Lenny und sein Bruder Rafael sitzen auf der Rückseite der Mittleren Kaplanei. Hier haben sie ein schattiges Plätzchen gefunden, an dem sie ihre Schätze ausbreiten können: Kinderbücher, Spielzeug, Trinkflaschen, Spiele, aber auch Kleidung, aus der die beiden Brüder ebenso herausgewachsen sind wie aus dem Spielzeug. Sie hocken schon den ganzen Samstagnachmittag über auf dem Kinderflohmarkt, der bei jedem Stadtfest Klein und Groß anlockt.
Wie die Geschäfte so laufen? „Na ja, so lala“, antwortet Isabel Weber, die Mutter von Rafael und Lenny. Sie zeigt sich jedoch keineswegs unzufrieden. „Die Kinder haben was gelernt“, sagt sie. Selbst wenn keine großen Summen geflossen seien, bringe der Kinderflohmarkt doch einen guten Einblick in die Geschäftswelt – auf Verkäufer- und Käuferseite. Rafael hat vom Erlös aus dem Spielzeug-Verkauf an einem der Nachbarstände ein Tierbuch gekauft. Und auch Mutter Isabel Weber ist auf ihre Kosten gekommen. Man komme ins Gespräch, plaudere mit Unbekannten ebenso mit Bekannten. Über Langeweile braucht sich niemand zu beklagen beim Kinderflohmarkt.
Oh, là, là statt so lala geht es in der Laube des Jumelage-Vereins aus Ensisheim zu. Die Gäste aus dem Elsass bieten dort Spezialitäten aus ihrer französischen Heimat an. Und bereits am frühen Samstagabend berichtet Bürgermeister Georg Riedmann beim Stehempfang in der Mittleren Kaplanei, dass es bereits knapp werde mit dem Flammkuchen. Elsässischer Wein sei aber noch da.
„Wein, das gesellige Getränk“, erklärt Pfarrerin Kristina Wagner am Sonntagvormittag während des ökumenischen Gottesdienstes. In der Bibel spiele er eine ganz große Rolle. Böse Zungen hätten Jesus sogar als „Fresser und Säufer“ bezeichnet, weil er so großen Wert gelegt habe auf das gemeinsame Speisen. „Hatte Jesus eine rote Nase und ein kleines Bäuchlein?“, lautet Wagners etwas provokante Frage zu Beginn ihrer Predigt.

Pfarrer Hund kommt in seinem Predigtbeitrag auf den guten Geist zu sprechen. Um den „Spirit in Markdorf“ kreisten derzeit die Überlegungen der mit dem Stadtmarketing Befassten. Dass dieser Geist in der Stadt weht, sei am vielfältigen Engagement zu spüren, an der Tafel, im Mehrgenerationenhaus, im Freundeskreis Flucht und Asyl, außerdem aber an vielen anderen Stellen – etwa bei der Jugendarbeit der Markdorfer Vereine.
In der Stadt, genauer gesagt vor der Mittleren Kaplanei genießen Amelie und Leni, elf und zwölf Jahre alt, das Stadtfest. „Ich finde es schön, wenn alle zusammen essen gehen“, erläutert Leni, warum sie dabei ist, wenn sich der Freundeskreis zum gemeinsamen Festbesuch verabredet. „Man trifft aber auch Leute, die man lange nicht gesehen hat“, merkt Amelie an.

Auch Besucher genießen das Festprogramm, Johannes Feist aus dem Schwarzwald zum Beispiel. Die Familie mache Urlaub auf dem Campingplatz. Er habe vom Stadtfest gelesen. „Mir gefällt‘s – tolle Angebote für die Kinder – der Flohmarkt, der Kletterturm, ganz sicher ein Highlight.“

Für Martina und Christian Wegmann ist der Besuch des Stadtfests ein Muss. Auch weil sich beide im Spielmanns- und Fanfarenzug der Freiwilligen Feuerwehr engagieren – und somit zum Helferkreis gehören. „Wir haben uns die Mopeds angeschaut“, erklärt Christian Wegmann, warum die beiden nun jenseits eines Arbeitseinsatzes zum Stadtfest gekommen seien.
Als Zweitakt-Fan freue er sich, dass die Markdorfer Mopedfreunde zusammen mit den Hepbacher Narren die Zweirad-Show beim Rathaus organisiert haben. Gleichfalls freut ihn, „dass so viele Junge gern zum Fest gehen“. Und noch größer wäre seine Freude, „wenn die Jüngeren mehr für die Feste tun würden“.
Diese leise Kritik wird längst übertönt von der Musik auf der Rathaustribüne. Dort und beim Polizeiposten treten verschiedene Bands auf. Fans von Jazz, Rock und Pop, aber auch von Funk, Blues, Blasmusik und sogar von Alphorntönen kommen voll auf ihre Kosten. „Ich find‘s toll hier“, staunt Ralf Lerner, Leadsänger der Ravensburger Band Cross-Beat gleich schon zu Beginn des Auftritts über das große Publikum vor ihm und die entspannte Atmosphäre.