbewerbsfähig zu bleiben. Solero mit seinen nun rund 1400 Mitarbeitern ist mit der Kendrion-Übernahme in mehreren Technologiebereichen unterwegs: Getriebehydraulik und -komponenten, Thermomanagement von Antrieben und inzwischen auch in der Sensortechnik, die vor allem beim teilautonomen und autonomen Fahren eine ganz zentrale Rolle spielt. Vor der Übernahme hatte Solero seine Geschäfte vorwiegend mit Magnetventilen und hydraulischen Steuermodulen gemacht.

Kupplungsgeschäft soll in Markdorf gebündelt werden

Für Markdorf steht, zumindest aktuell, das bisherige Geschäft mit elektromagnetischen Lüfter- und Kompressorkupplungen noch an vorderer Stelle. Das, so James, eröffne Marktchancen auch abseits der herkömmlichen Verbrennertechnik. Er verwendete dabei den englischsprachigen Begriff „Hypertransmission“, was so viel bedeutet wie Übertragungslösungen für hybride oder vollelektrische Anwendungen. „Wir wollen im Kupplungsgeschäft weiter wachsen und wir wollen unser globales Kupplungsgeschäft hier in Markdorf konzentrieren“, kündigte er an. Die Kernkompetenzen dafür im neuen Unternehmensverbund wolle man künftig in den Riedwiesen bündeln.

Auf Kendrion folgt Solero: Der US-Zulieferer hat die Automobil-Sparte von Kendrion für Europa und die USA übernommen, darunter auch den ...
Auf Kendrion folgt Solero: Der US-Zulieferer hat die Automobil-Sparte von Kendrion für Europa und die USA übernommen, darunter auch den Standort Markdorf in der Riedheimer Straße. Sein China-Automobilgeschäft behielt der niederländische Konzern. | Bild: Grupp, Helmar

25 Prozent mehr Mitarbeiter in den Riedwiesen?

Dies, so sagte James im Gespräch mit dem SÜDKURIER, könne auch mit der konkreten Aussicht verbunden sein, in Markdorf den Mitarbeiterstand 2025 und in den kommenden Jahren auszubauen: „Eine 25-prozentige Aufstockung der Belegschaft ist mittelfristig durchaus geplant.“

Ohnehin wird Solero neue Mitarbeiter benötigen, soll das ehrgeizige Ziel, das der Konzernchef in seiner Ansprache formulierte, umgesetzt werden. Aktuell erwirtschaftet das US-Unternehmen eigenen Angaben zufolge einen Gesamtumsatz von rund 430 Millionen US-Dollar (rund 400 Millionen Euro). Bereits im nächsten Jahr soll er auf 500 Millionen Dollar gesteigert werden. „Das brauchen wir auch für unser Wachstum“, betonte James.

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Auch das mittelfristige Ziel ist definiert: Eine Milliarde Dollar Gesamtumsatz jährlich. Der Markt biete die Chancen dafür, die Transformation in die neuen Technologien böten abseits der aktuellen Krise der Automobilbranche auch immense Wachstumsperspektiven. Abgesehen davon: Ein festgelegtes Verbrennerverbot gibt es bislang nur in Europa. In den USA und in China können und sollen Verbrenner in weiten Teilen noch solange gebaut werden, wie sie am Markt nachgefragt werden und erfolgreich sind.

Einhergehen sollen mit dem Wachstumskurs aber parallel auch Einsparungen in allen Geschäftsbereichen und an allen Standorten, auch in Markdorf. Man müsse konzernweit die direkten Kosten um 2,5 Prozent reduzieren, entsprechend fünf bis zehn Millionen Dollar. Dafür sollen Prozesse optimiert werden. „Wir müssen im globalen Vergleich am Markt noch an der Effizienz unserer Strukturen arbeiten und noch produktiver werden“, sagte James.

Respekt, Integrität und Bestärkung seien zentrale Unternehmenswerte bei Solero, sagte Donald R. James in seiner Ansprache vor der ...
Respekt, Integrität und Bestärkung seien zentrale Unternehmenswerte bei Solero, sagte Donald R. James in seiner Ansprache vor der Belegschaft. Er wolle mit gutem Beispiel vorangehen. | Bild: Grupp, Helmar

Der Belegschaft Optimismus vermittelt

In Markdorf bekommt James an diesem Vormittag dennoch immer wieder Zwischenapplaus. An den Gesichtern der Mitarbeiter sieht man, dass sie sich von dem Optimismus und dem Elan ihres neuen CEO, der seine Ansprache immer wieder mit humorvollen Einschüben auflockert, anstecken lassen. Vier Jahre lang hat James einst für Continental in Frankfurt gearbeitet, er kennt die deutsche Mentalität. Nach seinem jovialen „Guten Morgen, wie geht‘s?“ auf Deutsch wird allerdings Werksleiter Bernd Friedrich für ihn übersetzen.

Steuern bleiben in Markdorf

Am Ende gibt es Handshakes mit jedem Mitarbeiter, Gruppenfotos für alle Abteilungen und stilecht Burger am Foodtruck des Uhldinger Caterers Bass and Bite auf dem Hof – und auch eine gute Nachricht für die Kämmerei im Rathaus: Durch die Übernahme ändere sich nichts an der Besteuerung des Standortes. Auch künftig werde Solero die Gewerbesteuer vor Ort entrichten, versicherte James auf Nachfrage: „Dafür gibt es klare rechtliche Vorgaben und an die halten wir uns natürlich. Andernfalls wäre ich ziemlich schnell hinter Gittern.“