18 Jahre liegt der Bürgerentscheid zur Südumfahrung in Markdorf zurück. Zu einer Zeit, als Umweltgruppen-Stadtrat Jonas Alber noch in den Kindergarten ging und ein heute 34-jähriger Familienvater noch nicht stimmberechtigt war. Mit diesem Hinweis von Jonas Alber startete am Dienstagabend die mehr als einstündige Diskussion um einen Antrag der Umweltgruppe und der SPD, die sich in einer Resolution gegen die vertraglich fixierte Entscheidungshoheit des Kreistages aussprechen, die der Stadt kein nochmaliges Anhörungsrecht in Sachen Südumfahrung zugesteht.
Am Ende entschied der Gemeinderat mit 14 Ja-Stimmen (Umweltgruppe, SPD, Simon Pfluger und Kerstin Mock (beide CDU) sowie Bürgermeister Georg Riedmann), zehn Nein-Stimmen (Freie Wähler, Rolf Haas (FDP), Alfons Viellieber, Bernd Brielmayer und Erich Wild (alle CDU) und zwei Enthaltungen (Martina Koners-Kannegießer und Susanne Sträßle, beide CDU) den Kreistag aufzufordern, bei weiteren Entscheidungen zum Thema Ortsumfahrung der Stadt Markdorf eine gleichberechtigte Beteiligung einzuräumen. Der Tagesordnungspunkt stieß bei der Bevölkerung auf großes Interesse. Alle Stühle, die in der Stadthalle für interessierte Zuhörer aufgebaut worden waren, waren belegt.

Das steht in der Resolution
So argumentierten Bürgermeister und Stadträte in der Sitzung
Riedmann betonte, dass es bei der Diskussion nicht um ein Für oder Wider zur Südumfahrung gehe, sondern lediglich darum, die Gelegenheit zu erhalten, beim Kreistag erneut gehört zu werden. Riedmann, der auch Vorsitzender der CDU-Fraktion im Kreistag ist, hatte dort bislang dafür geworben, dass die Stadt vor einem Beschluss zumindest noch angehört werde. Dies sei eine Frage des Respekts vor dem Gemeinderat als beschließendes Gremium.

Laut Riedmann sei aber völlig offen, ob der Kreistag dies gewähre. Der bestehende Vertrag von 2013 zwischen dem damaligen Bürgermeister Bernd Gerber und Landrat Lothar Wölfle sei rechtskräftig. Bereits im Herbst 2019 sei es nicht gelungen, Markdorf in weitere Entscheidungen mit einzubinden, Bauherr ist und bleibe der Kreistag. Mehr als ein Appell könne die Resolution nicht sein.
„Ich habe meine Zweifel, dass der Kreistag reagiert, wenn die Abstimmung knapp ausfällt.“Georg Riedmann, Bürgermeister
Umweltgruppe tritt für Mitspracherecht ein
Die Umweltgruppe machte kein Geheimnis daraus, dass sie gegen die Südumfahrung ist, wehrte sich aber gegen den Vorwurf, man versuche durch die „Hintertür“, den Bau hinauszuzögern. „Wir dürfen als Gemeinderat nicht zulassen, entmündigt zu sein“, so Fraktionschef Joachim Mutschler. Der Vertrag sei ohne Zustimmung des Gemeinderates geschlossen worden.

„Wir von der Umweltgruppe sind astreine Demokraten und akzeptieren den Bürgerentscheid“, so Mutschler. Allerdings habe sich in 18 Jahren viel verändert, die Straße sei nicht mehr ein wesentlicher Bestandteil eines Gesamtnetzes. Markdorf gewinne nicht nur durch die Südumfahrung, sondern verliere auch. Christiane Oßwald war der Ansicht, dass der Bürger das Vertrauen in den Gemeinderat verliere, wenn man nicht für ein Mitspracherecht eintrete. „Ein Bürgerentscheid bindet nicht auf alle Ewigkeit“, so die Umweltgruppe-Stadträtin.

SPD: Stadt soll ein Votum abgeben dürfen
Uwe Achilles, der den Antrag gemeinsam mit Joachim Mutschler unterzeichnet hat, bekräftigte, dass es nur darum gehe, dass die Stadt die Möglichkeit bekomme, ein Votum abzugeben – „in welcher Form auch immer“. Zu allem anderen sei die Stadt vertraglich verpflichtet. Er sehe kein Problem darin, wenn die Stadt mitentscheiden dürfe und könne auch die Ängste und Befürchtungen mancher Stadträte nicht verstehen. „Stimmen wir ab, die Entscheidung liegt dann nicht bei uns, sondern der Kreistag kann sagen, ob er das möchte oder nicht“, stellte der SPD-Chef fest.

Freie Wähler sehen einen „Akt der Verhinderungspolitik“
„Markdorf erstickt im Verkehr“, war die klare Aussage von FW-Fraktionschef Dietmar Bitzenhofer. 18 Jahre hätten die Antragsteller keinen Hehl daraus gemacht, gegen die Südumfahrung zu sein. „Das Ansinnen bleibt die Verhinderung durch die Hintertür“, so Bitzenhofer. An der Notwendigkeit der Ortsumfahrung habe sich nichts geändert. Auch sein Fraktionskollege Arnold Holstein sah in der Resolution einen „Akt der Verhinderungspolitik“. Die hohen Straßenbaukosten seien von den Gegnern verursacht worden.

FW-Stadtrat Jens Neumann führte als Beispiel die Umfahrung Pfullendorfs an, die sehr gelobt werde. „Es gibt einen gültigen Bürgerentscheid und es ist wichtig, die Südumfahrung weiter zu verfolgen.“ Selbst wenn der Verkehr weniger werden sollte, sei die Südumfahrung gerechtfertigt. Sie gehöre zum großen Ganzen und bringe Entlastung. „Fordern wir den Kreistag auf, die Straße zu bauen“, so Neumann.
Bei der CDU sind die Meinungen unterschiedlich verteilt
Bei der CDU ergab sich bei der Abstimmung ein uneinheitliches Bild. Während Alfons Viellieber, Bernd Brielmayer und Erich Wild gegen den Antrag stimmten, stimmten Kerstin Mock und Simon Pfluger dafür, Martina Koners-Kannegießer und Susanne Sträßle enthielten sich.


„Ich bin das Thema leid. Wir haben klare Beschlüsse, haben Verträge. Eine Resolution macht keinen Sinn“, sagte Alfons Viellieber. Dem widersprach Simon Pfluger, der als Gemeinderat mit eingebunden werden möchte. Erich Wild betonte, dass ein Bürgerentscheid die direkteste Demokratieform sei, die man sich vorstellen könne. Zahlen und Kosten seien seiner Meinung nach nebensächlich, der Verkehr damals und heute sei weiterhin das Hauptproblem.
Für FDP-Stadtrat Rolf Haas ist der Vertrag rechtskräftig
„Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus“, sagte FDP-Stadtrat Rolf Haas. Für ihn gebe es keinen Grund, den Beschluss von damals durch die Hintertür zu untergraben. Auch sei der Vertrag von 2013 kein „Geheimvertrag“, die Dokumente seien seiner Meinung nach bekannt.
„Der Vertrag ist rechtskräftig gültig.“Rolf Haas, FDP-Stadtrat
Rolf Haas sprach von einer Verzögerungspolitik der Gegner und hielt es auch für kein gutes Zeichen, die Finanzierungsgeschichte erneut auf den Tisch zu bringen. Ein Kämmerer habe dies im Blick, so Haas. Außerdem sei die Kostenexplosion nicht neu, sondern über die Jahre hinzugekommen. Er stimmte gegen den Antrag.